Hotelsuchportal vor Börsenstart Die Trivago-Strategie

Das Start-up aus Düsseldorf strebt am Freitag an die US-Börse Nasdaq. Zwar wird wohl weniger eingespielt als erwartet. Trotzdem wäre dies der zweitgrößte Börsengang eines Unternehmens aus Deutschland 2016 nach Innogy.

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Trivago vergleicht die Preise von 1,3 Millionen Hotels weltweit. In 55 Ländern gibt es Webseiten des Hotelsuchportals. Quelle: Trivago

Düsseldorf „Hotel? Trivago.“ Den charmanten, nuschelnden TV-Werbemann der Hotelsuchplattform kennen 86 Prozent aller Deutschen. Immer mehr Menschen von Australien über Brasilien bis Amerika nutzen das Vergleichsportal Trivago, wenn sie im Internet nach dem günstigsten Preis für ein Hotel suchen. Drei Studienfreunde von der Handelshochschule Leipzig haben das Start-up mit der unkonventionellen Unternehmenskultur  – Freibier, Partys, unbegrenzter Urlaub – 2005 in Düsseldorf gegründet.

Seit vier Jahren gehört Trivago mehrheitlich mit 63,5 Prozent zum amerikanischen Reiseportal-Riesen Expedia. Seitdem hat sich der Umsatz fast versechsfacht. In den ersten neun Monaten 2016 lag er bei 585 Millionen Euro. Die Zahl der Mitarbeiter stieg von unter 300 auf heute rund 1100. Die deutschen Gründer mit Rolf Schrömgens an der Spitze lenken das Unternehmen weiterhin aus Düsseldorf. In einem schwierigen Börsenjahr für Neuemissionen wagt sich Trivago erstmals aufs Parkett – und zwar an die Technologiebörse Nasdaq in New York. Am Freitag ist die Erstnotierung geplant, meldet die Nasdaq.

Trivago geht zunächst als niederländische Holding Travel B.V. an die Börse (TRVG). Trivago hat am Freitagmorgen einen Ausgabepreis von elf Dollar je Aktie bekannt gegeben. Das Hotelsuchportal hatte eigentlich einen Ausgabepreis zwischen 13 bis 15 Dollar je Aktie anvisiert. Auch das geplante Aktienvolumen soll laut Reuters von 28,5 Millionen auf 26,1 Millionen Dollar reduziert worden sein. Damit läge das Platzierungsvolumen mit 287 Millionen Euro deutlich niedriger als geplant. Damit spiegele sich die Zurückhaltung vieler Investoren wider in einem für Technologiefirmen schwierigen Börsenjahr.

Analysten wie Kevin Kopelman von Cowen & Co hatten Trivago zuvor mit etwa fünf Milliarden Dollar bewertet – und damit fünfmal so hoch wie der prognostizierte Umsatz 2017 von rund einer Milliarde Dollar. Allerdings ist Trivago derzeit noch nicht profitabel. Der Nettoverlust lag in den ersten neun Monaten bei 51,5 Millionen Euro.

Die Gründer und Manager Rolf Schrömgens, Peter Vinnemeier und Malte Siewert geben beim Börsengang einen Teil ihrer Unternehmensanteile als Aktien ab. Bisher halten sie gemeinsam 36,5 Prozent an der Trivago GmbH. Daneben werden zusätzliche Aktien ausgegeben. Trivago-Mutter Expedia selbst wird sich nicht von Anteilen trennen.

Die deutschen Gründer können nun zum zweiten Mal nach dem Einstieg von Expedia Kasse machen, auch wenn es weniger sein dürfte als erhofft. 2013 waren 477 Millionen Euro an die Gründer und damaligen Investoren wie Insight Venture Partners geflossen. Der US-Investor hatte 2010 27,3 Prozent von Trivago für 42,5 Millionen Euro gekauft. Mit ihrem Geld investieren die Gründer unter anderem über ihre Wagniskapitalfirma Monkfish Equity in junge Start-ups. Dazu zählen Firmen wie Delivery Hero, Hello Fresh oder Moebel24.  „Wir haben schon über 100 Millionen Euro investiert und erfolgreiche Exits gemacht“, heißt es auf der Webseite.

