Luxus light Investor will die Marke Lagerfeld in die Welt tragen

Der Finanzinvestor Apax versucht, was Karl Lagerfeld nicht schaffte: den Namen des Modezaren zur globalen Marke und Ladenkette zu entwickeln.

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Karl Lagerfeld und Apax-Geschäftsführer Righi. Quelle: Presse

Am noblen Boulevard Saint-Germain, einer der Pariser Luxusstraßen, liegt eine Designerboutique neben der anderen: Versace, Emporio Armani, Burberry. Seit 2013 ist auch der Store von Modeikone Karl Lagerfeld an der Topadresse zu finden, Hausnummer 194 – ganz im Stil des deutsch-französischen Haute-Couture-Künstlers: die Außenfassade schwarz, über der Tür in weißen Lettern der Schriftzug mit der zopftragenden Silhouette.

Lagerfeld gehört zu den schillerndsten und erfolgreichsten Köpfen der internationalen Modeszene. Für die Luxuslabels Chanel und Fendi entwirft der Stardesigner seit Jahrzehnten Kreativ-Kollektionen, Claudia Schiffer hat er zum Topmodel gemacht. Was Lagerfeld aber seit den Achtzigerjahren nie gelang: ein Modelabel und Boutiquen unter seinem eigenen Namen zu etablieren.

Das machen nun der britische Private-Equity-Investor Apax Partners und ein illustres Netzwerk von Textilprofis rund um die US-Modekette Tommy Hilfiger. Und das in rasantem Tempo. Seit dem Start in Paris wurden in nur drei Jahren 54 Karl-Lagerfeld-Läden in 14 Ländern eröffnet. Noch 2016 folgen Geschäfte in Korea und Bahrain – und 2017 ein Luxushotel in China.

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Was bisher kaum in die Öffentlichkeit drang: Apax hat von 2006 an die Marke Tommy Hilfiger aufpoliert und kooperiert bei Lagerfeld mit vertrauten Partnern – darunter Ex-Hilfiger-Chef Fred Gehring und seit Ende Februar der New Yorker Bekleidungsriese und Hilfiger-Lizenznehmer G-III Apparel.

Nicht beteiligt an der Amsterdamer Muttergesellschaft Kingdom Holding 1 B.V., die vom Namen Karl Lagerfeld lebt, ist bloß die Hauptperson: Lagerfeld selbst. „Das entspricht einfach nicht Karls Naturell“, erklärt Pier Paolo Righi. Der Deutsch-Italiener war Deutschland- und Zentraleuropachef von Nike, bevor er die Führung der Karl Lagerfeld Group übernahm. Die lenkt die Geschäfte für die Kingdom Holding (siehe Grafik) und besitzt die Markenrechte am Namen Karl Lagerfeld. Righi hat Eroberungsvisionen: „Karl ist die Designerikone Nummer eins in der Welt“, sagt er, „daher ist die ganze Welt unsere Plattform.“

Vom Boulevard Saint-Germain führt eine Seitenstraße in Lagerfelds Reich. Kein einziges Schild weist auf die Kreativwerkstatt des Modeschöpfers hin – Karl mag die Anonymität. Das verschnörkelte Holztor an der Straße wird per Code geöffnet. Nur angekündigte Besucher gelangen durch den Innenhof zu dem repräsentativen Stadtpalais, in dem sich Designstudio, Anproberäume und das Allerheiligste – Lagerfelds Büro – befinden. Im Erdgeschoss: der Showroom mit Taschen, Kostümen, Turnschuhen, meist schwarz oder weiß. In der Ecke des Flurs steht Karl als lebensgroße Figur: schwarzer Anzug, schwarze Sonnenbrille, weißer Zopf.

Arbeitsort und Laufsteg

Bereits 1981 hatte der Modeschöpfer ein Unternehmen unter dem eigenen Namen gegründet. Die Marke setzte sich aber nicht durch. Ende 2004 kaufte der US-Konzern Tommy Hilfiger sie inklusive aller Lizenzen für umgerechnet 21 Millionen Euro. 2010 wiederum verkaufte Apax die vier Jahre zuvor erworbene Hilfiger-Gruppe für umgerechnet 2,2 Milliarden Euro an den US-Bekleidungskonzern Phillips-Van Heusen (PVH). Apax beteiligte sich zugleich an PVH. Der Finanzinvestor klammerte dabei die Marke Karl Lagerfeld von dem Verkauf aus – um sie selber groß herauszubringen.

