Luxus made in Germany Mehr Uhr braucht der Mann

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„Die Uhr ist das einzige Schmuckstück des Mannes!“

Okay, deutsches Tüftlertum. Aber bei Schmuck?

Wellendorff: Das passt wunderbar. Deutsche Produkte stehen für Zuverlässigkeit und Perfektion. Mein Mann arbeitet jeden Tag mit Goldschmieden, Werkzeugmachern und Fassern daran, den perfekten Schmuck herzustellen. Wenn wir etwas auf den Markt bringen, haben wir es lange getestet, so wie etwa unsere Armbandschließe, die 40.000-mal geöffnet und geschlossen wurde. Da haben unsere Kunden ein Leben lang Freude dran.

Und solch praktische Erwägungen treiben auch außerhalb des Schwarzwaldes Schmuckkäufer an?

Wellendorff: Absolut. Unsere Schmuckstücke werden in den USA genauso gut gekauft wie in China und Japan. Die Kunden dort mögen es leise und zurückhaltender.

Für was entscheidet sich denn der deutsche Mann heute?

Stotz: Unsere Kunden mögen die klassischen Meister- und die reduzierten Max-Bill-Modelle. Am meisten verkaufen wir Uhren aus Edelstahl. Aber es hängt auch stark von der Berufsgruppe ab. Fotografen, Architekten und Werber bevorzugen die Max Bill. Diese Uhr lebt von dem Motto: Schlichter geht nicht. Das ist auch deutsches Design, mag aber nicht jeder.

Kaufen auch Männer Ihren Schmuck?

Wellendorff: Was mich überrascht: In den USA und China fragen vermehrt Männer unsere Schmuckstücke nach. Und zwar vor allem extravagante Designs. Farbige Ringe, in denen Brillanten eingefasst sind. Aber auch in Deutschland spüren wir eine Nachfrage. Deshalb haben wir jetzt mit einer kleinen Männerlinie angefangen. Der Mann schmückt sich generell mehr als früher.

Stotz: Da arbeiten Sie ja gegen uns … (lacht)

Wellendorff: Diese Schmuckstücke passen wunderbar zur Uhr.

Stotz: Aber wir behaupten immer: Die Uhr ist das einzige Schmuckstück des Mannes!

Wellendorff: Auch der Mann entwickelt sich weiter ...

Stotz: Das merken wir auch, die Geschlechtertrennung hebt sich immer mehr auf. Vor ein paar Jahren noch waren unsere Damenuhren immer sehr klein und unsere Herrenuhren immer sehr groß. Das ist nicht mehr so. Manche Herrenuhr wird genauso häufig von Frauen gekauft.

Macht es das leichter oder schwerer? Auf der einen Seite öffnet es einen Markt, aber für die Designer ist es schwerer.

Stotz: Absolut. Deshalb kaufen so viele Frauen eben Männeruhren. Viele Uhrenhersteller rechnen das Männermodell einfach kleiner und meinen: Das ist jetzt die Variante für Frauen. Nur ist das meistens nicht so richtig hübsch. Das führt dazu, dass Frauen einfach die schönere Uhr kaufen – auch wenn diese eigentlich für Männer ist.

Wellendorff: Klar, Männer haben oft einen anderen Fokus, das merke ich auch bei unseren männlichen Designern. Nehmen wir zum Beispiel das Gewicht eines Ohrringes, der kann noch so schön sein, wenn er zu schwer ist , wird er nicht gekauft. Daher trage ich die meisten unserer Schmuckstücke Probe.

Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Birgt Ihre Konzentration auf eine spitze Zielgruppe eigentlich ein Risiko? Wenn in einem kleinen Sortiment ein Flop dabei ist, hat das doch böse Folgen.

Wellendorff: Wir umgehen dieses Risiko, indem wir unsere Kollektionen eher evolutionär, in kleinen Schritten, weiterentwickeln. Zum Beispiel verändern wir nur einzelne Farben oder Motive. Es gibt viele Wellendorff-Klassiker, die wir seit Jahrzehnten in unserer Kollektion haben und immer nur minimal verändern. Wir nehmen uns Zeit! Luxus hat immer etwas mit Zeit zu tun.

Und das machen die Kunden mit?

Wellendorff: Unsere Kunden haben sich auf diesen Rhythmus eingestellt. Sie wissen, dass nur einmal im Jahr eine kleine Kollektion rauskommt. Aber sie wissen eben auch, dass sie ein zeitloses Schmuckstück bekommen.

Aber wie entstehen Innovationen, wenn Sie zum einen das Risiko scheuen und zum anderen noch in der Provinz sitzen, weit weg von der Avantgarde?

Stotz: Wir ziehen viel Inspiration aus unserer Geschichte. Unser erfolgreichstes Design heute stammt aus dem Jahr 1961, die Max-Bill-Uhr. Unsere Historie ist ein echter Schatz, aber wir müssen das Design immer auch auf die heutige Zeit übertragen.

Dass Junghans noch einmal technische Innovationen hervorbringen kann, scheinen Sie nicht zu glauben.

Stotz: Es gibt ja Innovationen, wie man an der Smartwatch sieht. Aber die gehen meist nicht mehr von den Uhrenherstellern aus, sondern werden allenfalls von ihnen umgesetzt. Worauf wir jetzt stärker setzen, ist die Gestaltung der Uhr. Mit einer Junghans können sich viele identifizieren. Sie ist schön, aber eben auch bodenständig.

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