Start-up Paul Camper Coolness zu vermieten

Aus einem VW-Bulli wurde eine Flotte von 500 Wohnmobilen: Das Start-up Paul Camper will das Airbnb für den Campingbus werden – Romantik inklusive. Der Gründer hat sich jetzt eine siebenstellige Finanzierung gesichert.

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In ihrer ersten Finanzierungsrunde sammelt die Firma einen siebenstelligen Betrag ein. Quelle: Paul Camper

Berlin „Durch Australien reist man am besten mit dem Camper“, erklärt Dirk Fehse. Na klar, das sagen ja alle – vor allem, wenn man Mitte 20 ist, aus Deutschland und zum ersten, vielleicht auch einzigen Mal, am Ende der Welt urlaubt. Zuhause hatte Fehse Camping eher spießig gefunden, etwas für Gartenzwergbesitzer, die in den Ferien anstatt zu Hause in ihrem Wohnmobil vor dem Fernseher sitzen. „Joghurtschüsseln“, nennt er die Dinger, weil sie fast alle weiß sind, egal von welcher Marke.

Sie zu mieten ist fast überall recht teuer, dafür sind Dusche und Klo mit drin. In Australien, sagt Fehse, sei das cooler. Dort könne man sich für weniger Geld einen Camper leihen, einen umgebauten Transporter, oder Bus, oft auch noch bunt angemalt, ein Fahrzeug, das sagt: Guck mal, ich bin frei.

In Australien also entdeckte der BWL-Student Dirk Fehse aus Berlin seine Liebe zum Camping, aber erst Jahre später kam ihm die Idee. Inzwischen hatte er sich selbst einen von Hand ausgebauten Bus gekauft, einen VW T4, er nannte ihn Paul. Und weil er ein Zahlenmensch ist, hatte er sich ausgerechnet, wie oft er Paul, wann immer er ihn nicht brauchte, gegen Geld verleihen müsste, damit sich die Anschaffung rentiert. 2013, da war Fehse schon drei Jahre bei der Unternehmensberatung PwC, war es so weit: Er kündigte er seinen Job und gründete Paul Camper.

Auf der gleichnamigen Plattform kann man einen Camper oder auch ein großes Wohnmobil buchen oder sein Eigenes zum Verleih anbieten, anstatt es in die Garage zu stellen. Quasi wie Airbnb, nur für Camper. Und viel kleiner. Am Anfang habe das Start-up nur aus ihm, seinem Camper und einem Laptop bestanden, sagt Fehse. Dafür habe er sich von Anfang an aus dem Cashflow finanziert. Inzwischen beschäftigt er 13 Mitarbeiter und nimmt das erste Mal Kapital auf: Die Investitionsbank des Landes Brandenburg investiert über einen von ihr gemanagten Fonds eine siebenstellige Summe in Paul Camper.

Im Rückblick betrachtet sieht alles, was davor passierte, leicht aus, wie eine Art Camping-Urlaub von der Karriere. Das stimme so nicht, sagt Fehse, er und seine ersten Mitarbeiter hätten auf Vieles verzichtet. Urlaub zum Beispiel mache er gar nicht mehr, sein Paul fährt ohne ihn durch Europa, mit Gästen. Anstrengend war vor allem das Theater mit der Versicherung, die noch immer unklare Gesetzeslage in der Shareconomy, wer haftet, wenn Privatbesitz gewerblich vermietet wird? Erst vor kurzem hat Paul Camper einen Deal mit der Allianz abgeschlossen, die jetzt die ganze Flotte versichert, jeweils so lange wie die Camper vermietet sind.


Starke Community zum Schutz vor Konkurrenz

500 Fahrzeuge hat Paul Camper inzwischen unter Vertrag, darunter sind angemalte Bullis genau so wie große Wohnmobile mit Nasszelle. Durchschnittlich zahlen die Kunden 75 Euro pro Nacht, die Durchschnittsmietdauer beträgt 11 Tage. Mit der Finanzierung will Fehse die Plattform weiter ausbauen und auch in andere Länder gehen. Den Markt für Wohnmobilvermietung in Europa schätzt er auf eine Milliarde Euro.

Seine Konkurrenz, das sind zum Einen die großen Verleiher, die hauptsächlich neuwertige Wagen verleihen, die sie nach kurzer Zeit wieder verkaufen. Und dann gibt es noch ein weiteres Start-up, Campanda, das sich zunächst auf die Vermittlung von professionellen Vermietungen konzentrierte, inzwischen aber auch Privatverleiher adressiert. Bei Campanda sind prominente Investoren wie der Risikokapitalgeber Accel Partners mit insgesamt fünf Millionen Euro eingestiegen.

Dirk Fehse gibt sich gelassen. Was Paul Camper einzigartig mache, sei die Camper-Community, die sich auf der Seite versammelt und zum Beispiel vom Road-Trip in Kroatien schwärmt. „Wir sind echte Camper“, sagt Fehse. Wie wichtig das ist, dieses Gefühl von Authentizität, mit dem auch das große Airbnb spielt und die Konkurrenz weit abgehängt hat, habe er verstanden, als er damals seinen Paul an einen Anwalt verliehen hat, der damit einen Familienurlaub machen wollte.

„Die hätten sich auch locker was Anderes leisten können, aber die wollten genau das hier“, sagt Fehse. Das Muster, das jemand mit dem Daumennagel in das selbstgebaute Bettgestell geritzt hat, die kleine Beule im Schutzblech, die so aussieht, als habe man schon richtig was erlebt. Als wäre man wieder Mitte 20 und ans Ende der Welt gereist.

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