Mittelstand Wie der Firmenverkauf auch in einer Notlage gelingt

Wer als Erbe oder Eigentümer eine Firma in Notlage verkauft, muss sich gegen unkalkulierbare Widerstände und falsche Freunde wappnen. Ein Ratgeber über Vollmachten, Testamentsvollstrecker und findige Berater.

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Überraschungen beim Firmenverkauf. Quelle: Getty Images

Kirsten Schubert hätte lange warten müssen. Im Alter von 72 Jahren wäre es der damals 42-jährigen Düsseldorferin erlaubt gewesen, über ihr Unternehmen erstmals allein entscheiden zu dürfen. So stand es im Testament ihres Vaters Christoph Schubert. Der hatte die Firma, einen Gebäudereiniger und Caterer aus Düsseldorf, 1967 gegründet und war 2010 unerwartet an einem Herzinfarkt verstorben.

Der Testamentsvollstrecker interpretierte die Verfügung des Verstorbenen als Ermächtigung zur Führung des Unternehmens, im maximalen Fall über 30 Jahre samt Honorierung über diese Zeit. Doch Tochter Kirsten nutzte gemeinsam mit Mutter und Schwester eine Chance, die ihr das Testament ließ. Binnen vier Wochen nach dem Tod, noch geschockt und in Trauer, leitete sie die Käufersuche für das Unternehmen ein. Am Ende verkaufte sie ihre Unternehmensgruppe mit 5000 Mitarbeitern und rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz und drängte den Testamentsvollstrecker so aus der Firma.

Die Folgen falsch oder strittig formulierter Testamente gehören zu den ebenso häufigen wie gern verschwiegenen Problemen, wenn Mittelständler ihre Firmen auf ihre Nachkommen übertragen. Fehlt den Erben dann auch noch die Expertise oder wollen sie das Unternehmen gar nicht weiterführen, endet das Tohuwabohu nicht selten in einem überstürzten Verkauf des Unternehmens. Bei dem verlieren die von dem Verstorbenen bestimmten Nutznießer im Extremfall Millionen Euro.

Wie lässt sich in solchen Fällen Zeit gewinnen, um ein Unternehmen, vielfach das Lebenswerk des Gründers, nicht unter Wert zu verschleudern? Das gilt auch für Unternehmer, die etwa zu Lebzeiten erkennen, dass sie versäumt haben, Produkte und Produktion auf dem neuesten Stand zu halten und denen nun das Geld für Investitionen fehlt. Oder denen der Markt unwiderruflich wegbricht und ein neues Geschäftsmodell fehlt.

Auch das gehört zu den verschwiegenen Themen: Viele Chefs, jahrzehntelang Topanalytiker im Job, erkennen in eigener Sache zu spät, wenn die Hütte brennt. Dann muss es schnell gehen, und das ist der Fehler.

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Vor allem die Eigentümer kleiner und mittlerer Unternehmen sind in solcher Not oft überfordert. Anders als sehr große Konkurrenten oder gar Konzerne können sie weder auf eine Rechtsabteilung noch Steuerexperten zugreifen. Zu viele von ihnen improvisieren dann mehr schlecht als recht, begnügen sich mit dem Rat des befreundeten Anwalts oder des Golfclubmitglieds. In einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammern gestanden 44 Prozent der befragten Unternehmer freimütig, sie seien auf einen Verkauf nicht vorbereitet.

Der schreckliche Tag danach

Wer beschäftigt sich schon gerne mit dem eigenen Ende? Unternehmer, meist geprägt von Schaffenskraft, Durchhaltevermögen und der großen Angst vor Kontrollverlust, zählen selten zu solchen Menschen. Mit wachsendem Alter verschärfen gelegentlicher Starrsinn und die Angst vor dem Tod das Problem noch. Der Gang zum Notar wird aufgeschoben. Fehlt nach dem Ableben das rechtlich abgesicherte Testament, ist Chaos programmiert.

Der Fachverband der Führungskräfte der Druckindustrie listet zur Mahnung an alle Unternehmer die Gefahren auf, die den Vorsorge-Verweigerern drohen. Ein Auszug:

  • Den Erben fehlen private und geschäftliche Vollmachten, um unternehmerisch entscheiden zu können, ebenso wichtige Adressen, Passwörter und Schlüssel.
  • Keiner weiß, wo das Testament liegt, oder es finden sich mehrere Fassungen.
  • Der zur Überraschung der Familie angeordnete Testamentsvollstrecker erweist sich als überfordert.
  • Minderjährigen Erben wächst plötzlich eine Verantwortung zu, der sie nicht gewachsen sein können. Dadurch kann ein gefährliches Vakuum entstehen, wer künftig entscheidet – es sind nicht automatisch die Eltern.
  • Der Verstorbene hat per Testament eine Erbengemeinschaft erschaffen, die unternehmerisch handlungsunfähig ist.
  • Das Erbe enthält eine Auslandsbeteiligung, für die das deutsche Recht nicht gilt – was schon innerhalb der Europäischen Union zutrifft und Erben ohne spezielle Rechtskenntnisse überfordert.

Jeder Erblasser mache sich klar: Dem trauernden und womöglich paralysierten Nachfahren bleiben per Gesetz ab Kenntnis der Erbschaft exakt sechs Wochen, um das gesamte private und unternehmerische Erbe zu orten, zu bewerten, mit Schulden zu verrechnen und sich dann zu entscheiden, ob er das Erbe annimmt oder ablehnt.

Sechs Wochen sind ein Witz.

Denn die Antwort hier lautet: Es gibt nur ganz oder gar nicht. Wer das Erbe annimmt, muss zugleich für alle Verpflichtungen des Verstorbenen aufkommen – bis zum letzten Cent und egal, ob dem Erben die Lasten beim Antritt des Erbes bekannt waren. Nur selten akzeptieren Gerichte die Ausnahme: Es taucht ein enormes schwarzes Loch in der Bilanz auf, von dem der Erbe beim besten Willen zum Zeitpunkt des angenommenen Erbes nichts ahnen konnte. Dann kann er sein Erbe nachträglich ausschlagen, verliert aber auch alle Vermögenswerte.

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Ein Ladekabel für ein Elektroauto der Firma Mennekes Quelle: dpa

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt und Erbrechtsspezialist Thomas Makowka rät den Betroffenen trotz der knappen Zeit zur Ruhe, egal, wie viel Druck Berater oder Testamentsvollstrecker ausüben: „Nichts ist so wichtig, als dass man als Erbe nicht noch zwei oder drei Nächte darüber schlafen oder sich beraten lassen könnte.“

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