Start-up Hickies Weg mit den Schnürsenkeln

Schuhebinden ist von gestern, meinen die beiden Gründer des New Yorker Start-ups Hickies. Sie wollen die Schnürsenkel durch Gummibänder ersetzen. Eine gute Idee, die sogar Adidas als Investor angelockt hat.

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Mit Hickies sollen offene Schnürsenkel endgültig der Vergangenheit angehören. Quelle: PR

München Schlüpfst Du schon, oder schnürst Du noch? Für Mariquel Waingarten und Gaston Frydlewski  ist die Sache klar: Die beiden Gründer des New Yorker Start-ups Hickies haben die Schnürsenkel schon vor Jahren verbannt. In ihren Schuhen stecken stattdessen elastische Plastikbänder, die sich den Füßen anpassen.

Hickies sind mittlerweile weltweit ein Riesenerfolg, eine Million Packungen wollen die zwei Tüftler dieses Jahr an Mann und Frau bringen. „Klar sind die Hickies ein großer Schritt für jemanden, der sein ganzes Leben lang Schnürsenkel benutzt hat“, meint Waingarten. Und ergänzt: „Unser größter Wettbewerber ist die Gewohnheit.“ Doch vor allem Sportler würden die Vorteile schnell erkennen, weiß die 33-Jährige.

Schürsenkel die sich selbstständig öffnen, lästiges Drauftreten, Abreißen, und dann das nervige Binden, all das lässt sich mit den Hickies vermeiden. Das überzeugt inzwischen auch so manchen Sportstar. So wie Danny Willett, der diesjährige Gewinner der Masters Tournament in Augusta, eines der prestigeträchtigsten Golfturniere der Welt. Der 28-jährige Brite trägt Hickies bei allen Wettkämpfen, ohne dass die Firma ihm  je eine Packung geschickt, geschweige denn einen Sponsorenvertrag abgeschlossen hätte.

Dass ein Spitzensportler er wie Willett einmal mit Hickies die ganz große Bühne betreten würde, das war allerdings nicht unbedingt vorherzusehen. Mehr als ein Jahrzehnt hat das Paar für ihre Idee gekämpft. Waingarten und Frydlewski stammen aus Argentinien. Doch in ihrer südamerikanischen Heimat sahen die ehemalige Hotelbesitzerin und der frühere Investmentbanker keine Chancen, ihren Traum von einer Zukunft ohne Schnürsenkel umzusetzen.

Also zogen sie ins quirlige New York, nur um festzustellen, dass auch dort das Kapital nicht von den Wolkenkratzern fällt. Der Durchbruch kam  schließlich 2012 durch eine überaus erfolgreiche Kampagne auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter. Die spülte mit 159 000 Dollar sechs Mal so viel  Geld in die Kasse  als erwartet. Später stiegen dann auch Finanzinvestoren ein, darunter Hydra Ventures, die Risikokapitalsparte des fränkischen Sportkonzerns Adidas. Mehr als sechs Millionen Dollar haben Venture-Capital-Firmen inzwischen investiert.

Hickies zu nutzen ist ganz einfach. Erst einmal raus mit den Schnürsenkeln. Dann werden die elf Zentimeter langen, elastischen Bänder durch die Ösen gezogen und mit einem kleinen Knopf verschlossen. Nicht jedes Lochpaar braucht ein eigenes Band, für manchen Nutzer dürfte das zu eng sein. Eine Packung mit 16 Hickies schlägt mit 15 Euro zu Buche.


Bisher sind alle Versuche fehlgeschlagen

In Japan seien die Hickies besonders verbreitet, erklärt Waingarten. Kein Wunder, schließlich ziehen die Japaner jedes Mal die Schuhe aus, wenn sie eine Wohnung betreten. Doch auch ältere Menschen oder Schwangere würden es schätzen, wenn sie sich nicht jedes Mal beim Schuhe anziehen bücken müssen.

Dieses Jahr bringen Waingarten und Frydlewski bereits die zweite Generation Hickies in die Geschäfte. Die Zielgruppe wollen sie nun erweitern. Haltbarer sollen die Bänder sein, dazu dünner. Damit könnten künftig auch Fußballspieler die Hickies in ihre Stiefel einfädeln. Für die waren die Bänder bislang ungeeignet. Sollte mal ein Ball auf den Vollspann kommen, war das alles andere als angenehm. Zudem soll es eine kürzere Version für Kinder geben.

Zehn Millionen Dollar Umsatz streben die beiden Argentinier dieses Jahr an, 18 Mitarbeiter stehen auf der Lohnliste. Vom Schweizerischen Baar aus treiben sie inzwischen mit einer kleinen Crew auch das Geschäft in Europa voran. Hinter den USA und Japan ist Deutschland der drittgrößte Markt. Jedes Jahr geben die Deutschen mehr als elf Milliarden Euro für Schuhe aus, das zeigt das Potenzial für Hickies.

Gleichzeitig aber nimmt die Konkurrenz zu. Der Sportkonzern Nike hat gerade erst eine neue Technik vorgestellt, mit der sich Schuhe selbst schnüren sollen. 'Hyperadapt 1.0' heißt das Modell, das Fußballstar Cristiano Ronaldo im März erstmals vor aller Öffentlichkeit ausprobierte. Der begnadete Kicker hatte seinen Fuß gerade erst in den neuen Turnschuh von Nike eingetaucht, da schmiegte sich dieser bereits mit einem leisen Surren um den Knöchel - nicht zu fest, nicht zu locker, genau richtig. Auch Puma und die Adidas-Tochter Reebok haben Turnschuhe in der Kollektion, die auf Schnürsenkel verzichten. Gleichwohl, bislang sind alle Versuche der Marken fehlgeschlagen, breite Massen für solche neuen Ideen zu begeistern.

Dazu kommt: Auch einige andere Firmen sind angetreten, das Schuhe binden abzuschaffen. Leazy beispielsweise. Die Frankfurter verzichten zwar nicht auf Schnürsenkel. Doch die werden nicht gebunden, sondern sind elastisch und verhaken sich an der letzten Öse.

Mit einfachen, biegsamen Gummibändern wollen sich die zwei Wahl-New-Yorker dauerhaft auch nicht zufrieden geben. Moderne Technik würde integriert, kündigt Waingarten an, beispielsweise Sensoren. „Das ist der große Trend.“

Als nächstes werden allerdings erst einmal Schuhe schon ab Werk mit Hickies bestückt. Die südamerikanische Marke Topper macht den Anfang. Wie gut, dass die Verbindung in die Heimat nie abgerissen ist.

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