Mittelstand Wie Mittelständler Geld richtig investieren

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„Wer mehr Rendite erreichen will, kommt mit Standardlösungen nicht zum Ziel“, sagt Frank-Oliver Wolf, Leiter des Zins-, Anlage- und Währungsmanagements im Firmenkundengeschäft der Commerzbank. „Da muss die Bank schon den Cash-Flow des Unternehmens über einen gewissen Zeitraum kennen und eine langfristige strategische Finanzplanung aufstellen.“

Zugriff auf das Geld. Doch zu so viel Planung sind viele Mittelständler nicht bereit: Fast jeder Firmenkundenberater bei Banken oder Sparkassen kennt Festgeldkonten, die über Jahre hinweg Monat für Monat verlängert werden, weil die Anleger fürchten, im folgenden Monat das Geld zu brauchen.

Weil Mittelständler sich oft mehr um die Liquidität als um die Rendite sorgen, schöpfen sie ihre Risikotragfähigkeit häufig nicht aus. „Wenn ein Unternehmer ständig Termingelder hält, heißt das ja, dass er kurzfristige Zinsen langfristig höher bewertet als langfristige Zinsen“, sagt Norbert Pachl, Produktmanager für das Unternehmensgeschäft der Landesbank Baden-Württemberg.

Eine Fehleinschätzung, die einem Unternehmer nicht passieren sollte. „Wer dauernd Termingelder hält, der spekuliert gegen den Markt“, sagt Pachl. Sinnvoller sei es, kurzfristigen Geldbedarf über Darlehen abzudecken, gerade dann, wenn deren Zinsen niedriger ausfallen als die langfristigen Kapitalmarktzinsen. Eine andere Taktik besteht darin, das Geld nicht über ein Jahr zu binden, sondern in monatlich versetzten Tranchen anzulegen. So ist immer ein Zwölftel der Liquidität verfügbar, weil jeden Monat Festgeld fällig wird.

Schnelle Deals. Klaus Lünnemann ist Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens für Messe- und Präsentationssysteme aus Ibbenbüren. Sein Hauptgeschäft macht er im Frühjahr und im Herbst zur Hauptmessezeit. Geld kommt aber auch zwischendurch herein. Deshalb parkt er einen Teil seiner Einnahmen als Tagesgeld – in der Regel zwei bis drei Monate. Dabei kommt es ihm bei den Zinsen nicht nur auf den letzten Prozentpunkt hinter dem Komma an. Entscheidend ist aus seiner Sicht auch der mit der Anlage verbundene organisatorische Aufwand. „Wenn das mit einem kurzen Telefonat erledigt ist, dann ziehe ich das schon vor“, sagt er, „eine gute Kommunikation ist da wichtig in beide Richtungen.“

Unkompliziert muss die Anlage sein

Doch das bedeutet nicht, das Lünnemann die Angebote seiner drei Hausbanken ohne Verhandlung akzeptiert. „Bei uns geht es ja nicht um dreimal im Jahr 200.000 Euro, sondern um einmal“, sagt Lünnemann, „aber die Banken konkurrieren darum.“ Lünnemann achtet stets darauf, liquide zu bleiben. Obwohl sein Unternehmen mit einer komfortablen Eigenkapitalquote von mehr als 50 Prozent gut dasteht, lehnt er die Festgeldangebote seiner Banken mit Laufzeit von einem Jahr immer wieder ab.

Wie Lünnemann halten es viele Mittelständler. Unkompliziert muss die Anlage sein, sowohl in der Organisation wie in ihrer Struktur. Finanzprodukte, die nur schwer verständlich sind, lösen bei Mittelständlern Misstrauen aus. „Wir legen nur in solche Produkte an, die sich schon auf dem Markt bewährt haben“, sagt Delticom-Finanzvorstand Schuhardt, „was nutzt uns eine neuartige steueroptimierte Anlage, wenn die Konstruktion anschließend vom Finanzamt zerlegt wird.“

Banker vergessen oft, dass anders als bei Großkonzernen, die ganze Hundertschaften von Finanzleuten beschäftigen, Mittelständler das Anlagegeschäft gleichsam nebenher erledigen. „Die Kapitalanlage wird häufig geradezu als lästig empfunden, weil sie nicht zur Kernkompetenz des Unternehmers gehört“, sagt Experte Pachl von der Landesbank Baden-Württemberg. Doch letztendlich müsse sie wie jede andere Investition des Unternehmens geplant werden. Häufig träumten Unternehmer – wie private Gelegenheitsspekulanten – vom heißen Finanztipp, um dick Kohle zu machen. „Doch den heißen Tipp gibt es nicht“, betont Pachl.

Risiko. Denn trotz der weitverbreiteten Vorsicht der Mittelständler gilt auch: Eine nennenswerte Gruppe von mittelständischen Anlegern hat sehr ehrgeizige Renditeziele. Auf die Frage nach der erwarteten Rendite gaben immerhin 13 Prozent der Befragten der Commerzbank-Studie an, dass sie eine Rendite von weniger als zehn Prozent als zu gering betrachteten. „Der Unternehmer ist es gewohnt, Risiken einzugehen“, sagt Jürgen Böhmer, Anlagespezialist der Raiffeisenbank Kleinwalsertal. Dieses Risikoverständnis setze so mancher Firmeninhaber auch bei der Kapitalanlage ein. Ein Firmeninhaber, der in seinem Unternehmen eine Eigenkapitalrendite von zehn Prozent erreicht, tue sich schwer damit, bei einer Kapitalanlage maximal fünf Prozent zu akzeptieren.

Ein Denkfehler, denn im Gegensatz zur Investition unterliegt die Kapitalanlage nicht dem direkten Einfluss des Unternehmer und basiert auch nicht auf seinen Marktkenntnissen. „Die Kapitalanlage soll doch nur die Liquidität ertragreich und sicher parken, bis sie für andere Investitionen innerhalb des Unternehmens wieder eingesetzt wird“, sagt Böhmer.

Kosten und Steuern. Über ihre ehrgeizigen Renditeziele vernachlässigen viele Unternehmer, dass ihre Banken nicht aus Uneigennützigkeit ihre Produkte an den Mann bringen wollen. So raten Bankberater gern zu länger laufenden Anlagen wie Fonds oder Beteiligungen, weil sie an Festgeld oder Termineinlagen nicht viel verdienen. Und viele Unternehmer schauen nur auf die Rendite und Laufzeit, vernachlässigen jedoch die Kosten einer Geldanlage. Bei jedem Investment fallen schließlich Provisionen, Verwaltungsgebühren oder Ausgabeaufschläge an, die die Rendite schmälern.

„Unternehmer nutzen viel zu selten ihr Verhandlungspotenzial, denn zum Teil lassen sich bis zu 80 Prozent geringere Kosten aushandeln“, sagt Karl August Niggemann, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Wirtschaftsberatung in Meinerzhagen. Bei einer Geldanlage in einer Größenordnung von 500.000 Euro bedeuteten 0,3 Prozentpunkte, die der Kunde mehr oder weniger für die Dienstleistungen seiner Bank zahlen muss, schließlich eine Summe von 1500 Euro pro Jahr.

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