2012 folgten die Gründung der Karl Lagerfeld Group sowie Launch und Einführung der Marke. Der Stardesigner grenzt sich mit der Firma, die seinen Namen trägt und bei der er Kreativdirektor ist, von der Luxusmode ab, für die er ansonsten steht. „Er übersetzt Karls DNA in eine Kollektion, die für eine breitere Zielgruppe konzipiert ist“, erklärt Firmenlenker Righi. Luxus light also: Es gibt eine Handtasche aus Saffianleder für 295 Euro, einen Bouclé-Cardigan für 395 und die Cat-Eye-Sonnenbrille für 155 Euro.

„Wir sind im August 2011 mit zehn Leuten gestartet“, erinnert sich Righi. Inzwischen beschäftigt er allein in Amsterdam und in Paris rund 100 Mitarbeiter aus 15 Nationen.

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Der 49-Jährige sitzt in einem roten Plüschsessel in Lagerfelds Pariser Privatbüro, die Beine lässig überschlagen und trinkt einen Latte macchiato. Righi trägt einen hochwertigen grauen Designeranzug, darunter eine dunkelrote Weste mit passender Krawatte und gewährt Einblicke in Lagerfelds kreatives Reich. Auf dem großen Holztisch mit Milchglasplatte liegen dessen Arbeitsutensilien: Wachs- und Buntstifte, penibel sortiert in passende Kästen. An der Wand hängen selbst gezeichnete Modeskizzen. Auf dem quietschenden Parkettboden lässt der Stardesigner Models seine Entwürfe präsentieren – Lagerfelds Büro ist Arbeitsort und Laufsteg zugleich.

Righi hält ihm den Rücken frei fürs Kreative und ist die Schnittstelle zu Apax. Der Londoner Private-Equity-Investor mit Büros in München, New York, São Paulo, Tel Aviv, Mumbai, Shanghai und Hongkong wurde in Deutschland durch den Kauf der Bundesdruckerei und von Kabel Deutschland bekannt. Er investiert in Konsumgüter-, Gesundheits-, Dienstleistungs- und Kommunikationstechnikunternehmen und steigt oft nach einigen Jahren mit Gewinn wieder aus.

