Öffentlichkeitsarbeit Wie Anwaltskanzleien zu starken Marken werden

Ein einziges prominentes Mandat kann alles auf den Kopf stellen: Die Arcandor-Pleite machte Görg Rechtsanwälte auf einen Schlag bekannt. Im Kanzlei-PR-Ranking des Handelsblatts stand Görg noch vor einem Jahr auf Platz 46 - und katapultierte sich im neuen Ranking auf Platz eins. Wie Juristen durch medienwirksame Auftritte ihr Image polieren.

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Sieger der fünften Handelsblatt-Studie über die Öffentlichkeitsarbeit der 50 Topkanzleien ist Insolvenzspezialist Klaus Görg. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

DÜSSELDORF. Bevor Klaus Görg das Arcandor-Mandat im Juni bekam, war die Sozietät mit den Paradedisziplinen Insolvenzen und Restrukturierungen nur einmal in der Presse aufgefallen - danach 189-mal.

Dies ergibt die neue Handelsblatt-Studie über die Öffentlichkeitsarbeit der führenden Wirtschaftskanzleien zusammen mit der Medienanalyseagentur Landau Media aus Berlin und der PR-Beratung Faktenkontor aus Hamburg. Die Studie wurde jetzt zum fünften Mal erstellt.

Ausgewertet wurden die 19 wichtigsten deutschen Tageszeitungen und Magazine wie "FAZ", "Süddeutsche Zeitung", "Welt", "Financial Times Deutschland", Handelsblatt, "Zeit", "Spiegel", "Stern", "Wirtschaftswoche" und "Capital". Die Medienbeobachter erfassten redaktionelle Artikel, in denen ein Kanzleiname auftaucht sowie Gastkommentare aus der Feder von Anwälten. Die Basis der untersuchten Law Firms war dabei das aktuelle "Juve"-Ranking der renommiertesten Top-50-Kanzleien. Der untersuchte Zeitraum lag zwischen Anfang September 2008 und Ende August 2009.

Die Studie im Detail: Schlagartig wurde der Name Görg ab Juni 2009 landauf landab bekannt. Er zählte zwar schon vorher zu den Top-50-Namen in Deutschland, war dort aber eher im Mittelfeld angesiedelt. "Lichtgestalt", "Graue Eminenz und knallharter Krisenmanager" oder "Für die Ruhe im Chaos zuständig" lauteten die überschwänglichen Headlines. Kritische Töne und Blessuren am Image folgten später, als im Herbst die Arcandor-Tochter Quelle wider Erwarten nicht zu retten war. Doch der Siegerplatz für Görg dürfte ein Ausreißer sein, reist die Kanzlei doch auf dem zwischenzeitlichen zugkräftigen Ticket namens Karstadt, Arcandor und Quelle. Auf Platz zwei, drei und vier folgen diejenigen, die im Vorjahr die ersten drei Sieger stellten und die seit Jahren Kontinuität an der Spitze beweisen: Freshfields (172 Artikel), Linklaters (169) und Clifford Chance (132). Ihnen folgt mit gehörigem Abstand Gleiss Lutz mit 96 Beiträgen.

Im Fünf-Jahres-Vergleich hat sich Heuking Kühn von Platz 22 auf 14 hochgearbeitet, Taylor Wessing von 17 auf zwölf und Allen & Overy von elf auf sieben. Abgestürzt ist Flick Gocke Schaumburg von Platz sechs auf 13, Lovells von vier auf acht und Hengeler Mueller von fünf auf neun. In dieser Zeit hat sich die Gesamtzahl der gefundenen Artikel um zwölf Prozent auf 1 886 erhöht.

Womit die Juristen in die Presse kamen? 32 Prozent erschienen im Gefolge von medienwirksamen Mandaten, meist Opfer der Finanzkrise und Insolvenzen - das waren vor fünf Jahren erst 24 Prozent. Zudem haben sich Anwälte inzwischen einen festen Platz als Experten neben Analysten und Unternehmensberatern erobert. Immer häufiger werden sie um ihre Einschätzung gebeten: In 30 Prozent aller Artikel treten sie in dieser Rolle auf. In elf Prozent der Stücke waren sie selbst die Autoren, der Geschäftsentwicklung von Kanzleien widmeten sich fünf Prozent. "Das zeigt, dass sich die meisten von ihnen noch immer schwertun mit ihrer Rolle als mittelständische Dienstleistungsunternehmen und Transparenz vermeiden wollen", kritisiert Medienexperte Uwe Mommert, Geschäftsführer von Landau Media.

Wovon die aufgefundenen Artikel mit und über Anwälte handelten? An erster Stelle ging es um Insolvenzrecht - das stand vor fünf Jahren auf dem elften und letzten Platz. Dem folgte Banking und Investment sowie Arbeitsrecht und M&A. Letzteres war vor fünf Jahren ein heißes Thema und auf Platz eins.

Positiv und negativ

Und wer kam am besten weg? Freshfields hatte die meiste positive Presse. Dies, weil sie im Ranking des Fachblatts "Juve" mit an der Spitze lagen und auch bei der Oskar-Verleihung der Anwälte mehrere Awards erhielten, und vor allem weil sie im M&A-Bereich so eine starke Stellung haben. Ihnen folgt Linklaters und Clifford Chance. Die ganz überwiegende Mehrheit der Artikel wurde als neutral gewertet.

Linklaters galten aber zugleich auch die meisten Negativzeilen, vor allem wegen eines Themas: Dass die Kanzlei das Bundeswirtschaftsministerium unterstützte beim Entwerfen eines Gesetzestextes - aber gleichzeitig für Banken als Mandanten arbeitet. Als Entlasser unter den Law Firms machte sich Clifford Chance einen unrühmlichen Namen und landet dadurch auf dem zweiten Platz des Rankings der Negativpresse. Auf Platz drei steht Allen & Overy, insbesondere wegen ihres Rainmakers Rolf Koerfer, der Maria-Elisabeth Schaeffler berät. Er habe bei den Debatten wegen Conti eine "desaströse" Figur abgegeben, sagten Arbeitnehmer im Aufsichtsrat sowie Vertreter der Kapitalseite.

Relevanz bekam Allen & Overy auch ausgerechnet in der Regenbogenpresse - was der Markenbildung absolut dienen dürfte: Allein schon die Ankündigung, dass Chelsy Davy - die Freundin des britischen Prinzen Harry - im nächsten Herbst in London bei Allen & Overy nach ihrem Uni-Abschluss starten sollte, sorgte reichlich für Erwähnungen: von "Gala" bis "Bild".

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