Klavierbauer Bechstein "Dann sind wir nicht mehr an der Börse“

Bechstein-Chef Karl Schulze, über den neuen Eigentümer des Berliner Klavierbauers, den unausweichlichen Squeeze-out und die stufenweise Übergabe des Tagesgeschäftes an seinen Nachfolger.

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Karl Schulze Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Schulze, Sie haben Bechstein seit 1986 geprägt, waren lange Zeit Alleinbesitzer und später einer der Hauptaktionäre von Bechstein. Jetzt verkaufen Sie ihre Anteile in Höhe von 20 Prozent. Ist Ihnen der Schritt schwergefallen?
Karl Schulze: Natürlich, so etwas mache ich nicht leichten Herzens. Aber der neue Investor ist jemand, der mit unternehmerischer Leidenschaft Bechstein führen will. Insofern sind wir auf einem Glückspfad. Und deshalb kann ich auch gut loslassen.

Ist ein mächtiger Investor, der über 80 Prozent der Aktien hält, besser für das Unternehmen?

Mit Sicherheit. Dadurch wird Bechstein wieder ein echtes Familienunternehmen, das unabhängig von den Launen der Börse ist. Mein Nachfolger wird wesentlich autarker und unternehmerischer handeln als das bislang möglich war.

Die berühmtesten Klavierbauer
C. Bechstein Quelle: Pressebild
Bösendorfer Quelle: Pressebild
Blüthner Quelle: dpa
Schimmel Quelle: dpa
Steinway & Sons Quelle: dpa
Fazioli Quelle: Pressebild
Sauter Quelle: Pressebild

Ist ein Squeeze-out geplant?

Vorläufig nicht. Wir haben keinerlei Absprache, die darauf hinausläuft, die Aktionäre hinaus zu drängen. Aber Stefan Freymuth….

…der geschäftsführende Gesellschafter der Familiengesellschaft Kuthe, die Ihre Aktien übernommen hat…

 … hat deutlich gesagt, dass Kuthe gern die Aktien des verbleibenden Streubesitzes übernimmt.

Ist damit das Ende der Börsennotierung programmiert?

Ja, langfristig wird Bechstein in eine andere Unternehmensform überführt.  Aber wir machen im Augenblick keinen Druck auf die übrigen Aktionäre, auch wenn die Weichen so gestellt sind, dass Bechstein irgendwann nicht mehr an der Börse ist.

Sie wollten eigentlich schon vor Jahren aufhören.

Ja, aber die Nachfolge war nicht gelöst. Ursprünglich hatten wir eine andere Nachfolgeregelung, aber da stimmte die Chemie nicht. Dann stieg vor vier Jahren, vertreten durch Stefan Freymuth, das Immobilienunternehmen Kuthe ein. Und da stimmt die Chemie.  Herr Freymuth hängt emotional sehr an dem Unternehmen. Er ist übrigens mit einem Bechsteinflügel aufgewachsen.

In Richtung Vorkrisenniveau


Ein Konzertflügel des traditionsreichen Piano-Herstellers C. Bechstein Pianofortefabrik AG aus Berlin. Quelle: dpa

Wie haben Sie sich gefunden?

Zufällig. Stefan hat den Anteil der Familie nach dem Einstieg langsam, aber stetig erhöht, ist zu den Hauptversammlungen gekommen, hat sich das Unternehmen angeschaut. Er hat gesehen wie ich das Unternehmen durch die Krise geführt habe. Dass während der Krise der Kurs nach unten ging, hat ihn von weiteren Engagements nicht abgehalten. Und während der vergangenen  18 Monate ist dann eine immer engere Liaison entstanden.

Mischt Freymuth sich bereits ins Tagesgeschäft ein?

Nein, ich führe. Aber im kommenden Jahr tritt Stefan Freymuth in das Unternehmen ein und wird das operative Geschäft Stufe für Stufe übernehmen. 2014 werde ich, wenn alles nach Plan läuft, meine  Funktionen als Vorstandsvorsitzender abgeben.

Was bringt denn die Beteiligung dem neuen Investor abgesehen von Ehre und persönlicher Zufriedenheit? Die Börsengeschichte von Bechstein war ja nicht immer begeisternd?

Aber alles andere als schwach. Nimmt man die Jahrtausendwende als Ausgangspunkt haben wir uns besser entwickelt als der Dax. Der Kurs tendiert jetzt wieder in Richtung Vorkrisenniveau. Wir waren nie ein Spekulationsobjekt mit riesigen Kurssprüngen oder Abstürzen. Wichtiger für den neuen Investor ist die Substanz des Unternehmens. Wir haben unsere Eigenkapitalquote in den vergangenen fünf Jahren von 54 Prozent auf rund 70 Prozent angehoben. 2011 hat sich der Gewinn verdoppelt, im Jahre davor verdreifacht. Insofern macht das Engagement des Investors ökonomisch durchaus Sinn.

In den vergangenen Jahrzehnten sind viele deutsche Klavierbauer dahin geschieden. Sie dagegen haben Ihren Umsatz seit den Achtzigerjahren versiebenfacht. Was haben Sie anders gemacht?

Viele Hersteller haben sich zu sehr auf ihre Tradition und den klangvollen Namen verlassen. Wir haben ständig die Märkte beobachtet und unsere Produkte aus der Perspektive des Kunden entwickelt.  Und wir haben die Produktpalette erweitert. Heute bieten wir unseren Kunden fast alle Preis- und Qualitätsstufen an - von Klavieren unserer tschechischen Tochter Hoffmann für 5000 Euro bis zum Bechstein-Konzertflügel für 120 000 Euro

Sie agieren mit Bechstein im Edelsegment. Wie konnte sich die Marke gegen einen Platzhirsch wie Steinway behaupten?

Wir haben zuerst vornehmlich auf den Klaviermarkt gesetzt – auch weil in Asien und Europa der Flügelabsatz vergleichsweise schwach ist. Einige Jahre später sind wir dann verstärkt mit unseren Flügeln vorgeprescht und das auch auf dem amerikanischen Markt. Und wir konnten mit unserer Kontinuität punkten. In den letzten Jahrzehnten gab es bei Steinway viele Wechsel – im Management wie bei den Eigentümern. Wenn Sie als Unternehmer für ein Produkt stehen und eine Mannschaft haben, die mit Ihnen an einem Strang zieht, dann können Sie sich mit den Großen getrost anlegen.

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