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Ein Buch über das eigene Leben. Der Anbieter Trulyexperiences organisiert Treffen mit einem Interviewer, der in persönlichen Gesprächen über 13 Stunden die Lebensgeschichte des Beschenkten aufzeichnet. Geplant sind wöchentliche Treffen über einen Zeitraum von drei Monaten. Aus den Aufzeichnungen erstellt ein Profi-Schreiber dann die Autobiografie, in der bis zu 60 eigene Fotos aus den wichtigsten Momenten des Lebens untergebracht werden können. Einzige Beschränkung: Egal wie ereignisreich das Leben des Beschenkten - das Buch von Trulyexperiences wird maximal 160 Seiten lang. Anschließend gibt es fünf festgebundene Ausgaben, Leinen- oder Ledereinband im Geschenkpaket kosten extra. Das Buch gibt's nur auf Englisch.Kosten: 2.975 Pfund (ca. 4.120 Euro) Quelle: dpa
Einzigartigen Whiskey mischen. Eine Brennerei des Diageo-Konzerns lässt Whiskey-Liebhaber verschollene Fässer wiederentdecken und aus dem Inhalt ihren persönlichen Blend zusammenstellen. Für das Orphan Barrel Project hat sich die ehemalige Stitzel-Weller Destillerie in Tennessee auf die Suche nach vereinsamten Whiskeyfässern gemacht, die noch in alten Schuppen lagern. In limitierter Auflage hat sie daraus verschiedene Bourbon-Whiskeys vom 15-Jährigen bis zum 22-Jährigen auf den Markt gebracht. Wer die probieren möchte, kann bei der Kaufhauskette Neiman Marcus eine Dreitages-Reise nach Louisville in Kentucky buchen, für sechs Personen. Neben Führungen durch die Brennerei und einem Tasting enthält das Paket den Whiskeyworkshop, in dem sich die Teilnehmer zwei eigene Bourbons aus den verschollenen Fässern zusammenstellen können. Am Ende erhält jeder Teilnehmer ein handgemachtes Whiskey-Schränkchen, gefüllt mit 24 exklusiven Flaschen - darunter auch die eigenen Sorten, samt selbstdesigntem Etikett.Kosten: 125.000 Dollar (ca. 114.000 Euro) Quelle: AP
Neuland entdecken. Der Reiseveranstalter Epic Tomato bringt seine Gäste an unberührte Orte in den Bergen von Papua Neuguinea. Ein Trip zwischen Abenteuerreise und Fitnesscamp: Jeder Teilnehmer trägt sein eigenes aufblasbares Rafting-Boot bei den Wanderungen auf dem Rücken, die meisten Gegenden erschließt die Reisegruppe mit dem Boot. Reiseführer leiten die Expedition, für den Ausflug sind 20 Tage veranschlagt. Wer bucht, bekommt im Paket die Ausrüstung, Getränke und Mahlzeiten inklusive, auch Reisen und Inlandsflüge während der Expedition. Nur der Flug ans andere Ende der Welt ist nicht enthalten.Kosten: ab 9.985 Pfund (ca. 13.800 Euro) Quelle: Fotolia
Die eigenen Kleider katalogisieren. Besonders erfolgreiche Unternehmerinnen, die Luxus im Kleiderschrank hängen haben, dürften sich über ein Buch mit Zeichnungen ihrer wertvollsten Stücke zu Weihnachten freuen. Die Künstlerin Abigail Vogel bietet bei Neiman Marcus ein Couture-Tagebuch an, in dem sie 20 Roben verewigt. Sie fertigt einzelne Zeichnungen der Kleider an und erzählt in kurzen Text die Geschichte dahinter. Das Tagebuch wird in Leder eingebunden und mit einer 24-Karat-Goldplakette versehen. So wird aus dem eigenen Kleiderschrank ein kleines Modemuseum.Kosten: 10.000 Dollar (ca. 9100 Euro) Quelle: REUTERS
Leben wie ein Spion. Für alle, die wie James Bond durch die Straßen Londons schleichen wollen, ohne wirklich im Dienst des britischen Geheimdiensts MI6 (auf dem Foto die Zentrale in London) zu stehen, bietet Truly Experiences ein Überraschungspaket an. Ehemalige Geheimagenten haben für den Dienstleister ein Rollenspiel kreiert, das Teilnehmer für zwei Monate zum Spion macht. Sie können dabei weiterhin ihrer täglichen Arbeit nachgehen, aber etwa einmal die Woche wartet eine Aufgabe auf sie. Während ihrer Mission werden sie auch eine Nacht in einer europäischen Spionage-Hochburg verbringen.Kosten: 7.500 Pfund (ca. 10.400 Euro) Quelle: AP
In die Stratosphäre abheben. Noch laufen die ersten Testflüge, in denen ein Ballon eine Kapsel an den Rand des Weltalls trägt. 2017 will die World View Experience ihre ersten Gäste in der Kapsel mitreisen lassen - und ihnen einen gigantischen Blick auf die Erde bieten. Das Flugpaket bei Neiman Marcus besteht aus zwei Teilen: eine erste Reise zu einem weiteren Testflug des Ballons im kommenden Jahr in Tucson, Arizona in den USA. 2017 geht es dann ab in die Luft: die Kapsel steigt auf rund 30.000 Meter auf. Dort können Teilnehmer für zwei Stunden den Blick auf die Erde genießen, bevor der Sinkflug zum Boden ansteht.Kosten: 90.000 Dollar (ca. 82.000 Euro) Quelle: PR
Eine eigene Sitcom drehen. Wer wie die Schauspieler der TV-Serie Friends einmal selbst vor der Kamera sitzen möchte um Witze zu reißen, kann sich mit einem Paket von Truly Experiences überraschen lassen. Die Teilnehmer werden zu Filmstars: Erst arbeiten sie in drei Sitzungen mit professionellen Witz-Schreibern und Autoren an einem Drehbuch für eine 10-15 Minuten lange Komödie. Anschließend kümmern sich Bühnenbildner bis zu sechs Wochen lang darum, dass auch das passende Filmset in Studio steht. Schließlich treffen sich die Teilnehmer mit Regisseur, Maskenbildnern und Kameraleuten im Studio, um dort in zwei Tagen ihren Film zu drehen. Wer Lampenfieber hat: für die Proben sind drei bis fünf Tage vorher eingeplant.Kosten: 200.000 Pfund (ca. 277.000 Euro) Quelle: AP

Christian Stahl heißt der Mann, der seit 1999 für Apax Übernahmen in den Bereichen Einzelhandel und Konsumgüter mitverantwortete. Auch den großen Tommy-Hilfiger-Deal hat Stahl 2006 geleitet. Die Billigkette Takko Fashion, die Apax Fonds gehört, war allerdings eine weniger erfolgreiche Investition für das Private-Equity-Unternehmen. Ein Jahr nach der Akquisition wurde Stahl in den Beirat berufen, um bei der Takko-Sanierung zu helfen.

