Langjährige Marktführer Das Erfolgsgeheimnis der besten Mittelständler

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3. Der Musikverlag Schott Music

Peter Hanser-Strecker Quelle: Klaus Weddig für WirtschaftsWoche

Ob 1770 oder 2013: Letztlich macht Peter Hanser-Strecker das Gleiche wie die fünf Inhaber-Generationen des Mainzer Verlags Schott Music vor ihm. Der 70-Jährige mit der Vorliebe für bunte Schals verkauft oder vermietet Noten an Musiker und kassiert im Auftrag der Komponisten Lizenzgebühren, wenn ein Stück aus dem Verlagsfundus irgendwo erklingt.

Und doch würde Gründer Bernhard Schott beim renommierten Verlag für klassische Musik zunächst wenig mehr wiedererkennen als die Notenbände für die heute rund 30 000 lieferbaren Musikstücke und die Zentrale in einem Patrizierhaus der Mainzer City. Denn wo Schott Noten von Hand über die Stichplatten verteilte, helfen heute Computersysteme, dass Musiker weltweit den richtigen Ton finden, von Barock-Chorälen bis Partituren Neuer Musik.

Offen für Innovationen

Vertraut wäre dem Urahn aber das Geschäftsprinzip Hanser-Streckers, dessen Großvater 1874 den Verlag vom Gründerenkel Franz Schott kaufte. So konservativ der Familienbetrieb mit 260 Mitarbeitern agiert und sich gegen die Veröffentlichung von Bilanzen ebenso sträubt wie gegen Bankkredite, so offen ist er für Innovation – oder "Musik plus alles", wie Hanser-Strecker seine Philosophie nennt. 1824 gründet Schott in Antwerpen das erste Auslandsbüro. Neun weitere folgen von New York bis Tokio. Hinzu kommen Partner in 19 Ländern. Dieses Netz erlaubt höhere Auflagen und Einnahmen. So hat Schott Top-Künstler an sich gebunden von einst Richard Wagner bis zuletzt Frank Zappa.

Zudem nutzen die Eigentümer früh neue Techniken: Lithografie-Druck Ende des 18. Jahrhunderts, ein Online-Shop für Noten 1998 und jüngst Übungsapps auf dem iPad. Auf die digitale Welt, sagt Hanser-Stecker, "müssen wir als Verlag konstruktiv reagieren, wenn wir weiter erfolgreich sein wollen". Gassenhauer wie Ludwig van Beethovens "Für Elise" mögen gratis online stehen, weil die Verlagsrechte 70 Jahre nach dem Tod eines Komponisten enden. Doch die Mainzer werben, ihre Noten seien dank der speziellen Schrift lesbarer und nutzerfreundlicher, weil Musiker sie an Stellen umblättern können, die den Spielfluss weniger stören. Zudem bietet Schott neben online nicht legal zu findenden geschützten Werken auch selten gespielte freie Stücke, die im Internet schwer zu finden sind

"Das Interesse an Musik ist vorhanden"

Zu guter Letzt investiert Schott gezielt in neue Produkte. Neben Übungsbüchern, die dem Nachwuchs das Musizieren mit Arrangements von Pophits schmackhaft machen, veröffentlicht Schott wissenschaftlich aufgearbeitete Neuausgaben bekannter Musikstücke. Die sind erneut urheberrechtlich geschützt und bringen Lizenzgebühren. Dazu investiert der Verlag in zeitgenössische Musik. Wegen hoher Anlaufkosten und seltenen Aufführungen fürchten Buchhalter das zwar genauso wie Freunde Bach’schen Wohlklangs. Doch die guten Nasen der Chefs spüren immer wieder Dauerbrenner auf wie Carl Orffs "Carmina Burana" oder das Werk des klassischen Modernen Hans Werner Henze.

So ist Hanser-Strecker um die Zukunft nicht bange. "Das Interesse an Musik ist vorhanden", sagt er. "Wir müssen nur nachdenken, wie wir sie an den Mann bringen."

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