Phoenix Contact-Chef Stührenberg "Nicht alles in Indien ist billig"

Indien bietet für deutsche Mittelständler große Chancen. Phoenix Contact ist seit über 20 Jahren auf dem Subkontinent aktiv. Im Interview spricht Geschäftsführer Frank Stührenberg über seine Erfahrungen in Indien.

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Frank Stührenberg im Phoenix Contact-Werk in Delhi Quelle: Sebastian Schaal

Herr Stührenberg, Was waren die Gründe für Phoenix Contact, 1992 nach Indien zu gehen? Warum hat es Sie nicht in ein anderes Land gezogen?
Unsere Produkte werden in der Industrie oder der Infrastruktur eingesetzt. Daher haben wir immer im Auge, wo Industrie und städtische Infrastruktur entstehen. Für beide Punkte ist die Größe der Bevölkerung eines Landes ein guter Indikator. Wo es viele Menschen gibt, muss irgendwann eine Industrie und Versorgungskette entstehen – um ausreichend Güter zu produzieren, damit die Bevölkerung mit Lebensmitteln und Geräten versorgt wird. Anfang der 1990er Jahre ist beim Blick auf diese Punkte Indien mit auf die Agenda gekommen.

Zur Person

Welche Hürden mussten Sie in den 1990er Jahren überwinden?
Der Markteintritt in Indien war zu dieser Zeit sicher nicht einfach. So mussten wir uns zum Beispiel einen Joint-Venture-Partner suchen, alleine durften wir kein Tochterunternehmen aufbauen. An diesem Joint Venture durften wir auch maximal 51 Prozent halten. Der Rest musste an einen oder mehrere Partner gehen – den wir erst einmal finden mussten.

Welche Anforderungen hatten Sie da auf dem Papier?
Ein potenzieller Geschäftspartner muss unseren unternehmerischen Anforderungen gerecht werden. Er darf nicht aus dem Sumpf der Korruption kommen, sondern muss auch verstehen, dass westliche Unternehmen anders agieren und funktionieren. Diesen Joint-Venture-Partner haben wir dann in Dinesh Parwanda gefunden und arbeiten bis heute mit ihm zusammen.

Sind Wissen und Kontakte eines lokalen Managers in einem so speziellen Markt wie Indien von Hilfe?
Das hilft auf jeden Fall weiter. Für uns ist es sehr schwer, ein Land mit 29 relativ unabhängig agierenden Bundesstaaten und 21 Amtssprachen zu koordinieren. Die unterschiedlichen Steuersysteme, Handels- und Vertriebsstrukturen kennt ein indischer Manager viel besser. In einem Emerging Market, der sich deutlich schneller entwickelt als ein reifer Markt in Europa, ist ein „Local“ von großer Bedeutung – zum Beispiel auch in China. Aus diesem Grund hält Dinesh Parwanda immer noch ein Prozent von Phoenix Contact Indien, damit wir weiter in einer förmlichen Joint-Venture-Situation sind – obwohl es rechtlich nicht mehr notwendig ist.

Ist auch in China Ihr Joint-Venture-Partner noch an Bord?
Ja, auch er ist noch dabei. Natürlich haben wir das Bestreben, irgendwann unser unternehmerisches Geschick selbst in die Hand zu nehmen. Aber gerade in den Emerging Markets ist es, wenn es gelungen ist, den richtigen Partner zu finden, ein hoher Wert, ihn im Boot zu halten und möglichst lange den Weg gemeinsam zu gehen.

Indien in Zahlen

Würden Sie es heute – ohne den rechtlichen Zwang – wieder so machen?
Das will ich nicht pauschal sagen. Wir hatten auch erfolgreiche Markteintritte mit 100-prozentigen Tochterunternehmen. In Russland und Brasilien waren wir von Anfang an alleine unterwegs. Wir prüfen jedoch, ob uns eine Partner-Konstellation geeigneter erscheint. Wir schließen diese Option gerade für Schwellenländer, die von außen nur schwierig zu beurteilen sind, nicht aus. Zum Beispiel in Kolumbien sind wir gerade in den Markt eingetreten – mit einem Partner.

Kommen wir auf die Hürden beim Markteintritt in Indien zurück. Hat sich die Lage Ihrer Erfahrung nach verbessert? Ist es heute für ein deutsches Unternehmen einfacher als vor 25 Jahren?
Grundsätzlich hat es sich nicht geändert. Es ist nach wie vor schwierig, da es in Indien nach meiner Meinung eine auf Marktabschottung ausgerichtete Zollpolitik gibt. Wir zahlen immer noch höhere Zölle in Indien als auf anderen Märkten. Dennoch muss man festhalten, dass es transparenter und verlässlicher geworden ist.

Wie meinen Sie das?
In den 1990er Jahren wurde immer wieder Material im Zoll festgehalten. Es hieß, die Ware sei in der falschen Tarifklasse deklariert – obwohl wir nichts geändert hatten. Der Treiber dahinter war die Korruption. Das hat sich ein Stück weit gebessert. Zudem müssen wir nicht mehr mit unzähligen Customs-Agents zusammenarbeiten, die einen bestmöglich durch das Zoll-Dickicht bringen.

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