Kettler, Beate Uhse, Metz & Co. Wie beweglich ist der Mittelstand?

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Im Mittelstand findet Digitalisierung hinter verschlossenen Türen statt

Für Kunden sind Wohl und Wehe der Digitalisierung selten so sichtbar. Im Mittelstand findet sie meist hinter geschlossenen Werkstoren statt. Der Signaltechnikhersteller Werma beackert das Feld gleich auf zwei Ebenen. Der Weltmarktführer aus Rietheim-Weilheim bei Tuttlingen verdient daran, weil er die nötige Technik anbietet, und wollte zugleich den eigenen Betrieb auf die neuen Produktionsabläufe umstellen.

Marketingchef Michael Groll sagt: „Ich kann deshalb die Frage ,Was bringt mir das?‘ gut verstehen. Aber viele Unternehmer erkennen nicht, dass es technische Lösungen gibt, die einfach zu installieren, schnell zu nutzen und leicht anzuwenden sind.“ So praktiziert es Werma auch im eigenen Haus. „Komplexere Lösungen bieten mehr Details, sind aber auch teurer, und oft schwer nachrüstbar“, warnt Groll.

Seine Lehre daraus für Werma-Produkte: Keep it simple – und schließe niemanden aus. „Unsere Maschinendatenerfassung kann gleichzeitig die Maschinen verschiedener Hersteller und Baujahre abbilden sowie manuelle Arbeitsplätze integrieren.“ Das ist dann Vernetzung auf bestem Niveau.

Nachfolger gesucht

Wer jemals einen Betrieb übernehmen wollte, der sollte jetzt mit seinem Bankberater reden: 580.000 Unternehmen brauchen bis zum Jahr 2017 einen neuen Chef. Nur jeder fünfte Unternehmer hat einen Nachfolger, warnt die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand. Drei Viertel aller Unternehmerkinder haben keine Lust auf die omnipräsente Firma ihrer Eltern.

Zehn Tipps für die Nachfolgeplanung

Manche flüchten auch vor der Zusammenarbeit mit einem dominanten Vater. Wie beim Münchner Nutzfahrzeugzulieferer Knorr-Bremse. Henrik Thiele, Asien-Chef und Sohn des ein wenig sperrigen Eigentümers Heinz Hermann Thiele, sollte 2015 in den Vorstand aufrücken. Doch der 47-Jährige warf hin: „Aus persönlichen Gründen“, wie er seinerzeit erklärte.

Sein Vater antwortete dem Sohn per Pressemitteilung mit den üblichen Verabschiedungsphrasen. Bitter für alle Beteiligten.

„Man darf nicht unterschätzen“, wirbt der Düsseldorfer Psychoanalytiker und Coach Georg Fischer um Verständnis, „wie schwierig es für einen Chef sein kann, loszulassen. Gerade für die Nachkriegsgeneration bedeutet das eigene Unternehmen oft zugleich Heimat, Meisterstück und Identifikation. Das ist ein echter Abschiedsschmerz.“

Aber umgekehrt gelte für die Senioren: „Nur wer als Elternteil seine Kinder wertschätzend behandelt hat, kann auf eine gelungene Unternehmensübergabe hoffen.“

Ralph Winterhalter ist der Beweis. Der 38-Jährige führt mit seinem Vater Jürgen das 1947 vom Großvater gegründete Unternehmen Winterhalter in Meckenbeuren nahe Friedrichshafen, Weltmarktführer für Gastronomie-Spülmaschinen. Die Doppelspitze funktioniert: 250 Millionen Euro Jahresumsatz, 1240 Mitarbeiter weltweit. „Mein Vater hat mir meine Freiheit gelassen“, sagt Sohn Ralph. Mit Mitte 20 ging der Betriebswirt zur englischen Niederlassung. „Da habe ich genauso Mist gemacht wie jeder andere und Ärger mit dem Chef bekommen. Aber der faire Deal war: Was auf der Insel passiert, bleibt auf der Insel.“

Zurück am Bodensee als Mitglied der Geschäftsleitung, wird die Vater-Sohn-Frage schwieriger. „Natürlich sind wir unterschiedlicher Meinung: jung versus alt, Ingenieur versus Kaufmann, Vater versus Sohn. Wir klären das eisern unter uns und so lange, bis wir eine Lösung gefunden haben.“

Das sichere auch den wirtschaftlichen Erfolg: „Als Familienunternehmen planen wir auf lange Sicht. Ich bin wahnsinnig stolz, Erbe dieser Firma zu sein, und möchte es kerngesund an meine Kinder übergeben.“

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