Stadlbauer-Gruppe Carrera verlässt die Kinderzimmer

Seit 1999 beglückt das Familienunternehmen Stadlbauer mit seinen Carrera-Bahnen große und kleine Hobby-Rennfahrer. Mit ferngesteuerten Modellen wollen die Österreicher ihre Flitzer nun auch auf echten Asphalt bringen.

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Klassiker Carrera Bahn: Die Rennstrecken stehen seit den 1960er Jahren in Kinderzimmern und Hobbykellern.

Salzburg Bei 96 Prozent Marktanteil ist das Wachstumspotenzial eines jeden Unternehmens eng begrenzt. Das hat auch Andreas Stadlbauer erkannt, der Chef der gleichnamigen Salzburger Familienfirma. Seit mehr als einem Jahrzehnt gehört ihr die Marke Carrera – der Quasi-Monopolist bei Rennbahnen. Deshalb will Stadlbauer jetzt ins Geschäft mit ferngesteuerten Modellen für draußen einsteigen.

„Dieser Bereich wird einmal größer werden als unser angestammtes Geschäft“, sagte der 44-Jährige im Gespräch mit dem Handelsblatt. Zum Beleg macht der Unternehmer eine einfache Rechnung auf: Nur zwei Prozent des gesamten Spielwarenmarkts entfallen auf Autorennbahnen. Dieses Geschäft hat der Firmenchef im deutschsprachigen Raum fest in der Hand. Sechs bis acht Prozent hingegen machen ferngesteuerte Modelle aus, also Fahrzeuge, Schiffe, Hubschrauber und Flugzeuge. Stadlbauer: „Dieses Segment ist also viermal so groß und deshalb hochinteressant für uns. Wir wollen da in zwei Jahren Marktführer sein.“

Stadlbauer hat Carrera 1999 gekauft. Damals war die Nürnberger Marke schwer angeschlagen. Seither hat es das Familienunternehmen geschafft, Kinder und Erwachsene zufriedenzustellen. Ein Spagat, an dem der traditionsreiche Modelleisenbahnbauer Märklin vor zwei Jahren gescheitert ist

Technisch und vom Design her aufwendige Rennautos sind bei Carrera für die ältere, zahlungskräftige Kundschaft konzipiert - immerhin wird jede zweite Rennbahn von Erwachsenen genutzt. Gleichzeitig aber bietet die Firma robuste und günstige Einsteigermodelle – die für Kinder und Jugendliche geschaffen sind. Netter Nebeneffekt: Die neuen Kunden haben sich schon einmal an die Marke gewöhnt. Und irgendwann werden auch sie zahlungskräftig sein.Märklin hingegen ging pleite, weil sich zuletzt fast ausschließlich Sammler für die zum Teil mehrere Hundert Euro teuren Loks und Waggons begeistert haben.

Das Geschäft mit Spielwaren ist im Grunde krisensicher, wenn ein Anbieter den Geschmack seiner Kunden auch nur einigermaßen trifft. Denn an den Geschenken für die Jüngsten wird auch in einer Flaute kaum gespart. So sind die Umsätze mit traditionellen Spielwaren in Deutschland zwischen 2006 und 2011 um mehr als 300 Millionen auf fast 2,6 Milliarden Euro geklettert.

Von dem Aufschwung hätten insbesondere bekannte Anbieter profitiert, meint Willy Fischel vom Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels. „Kinder schreiben auf ihren Weihnachtswunschzettel vor allem Spielzeuge, deren Marke sie kennen.“

Deshalb setzt auch Stadlbauer mit seinen neuen ferngesteuerten Modellen auf den seit Jahrzehnten eingeführten Namen Carrera, das spanische Wort für „Rennen“. Autos, Boote und Fluggeräte mit Fernsteuerung hatte Carrera zwar schon in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Angebot. Die letzten Jahre stand die Marke aber rein für Autorennbahnen. Drei Dutzend unterschiedliche sogenannte RC-Modelle hat Stadlbauer inzwischen bereits wieder im Angebot.


Kinder wollen Spielzeug, deren Marke sie kennen

Die Neuheiten zeichnen sich vor allem durch Batterien aus, die sich schneller laden lassen als die herkömmlichen Akkus und die deutlich länger halten. Das ist für Kinder enorm wichtig. Denn so bleiben die Autos seltener mitten im Rennen liegen – und können anschließend zügiger wieder eingesetzt werden.

40 Prozent der Umsätze werden in der Vorweihnachtszeit gemacht

Der Name Carrera wird weltweit von den unterschiedlichsten Firmen genutzt. Am bekanntesten sind wohl die Sportwagen von Porsche und die Spielzeug-Rennbahnen von Stadlbauer. Daneben gibt es aber auch Brillen unter dieser Bezeichnung sowie Rasierer, Fieberthermometer, Fahrrad- und Skihelme und viele Produkte mehr.

Am Samstag beginnt die wichtigste Zeit des Jahres für die Spielwarenbranche. Etwa 40 Prozent vom Umsatz machen Hersteller und Händler in den vier Wochen vor Weihnachten. Um das Geschäft in der Adventszeit macht sich Andreas Stadlbauer dieses Jahr allerdings keinerlei Sorgen: „Die ganze Branche ist gut unterwegs und auch wir werden ein schönes Plus haben.“

Kein Wunder – denn Carrera hat noch einen Helfer: Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel. Carrera ist seit Jahren Partner des Red-Bull-Teams von Vettel. Von den Carrera-Packungen mit dem Siegerwagen des Rennstars werden bis Heiligabend fast 100.000 Exemplare über die Ladentheken gehen.

DIE CARRERA-EIGENTÜMER

Stadlbauer-Gruppe Das Familienunternehmen aus Puch bei Salzburg erzielte zuletzt rund 150 Millionen Euro Umsatz. Wichtigste Marke ist Carrera. Doch daneben betreiben die Stadlbauers noch viele andere Geschäfte. Ende vergangenen Jahres hat die Familie die kleine, aber unter Kindern sehr populäre Seifenblasenfirma Pustefix aus Tübingen übernommen. Deren Portfolio baut Stadlbauer jetzt kräftig aus, unter anderem mit elektrischen Autos und Booten, die im Badezimmer Seifenblasen machen

Darüber hinaus vertreibt Stadlbauer die Spielekonsole Nintendo in Osteuropa. Zudem ist die Gruppe der Distributeur der bunten Plastikwelten von Playmobil und des Modellautoherstellers Burago in Österreich. Ihr gehören auch noch einige andere Spielzeugmarken, etwa Baufix und Pipi-Max.

Die Rennbahnen Die Autobranche kämpft mit dem Elektroantrieb, für Carrera ist das Alltag seit Anfang der 1960er-Jahre. Seither drehen die bunten Rennflitzer auf den schwarzen Plastikpisten ihre Runden. 1985 ging die Nürnberger Firma pleite, seit 1999 gehört die Marke zu Stadlbauer.

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