Sennheiser Die Audio-Legende mit Techniker-Image

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Sennheiser-Flops und 50.000-Euro-Kopfhörer

Nicht alles, was Sennheiser anfasste, war von Erfolg gekrönt. Das muss auch Werks-Original Peter Arasin einräumen. Der Vocoder VSM 201 aus dem Jahr 1978 etwa ging als Flop in die Firmengeschichte ein.

Die Sprachverschlüssler wurden ursprünglich beim Militär zur Verschlüsselung und Verfremdung von Sprache eingesetzt. In den 60ern wurde das Gerät von der Popmusik entdeckt und gehört seitdem zu den angesagten Elektronik-Gadgets im Studio.

Bands wie Kraftwerk haben den Vocoder bei Alben wie "Menschmaschine" und "Computerwelt" benutzt. Trotzdem war dem Gerät für Sennheiser kommerziell kein Erfolg beschieden, die Produktion wurde eingestellt. Heute fristet der VSM 201 sein Dasein als Legende in Sammlungen historischer Synthesizer.

Sennheisers Top-Kopfhörer Orpheus Quelle: Mehmet Toprak

Trends der Pop-Kultur will Sennheiser nicht mehr verpassen. Eine eigens installierte Innovation AG mit Sitz und Zürich versucht sie aufzuspüren und passende Produktkonzepte zu entwickeln. So kommen beispielsweise schon seit 2006 schicke Mobilkopfhörer in den Handel. Gedacht sind sie für Menschen, die unterwegs oder beim Sport gerne Musik über MP3-Player oder Smartphones hören. Bei Produkten wie den Mobilhörern aus der Momentum-Serie verbinden sich lifestyliges Design mit der soliden Technik, die man von Sennheiser gewohnt war.

Paukenschlag zum Firmenjubiläum

Zum 70. Firmenjubiläum wollte es das Unternehmen nochmal wissen – und stellte mit dem Orpheus einen absoluten Highend-Kopfhörer vor. Dessen Vorgänger, der Orpheus aus dem Jahr 1991, galt lange als bester Kopfhörer der Welt. Schon damals war der Preis von 30.000 Mark happig.

Der neue Orpheus kostet allerdings gleich 50.000 Euro und beansprucht schon jetzt, kurz vor der Markteinführung, den Thron der Kopfhörer-Welt. Er soll wieder ein "Ingenieursmeisterstück" sein, wie Sennheiser vollmundig verspricht.

Der elektrostatische Kopfhörer verbindet Röhren- mit Transistortechnik. Das Gehäuse des Röhrenverstärkers ist aus Carrara-Marmor und auf Federn gelagert. Die Röhren sind zusätzlich von einer Hülle aus Quarzglas umgeben. Solche Maßnahmen sollen jeglichen Einfluss von Trittschall oder Vibrationen unterbinden.

Kopfhörer für anspruchsvolle Hörer
Spitzenklasse: Stax SR-009 Quelle: Presse
Stax SRS-4170 Quelle: Presse
AKG Q701 Quelle: Presse
Pioneer SE-Master 1 Quelle: Presse
Audeze LCD-X Quelle: Presse
Audeze LCD-3 Quelle: Presse
Astell&Kern AK T8iE Quelle: Presse

Schon ein 15-minütiger Hörtest in den Sennheiser-Hallen zeigt: Die klanglichen Qualitäten des Orpheus sind beeindruckend. Ein Hörer, der die Musik so direkt, so realitätsnah und mit einer perfekt nachgebildeten Räumlichkeit wiedergibt, ist derzeit nicht zu finden.

Der Edel-Kopfhörer ist sicher kein Gerät für den Massenmarkt. Dafür sind allein schon die Fertigungskapazitäten der Produktionsstätten in Wedemark begrenzt. Pro Tag soll maximal ein Orpheus gebaut werden. Mit dem Orpheus setzt Sennheiser aber ein Signal an all jene Highend-Fans, die der Marke Sennheiser nie so ganz gewogen waren. Zwar galten die Modelle aus Hannover als hochwertige Hörer mit neutraler und präziser Musikwiedergabe, doch genussorientierten Musikliebhabern fehlte gelegentlich das Quäntchen Abrundung und Musikalität, das wirklich große Anlagen auszeichnet. Hohe Auflösung und glatter Frequenzgang sind eben nicht alles.

Geändert hat sich dieses Image erst mit dem HD 800, der 2009 auf den Markt kam und auch anspruchsvollen Musikhörern Respekt abverlangte. Doch selbst der provozierte an der ein oder anderen Stelle noch leise Kritik, klang er doch manchen eine Spur zu analytisch. Auch der HD 800 ist eben ein Produkt einer Ingenieurskultur, deren Anfänge in der Messtechnik liegen. Das Röhrenvoltmeter lässt grüßen.

Allerdings hat Sennheiser bei seinem Kopfhörer-Flaggschiff nachgebessert. Seit Mitte Dezember gibt es eine überarbeitete Version, den HD 800 S. Der Test zeigt: Der äußerlich nahezu baugleiche Hörer ist im Bereich der oberen Bässe und Mitten einen Tick kräftiger und klingt so gleich deutlich voller, harmonischer und "musikalischer" als der HD 800. Ein richtiger Top-Kopfhörer, der nicht nur Technik-Fans, sondern auch die Genießer des feinen Klangs begeistern könnte.

Das von Ingenieuren getriebene Unternehmen Sennheiser hat also eine Lektion gelernt. Und Lernfähigkeit ist genau das, was Unternehmen auch auf lange Sicht erfolgreich macht.

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