Imageprobleme Wie das Handwerk um Ansehen und Nachwuchs kämpft

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Neue Image-Kampagne ab Herbst 2014

Teure Handwerker in Deutschland

Auch der messbare Erfolg und die zahlreichen Preise, die die Werber der zuständigen Agentur Scholz&Friends für ihre Kampagne einheimsten, können über eine Tatsache nicht hinwegtäuschen: Die Zahl der Berufsanfänger sinkt weiter und zwar deutlich. Traumberuf Handwerker, das gilt weiter nur für eine Minderheit. "Wir sind auf einem sehr guten Weg", sagt Schwannecke. "Aber noch lange nicht am Ziel." Das liegt auch daran, dass Werbung für das Handwerk nicht leicht ist.

"Die Image-Kampagne ist handwerklich gut gemacht", urteilt Markenberater Pirck. Allerdings hat sie ein großes Problem zu lösen: Die Spannbreite zwischen den einzelnen Gewerben und mehr als 130 Ausbildungsberufen in der Branche ist gewaltig. Zwischen Friseurin und Kfz-Mechatroniker gibt es Unterschiede, die sich nicht ohne Weiteres überbrücken lassen. Die Kampagne stellt in seinen Augen zu sehr übergeordnete Zahlen wie den jährlichen Gesamt-Umsatz und die fünf Millionen Beschäftigten in den Vordergrund. "Zu abstrakt", findet Pirck. “Die Größe hat keine Realität.” Dabei lebe das Ansehen des Handwerkers doch gerade von seiner ganz konkreten Leistung. “Ein Handwerker schafft mit seinen eigenen Händen etwas, worauf er stolz sein kann", sagt Pirck. "In einer Gesellschaft, die immer virtueller wird, ist das ein Riesenpfund.”

Die Vielschichtigkeit der Branche ist der Knackpunkt. Weil alle Handwerkskammern und im Endeffekt alle Betriebe gleichermaßen in den Topf zahlen, aus dem die Kampagne gespeist wird, sollen auch alle davon profitieren. “Um die Einzelinteressen in Einklang zu bringen, bedarf es vieler Abstimmungsprozesse", erklärt Schwannecke diplomatisch.

Kampagne in der Verlängerung

Bald soll trotzdem ein neuer Wind wehen. Die Image-Kampagne wird um fünf Jahre verlängert. Wieder mit dem stattlichen Budget von 50 Millionen Euro, aber mit neuen Kreativen. Die Agentur Heimat Berlin löst ab Herbst die bisherigen Werber von Scholz&Friends ab. Das hat der Handwerkskammertag im Rahmen seiner Vollversammlung im Dezember beschlossen.

"In den ersten fünf Jahren haben wir das Fundament gelegt. Darauf wollen wir jetzt aufbauen", so Holger Schwannecke. Übergeordnete Themen hätten bislang tatsächlich im Vordergrund gestanden. Die Größe des Handwerks, seine Vielfalt und Modernität. Nun soll es konkreter werden. Details zur neuen Strategie gibt der Generalsekretär der Handwerker nur spärlich preis. Auch bei der Agentur ist man schweigsam. Klar ist: Jugendliche sollen noch stärker in den Fokus rücken. Die bisherige Kampagne habe eine gute Ausgangsbasis geschaffen, erklärt Heimat-Chef Matthias von Bechtolsheim. Jetzt will er "die nächste Stufe zünden". "Künftig wird es deutlich mehr Maßnahmen mit appellativem Charakter geben", sagt von Bechtolsheim. Ober-Handwerker Schwannecke spricht von einem "Mitmach-Gefühl", das erzeugt werden soll. Das Thema Selbstverwirklichung sei für das Handwerker-Image zentral. Zudem wird die Kampagne stärker die Besonderheiten der einzelnen Regionen in den Blick nehmen. Handwerk in Bayern ist eben nicht gleich Handwerk in Hamburg.

Gefahren wird die Kampagne auf allen Kanälen mit denen man glaubt, die Jugendlichen erreichen zu können: Plakate, Anzeigen, Werbefilme auf Youtube und im Fernsehen sowie eine verstärkte Nutzung von Internet und sozialen Netzwerken. Im September - Stichwort "Tag des Handwerks" - soll diese "nächste Stufe" der Werbemaßnahme zünden. Wahrscheinlich aber ohne Sissy als Model. Die aktuelle Plakat-Reihe mit der Elektronikerin ist gleichzeitig der Abschied von Scholz&Friends.

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