Nikolaus Knauf wird 80 „In jedem steckt ein kleiner Barbar“

Der „Gipskönig“ wird 80: Nikolaus Knauf ist der Patriarch des gleichnamigen Baustoff-Konzerns. Der Jubilar über seine Philosophie, sein Verständnis für Kremlchef Wladimir Putin und seinen Stolz, Steuern zu zahlen.

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Der Firmenpatriarch ist ein Freund Russlands. Quelle: action press

Iphofen Das Wort, das manche nur bespötteln, spricht er mit Stolz aus: „Ja, ich bin Putin-Versteher“, sagt Nikolaus Knauf, der „Gipskönig“ aus dem fränkischen Iphofen. Der Familienunternehmer war schon 1991 im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion aktiv geworden – und erwarb die erste Fabrik in St. Petersburg, wo der heutige Staatspräsident Wladimir Putin in der Kommunalverwaltung arbeitete.

Die engen Bande zu Russland sind geblieben, Knauf hat Putin seitdem oft getroffen. Und sein Baustoff-Konzern (Gesamtumsatz: 6,5 Milliarden Euro) hat dort seit 1992 exakt 13 Werke in Betrieb genommen. Die aktuelle Krise nimmt Senior Nikolaus Knauf, der wie sein Vetter Baldwin über 50 Prozent der Anteile disponiert, demonstrativ gelassen. „Wir investieren weiter. Die Firma Knauf ist schuldenfrei. Sie hat in keinem Land größere Verbindlichkeiten“, sagt der Vertreter der zweiten Generation des 1932 gegründeten Unternehmens.

Der Patriarch, mit blauem Anzug und gelber Krawatte sowie Einstecktuch korrekt gekleidet, bedauert, dass die Deutschen in Konfrontation zu Putin stehen. Zur aktuellen Krise und den Sanktionen gegen Russland fordert Knauf mehr Diplomatie: „Die gegenwärtige Erstarrung muss aufgebrochen worden. Unter Willy Brandt und Walter Scheel ist das vor 45 Jahren doch auch gelungen.“ Und: „Die Aufrüstung der Welt ist ein absurder Gedanke.“

Rund fünfmal im Jahr reist der Ost-Pionier nach Russland. Er registriert eine aus seiner Sicht erfolgreiche Umstellung auf Eigenproduktion. Lebensmittel und Textilien würden nicht mehr importiert. Das lasse Chancen auf Ansiedlung. Den Rückgang des gewerblichen Anlagenbaus will Knauf über privaten Fertighausbau ausgleichen. Der Umsatz in Russland sei, in Rubel gerechnet, gleich geblieben, nur nach der Umrechnung in Euro ergäben sich heftige Einbußen.

Als neue Wachstumsstars nennt der Unternehmer nun China, Malaysia und Indien. In Zukunft peile seine Gruppe weitere Zukäufe an, womöglich beschäftige man sich auch mit weiteren Baustoffen. Einen Börsengang aber lehnt Nikolaus Knauf strikt ab: „Wir können alles leicht aus uns selbst heraus finanzieren. Und jederzeit immer kaufen. Überall haben wir genügend Kapital.“

Spricht man ihn auf seine persönliche Bilanz an, wird der plauderfreudige Patriarch einsilbig. Er redet nicht gern über sich selbst. Schließlich erklärt er, stolz darauf zu sein, „dass unsere Arbeiter mehr bekommen als andere, und dass wir die besten Steuerzahler in einem Bezirk sind: Mehr brauchen Sie nicht, um Vorbild für Ihr Umfeld zu sein.“ Sein „teuerstes Problem“ seien die Entschädigungen für fehlerhafte Gipsplatten gewesen, die vor Jahren aus China in die USA geliefert worden waren.

Privat liest Nikolaus Knauf am liebsten Geschichtsbücher. Es sei alles schon mal dagewesen, stelle man dann schnell fest. Eine weitere Erkenntnis: „In jedem von uns steckt ein kleiner Barbar. Er muss bekämpft werden.“

Knauf ist einer jener deutschen Mittelständler, die frühzeitig auf Globalisierung setzten. Heute erwirtschaften die Iphöfer nicht mal 20 Prozent des Umsatzes im Inland. An diesem Freitag wird der Architekt dieses Weltunternehmens 80 Jahre alt.

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