2010 hielt Stahl Karl Lagerfeld nicht für „die beste kommerzielle Marke“, aber „für attraktiv“. Seitdem hob der Mittvierziger mit den Partnern ihr Potenzial. Stahl hat Apax offenbar vor Kurzem verlassen, sitzt aber noch im Aufsichtsrat der Lagerfeld-Unternehmen.

Vier Mal pro Jahr entscheiden die Vertreter der Anteilseigner in Board-Meetings über Strategiefragen. Aber „ins tägliche operative Geschäft“, sagt Righi, „mischt sich keiner ein“. Wie erfolgreich das ist, damit geht Apax so diskret um wie Lagerfeld mit seinem Alter. Laut Righi hat die Marke 2014 „über 100 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet“ und wachse 2016 wie im Vorjahr zweistellig. Bis 2019 will Righi den Umsatz verdreifachen – auf geschätzt 400 Millionen Euro. Wie viel Gewinn bleibt dabei? Schweigen.

Expansion im Eiltempo

Private-Equity-Investitionen in der Modebranche gibt es oft, weil „die Modeindustrie im Vergleich zu anderen Branchen sehr hohe Margen vorweist“, sagt Achim Berg, Experte für die Modeindustrie bei der Unternehmensberatung McKinsey. „Gerade in der Textilbranche, wo viele Familienunternehmen unter finanziellen Problemen leiden und Schwierigkeiten haben, geeignete Nachfolger zu finden, führt der Einstieg von Private-Equity-Gesellschaften häufig zu einer Professionalisierung.“ Übernommene Unternehmen stünden jedoch unter höherem Ergebnisdruck.

Anders als in vielen Traditionsunternehmen war der Einfluss der Firmenoptimierer bei Lagerfeld willkommen. „Wir nutzen das Know-how, die Netzwerke und die Infrastrukturen von Apax und den anderen Investoren“, sagt Righi, der selber Anteile an der Modefirma hält: „Alleine hätten wir nicht die Chance gehabt, uns in Märkten wie China zu etablieren, wo wir heute acht Läden haben.“

Die neuen strategischen Investoren PVH und G-III erwarben 2014 und 2016 ihre Anteile an der Kingdom Holding 1 durch Kapitalerhöhungen. „Die zugeflossenen Mittel“, so Righi, „stehen für die Expansion des Unternehmens zur Verfügung.“

Die betreibt Righi offenbar im Eiltempo. Im neuen Onlineshop Karl.com können seit November vergangenen Jahres Kunden aus 97 Ländern Karl-Lagerfeld-Damenmode per Mausklick bestellen. Seit Ende 2015 gibt es auch Kindermode von Lagerfeld und im Mittleren Osten inzwischen acht Läden, unter anderem in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait, Katar und Saudi-Arabien.

Der nächste Schritt ist die Expansion in die USA. Anteilseigner G-III hat 80 Mitarbeiter eingestellt, um Karl-Lagerfeld-Kollektionen für Nordamerika zu entwickeln. Die Marke soll dort ab September durch eine groß angelegte Kampagne bekannt werden und in den nächsten fünf Jahren 400 bis 500 Millionen US-Dollar Einnahmen bringen.

Die Fantasie ist fast grenzenlos, wie Apax und die Investoren aus der Hilfiger-Connection mit der weißhaarigen Modeikone Geld verdienen wollen. Geplant ist sogar die Expansion in andere Geschäftsfelder. Den Auftakt macht das erste Karl-Lagerfeld-Hotel. Es soll im kommenden Jahr im chinesischen Macau 50 Kilometer westlich von Hongkong eröffnen. Lagerfeld habe „das komplette Design von der Außenfassade über die Lobby bis zu den Zimmern und der Einrichtung entworfen“, sagt Righi und plant, „weiter in diese Kategorie zu expandieren. Der Name Karl Lagerfeld hat global ein unglaubliches Potenzial.“

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