Der Nächste, bitte! Das Wartezimmer mit den schwer lädierten Patienten leert sich allmählich. Heute Mittag erhielt auch Q-Cells seinen Befund: Nicht mehr zu retten! Morgen wechselt der einstige Branchenprimus auf die Intensivstation. Zuletzt stand das „Q“ in Q-Cells nur noch für Qual.
Die Lage in der deutschen Solarwirtschaft wird immer dramatischer. Nach Solarhybrid, Solar Millennium und Solon ist die Insolvenz von Q-Cells, die morgen beim Amtsgericht in Dessau beantragt werden soll, die vierte Groß-Pleite in der deutschen Solarbranche. Hinzu kommen Pleiten von mittelständisch geprägten Unternehmen wie Ralos New Energy, Scheuten und Odersun.
Die Q-Cells-Bilanz des vergangenen Jahres war verheerend: Im Zahlenwerk der Ostdeutschen wurde ein Verlust von 846 Millionen Euro ausgewiesen, und ein Umsatzeinbruch um ein Viertel auf rund eine Milliarde Euro. Der immense Verlust hat das Eigenkapital nahezu vollständig vernichtet.
Bisher plante der Solarkonzern einen radikalen Schulden- und Kapitalschnitt, er hatte dafür die Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger, die Anleihen über mehrere 100 Millionen Euro besitzen. Doch schon vorige Woche gab das Unternehmen aus Bitterfeld das Scheitern des Sanierungsplans bekannt. Minderheits-Gläubiger würden mit Klagen gegen das Konzept vor Gericht voraussichtlich Recht bekommen würden. Der Sanierungsplan sah vor, dass die Gläubiger zu Haupteigentümern würden. Doch der Sanierungsplan der Unternehmensführung kam zu spät und ist gescheitert.
Die Solarbranche in Deutschland leidet unter massiven Überkapazitäten und einem immensen Preisverfall, der vor allem durch starke Konkurrenz aus China ausgelöst wurde. Zusätzlich belastet, dass die Solarförderungen drastisch zusammengestrichen werden. Das ist die eine Seite. Andererseits haben aber die Chinesen überhaupt erst dafür gesorgt, dass Strom aus Solaranlagen bezahlbar wurde und an die immer wieder heraufbeschworene Netzparität nun endlich heranreicht.
Dankesbriefe nach Peking?
Anhänger der Energiewende müssten eigentlich Dankesbriefe gen Peking schicken. Tun sie aber nicht. Sie lamentieren lieber und klagen Anti-Dumpingzölle ein, mit denen sie sich vor asiatischen Wettbewerber schützen wollen. Würde es die chinesischen Billigproduzenten nicht geben, dann hätten Solarworld, Q-Cells oder Solon vielleicht noch Eigenkapital oder sogar ordentliche Gewinnspannen. Aber die Systemkosten für die Photovoltaik läge wohl um mindestens 30 Prozent höher.
Solaranlagen haben uns in den vergangenen drei Jahren rund 24 Milliarden Euro gekostet. Bis 2015 wird sich diese Summe auf weit über 50 Milliarden erhöht haben, die der deutsche Stromzahler über das EEG-Zulage berappen musste.
Und was wurde mit den Milliarden erreicht? Unter anderem wurde eine Branche aufgebaut, die auf dem Weltmarkt nicht mehr mithalten kann. Die in Deutschland zehntausendfach subventionierte Jobs schaffte, die nun wieder verschwinden. Selbst Dauer-Optimist Frank Asbeck, Chef von Solarworld, zog kürzlich ein verheerendes Fazit: Es gebe in der gesamten Branche kein Unternehmen mehr, das noch schwarze Zahlen schreibe, sagte Asbeck.
Noch drastischer schätzt Klaus-Dieter Maubach, Technologie-Vorstand beim Energieversorger E.On, die Lage ein: Deutschlands Solarindustrie werde in den kommenden fünf Jahren angesichts des Wettbewerbs aus China „verschwinden“. Nicht ein einziger Arbeitnehmer werde dann noch bei den deutschen Solarunternehmen arbeiten, denn die seien dann alle pleite, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg Maubach.