Sattler-Branche „Drei Pferde sichern einen Arbeitsplatz“

Eine kleine Branche mit langer Tradition behauptet sich bundesweit erfolgreich im Schatten der Öffentlichkeit. Die Zunft der Sattler exportiert Pferdesättel rund um den Globus.

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Georg Kannemeier, Geschäftsführer des Reitsattel- Herstellers Passier & Sohn, präsentiert am 04.09.2015 in dem Unternehmen in Langenhagen in der Region Hannover (Niedersachsen) Reitsättel. Der Betrieb ist schon seit 1867. Quelle: dpa

Hannover „Drei Pferde sichern einen Arbeitsplatz“, sagt Georg Kannemeier. Der Vorsitzende der Fachgruppe Pferdesport im Bundesverband der Sportindustrie (BSI) muss es eigentlich wissen. Auf der internationalen Fachmesse „Spoga Horse“ in Köln spürte er mit Vertretern der Branche aus dem In- und Ausland kürzlich den Trends auf und unterm Sattel nach. „Deutschland ist mit Abstand der größte Reitsportmarkt, den es weltweit gibt - aber zugleich ist er auch der umkämpfteste“, sagt der Geschäftsführer des renommierten Traditionsherstellers G. Passier & Sohn aus Langenhagen bei Hannover.

Der Betrieb ist schon seit 1867 im Geschäft und sieht sich selbst mit einer Produktion von 4.000 bis 6.000 Sätteln pro Jahr als Marktführer im Reitsattelgeschäft. Niedersachsen gilt nach Nordrhein-Westfalen als eine der bedeutendsten deutschen Pferderegionen – und damit als Sattler-Land. „Im ganzen Land kommen wir auf 173 Sattlerei-Betriebe“, sagt Hannovers Handwerkskammer-Sprecherin Brigitte John.

Allerdings bringen nicht alle davon Ross und Reiter auf Trab: Viele Sattler möbeln auch abgewetzte Ledersitze von Oldtimer-Fahrzeugen auf oder stellen wie die in Oldenburg ansässige Manufaktur Ackermann edle Lederwaren her. Offizielle Zahlen der kleinen, aber feinen Branche sind Mangelware. Viele der Unternehmen sind Familienbetriebe - sie halten sich bedeckt mit Angaben zu Umsatz und Gewinn.

Neben Passier sieht der BSI die Firmen Kieffer in München, Sommer in Pirmasens und Stübben in Krefeld bundesweit unter den Top vier der Branche. Die Niederrhein-Stadt hat eine lange Tradition: Auch die Wurzeln des heutigen Pariser Luxustaschen-Herstellers Hermès gehen auf einen deutschen Sattler zurück, der seine Produkte an der Seine später auf edle Taschen umstellte. Doch begehrt sind vor allem hochwertige Freizeitsättel - nicht nur bei Reitern, sondern auch bei Dieben, die immer wieder ganze Sattelkammern leeren.


„Gute Sattelhersteller sind Mangelware“

„Die Trends gehen zu breiteren Sitzflächen, auf denen der Reiter sein Gewicht besser verlagern kann“, sagt Sprecherin Sarah Kraft von der Kölner Spoga-Messe, „denn der Sattel muss ja passen, damit der Reiter mit dem Pferd auch kommunizieren kann.“ Immerhin wird der Sattel als wichtigstes Bindeglied zwischen Pferd und Reiter auch im Zeitalter der Digitalisierung noch immer aufwendig von Hand gefertigt. Damit sind Pferdesättel teuer - vor allem, wenn sie dem Pferd angepasst nach den Wünschen des Käufers individuell hergestellt wurden.

Ein guter Dressursattel kann leicht schon mal den Wert eines gebrauchten Mittelklassewagens erreichen. „Nach oben ist die Spanne der Preise offen“, sagt Sabine Wilp von der Handwerkskammer Hannover.

„Gute Sattelhersteller sind Mangelware“, sagt Gerd-Jürgen Just und schätzt: „Rund 90 Prozent aller Sattel passen nicht optimal aufs Pferd – das ist schon eine hohe Kunst.“ Im Betrieb seiner Frau Anke im Emsland sind ständig 500 Sättel vorrätig, sagt er. Zusätzlich zu drei Eigenmarken sind rund 25 Marken, die exklusiv in Schottland oder Italien hergestellt und nach Kundenwünschen individuell angepasst werden. „Es ist heute schwieriger, einen guten Sattel gebaut zu bekommen als ihn zu verkaufen“, sagt Just.

Kein Wunder, dass Sättel aus Deutschland auch im Ausland begehrt sind. Neben Dubai, Russland, den Benelux-Staaten und der Schweiz kommen die Kunden auch aus dem außereuropäischen Ausland. Bei Passier mit seinen rund 80 Mitarbeitern gehen rund 40 Prozent der Produktion in den Export – vor allem in die Benelux-Staaten, aber auch Japan oder Skandinavien. Der Betrieb liefert allerdings nicht an den Endverbraucher, sondern nur an Weiterverkäufer.

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