Die Gründe für den Börsengang von Trivago, den Expedia noch kurz vor Jahresende forciert hat: eine größere finanzielle Flexibilität, um globales Wachstum und Investitionen in Technik weiter voranzutreiben. Mehr Kapital kann Trivago gut gebrauchen. Denn auf dem Online-Hotelmarkt werden langfristig nur die ganz Großen überleben.

Weltweit wurden 2015 Online-Buchungen im Wert von 127 Milliarden Dollar getätigt, so Marktforscher Phocuswright – 2010 waren es erst 69 Milliarden Dollar. Der Markt wächst stark, denn erst jede dritte Hotelbuchung wird online getätigt. „Es ist so gut wie keine Frage, dass Trivago sehr groß werden wird in den kommenden Jahren“, meint Reisemarkt-Experte Dennis Schaal vom Branchenportal „Skift“. Offen bleibe aber, ob Trivago sein „Profitabilitätsgen“ aktivieren könne.


Werbung geht vor Profitabilität

Einnahmen erzielt Trivago über das verbreitete Prinzip „Cost-per-Click“. Buchungsplattformen wie Expedia und Booking.com oder Hotels zahlen, wenn ein Nutzer auf ein Hotelangebot klickt und zur Buchung auf ihre Seiten weitergeleitet wird. In einem Auktionsverfahren können die Anbieter ihre Wahrscheinlichkeit für Klicks zudem verbessern. Allerdings haben einige Investoren Reuters zufolge offenbar Bedenken, Trivago könnte beim Umsatz zu stark auf einige wenige Reiseanbieter angewiesen sein. Mehrheitseigner Expedia bringt 35 Prozent des Umsatzes, die Priceline-Gruppe mit Booking.com und anderen 43 Prozent. Rund 1,4 Milliarden Besuche verzeichnete die Trivago-Seite in den letzten zwölf Monaten zum September. 1,3 Millionen Hotels weltweit sind im Angebot. Das Portal betreibt Webseiten für 55 verschiedene Länder. Trivago hat schon sehr früh und offensiv seine Internationalisierung vorangetrieben. 

„Meta-Suchmaschinen wie Trivago oder Kayak sind stark gewachsen“, konstatiert Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb, zu dem auch Trivago-Mutter Expedia gehört. Doch die Konkurrenz auf dem Hotelvergleichsmarkt ist stark.

Einer von Trivagos größten Wettbewerbern ist Kayak. Das Portal wurde 2012 von der US-Gruppe Priceline, zu der auch Booking.com gehört, für 1,8 Milliarden Dollar gekauft. Ein weiterer starker Spieler ist Trip Advisor. Das Hotelbewertungsportal, das längst auch Hotelpreise vergleicht, war 2011 durch einen Börsengang von Trivago-Mutter Expedia abgespalten worden. Es hat heute eine Marktkapitalisierung rund 6,7 Milliarden Dollar und machte 2015 einen Umsatz von 1,5 Milliarden Dollar. Allerdings ist der Aktienkurs von Trip Advisor in den letzten Monaten gefallen.

Angesichts des harten Wettbewerbs will Trivago mit einer weltweiten Werbekampagne in TV und Internet seine Markenbekanntheit weiter steigern – koste es, was es wolle. In den ersten neun Monaten lagen die Marketingausgaben bei fast 500 Millionen Euro, das sind mehr als 85 Prozent vom Umsatz. Allerdings betont Trivago im Börsenprospekt, dass sein Schlüsselindikator, der Return on Advertising Spending (ROAS), positiv sei. Ende September lag er bei 116 Prozent. Ein Werbe-Euro brachte 1,16 Euro Umsatz.

Mit den Einnahmen aus dem geplanten Börsengang dürfte Trivago vor allem auch seine Marketingoffensive weiter anschieben. Der Trivago-Mann wird uns wohl noch öfter auf dem Bildschirm begegnen – in immer mehr Ländern der Welt.

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