Start-up Wingly Verlobung über den Wolken

Mitflugzentralen wie das Start-up Wingly haben sich etabliert. Dafür sorgt auch die endlich klare Rechtslage. Die Nutzung dieser Plattformen wird zunehmend professioneller – für berufliche wie für private Anlässe.

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Zuvor registrierte Privatpiloten können ihren geplanten Flug und die Zahl der freien Plätze auf Wingly anderen Nutzern anbieten. Quelle: Wingly

Frankfurt Als Lars Klein und seine Mitstreiter im vergangenen Frühjahr ihre Mitflugzentrale Wingly in Deutschland an den Start brachten, waren es vor allem simple Rundflüge, die die Kunden buchten. Mehr als ein Jahr später wird die Plattform viel gezielter genutzt. Die Kunden würden Wingly immer stärker für gezielte Verbindungen nutzen, berichtet Klein.

Darunter sind auch der eine oder andere eher ungewöhnliche Anlass. Mehrfach wurden Flüge für Verlobungen über den Wolken gebucht – „einmal sogar mit großer Auslegung auf dem Feld 'Willst du mich heiraten?'“, berichtet Klein. Auch eine Anwaltskanzlei wurde schon im Himmel gegründet. Zwei Anwälte aus dem Ruhrgebiet hatten den Flug gebucht und währenddessen den Gesellschaftervertrag unterzeichnet.

Für Mitgründer Klein sind das klare Anzeichen für eine zunehmende Professionalisierung seiner Dienstleistung. Und es gibt noch mehr Belege dafür. „Flüge teilen ist nichts Neues. Piloten teilen ihre Kosten und Leidenschaft schon seit Beginn des Luftfahrtzeitalters“, so der Jungunternehmer. „Dass nun große Unternehmen wie die Allianz, Bose oder Jeppesen, eine Boeing-Firma, Wingly unterstützen, zeigt, dass man an die große Zukunft der allgemeinen Luftfahrt glaubt. Man möchte sie mitgestalten.“

So zum Beispiel die Allianz. Die Tochter Allianz Global Corporate & Speciality, einer der größten Luftfahrtversicherer auf der Welt, bietet seit einiger Zeit eine Zusatzversicherung für die Flüge an – ein wichtiges Zeichen für potenzielle Kunden. Denn in Foren wird nach wie vor darüber diskutiert, wie sicher solche Flüge sind.

Das System von Wingly ist simpel. Zuvor registrierte Privatpiloten können ihren geplanten Flug und die Zahl der freien Plätze auf die Plattform stellen. Wer mitfliegen will, muss sich registrieren und kann buchen. 80 Euro kostet etwa ein Platz bei einem Rundflug über Bonn. Auf der Strecke von Bremen nach Wangerooge ist für 60 Euro ein Platz zu haben. Bezahlt wird über Paypal oder mit der Kreditkarte. Natürlich geht es auch teurer: Der bislang höchsten Preis betrug immerhin 3000 Euro – für einen Flug in einem besonders hochwertigen Privatflugzeug.

Rechtslage ist auf Seiten der Anbieter

Rechtlich bewegen sich Mitflugzentralen seit knapp einem Jahr auf sicherem Terrain. Seit dem August vergangenen Jahres gilt eine neue EU-Verordnung, die alles klar regelt. Das Luftfahrtbundesamt und auch das übergeordnete Bundesverkehrsministerium hatten schon zuvor betont, dass Privatpiloten Passagiere auch gegen Geld mitnehmen dürfen - zum Selbstkostenpreis. Sprich: Die Kosten für den Flug werden durch die Zahl der Passagiere geteilt, inklusive Pilot.

Genauso werden auch die Preise bei Wingly kalkuliert. „Flüge online teilen und bewerben war nicht immer so einfach. Vor einigen Jahren war die Rechtslage noch nicht so klar, wie sie es heute ist“, sagt Klein. Piloten seien unsicher gewesen, ob man die Flüge bewerben dürfe. „Ganz wichtig ist, nicht kommerziell zu sein, sonst verliert man als einfacher Privatpilot den Versicherungsschutz. Da ist unsere Zusatzversicherung mit der Allianz, die bei jedem Wingly-Flug dabei ist, ein klares Zeichen an jeden Zweifler“, sagt Klein.

Gab es zum Start von Wingly in Deutschland vor mehr als einem Jahr rund 700 deutsche Piloten, ist die Zahl mittlerweile auf mehr als 5000 angewachsen. Gut 60.000 Nutzer zählt die Plattform zurzeit. „Dieser langanhaltende, große Erfolg zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Nicht nur die Gäste und Piloten profitieren, sondern auch die ansässigen Vereine und Flugplätze“, so Klein.

Wingly ist nicht das erste und einzige Portal dieser Art in Deutschland. Seit einiger Zeit bietet auch Flyt.club Plätze in Privatflugzeugen an. Und bereits seit 20 Jahren ist die „Mitflugzentrale“ aktiv. Doch Klein hat ein klares Ziel vor Augen: „Bis zum Ende des Jahres sind wir bei 100.000 Mitgliedern auf Wingly. Damit sind wir die weltweit größte Gemeinschaft der Luftfahrt.“ Durch die einheitliche Gesetzeslage sei eine europaweite Expansion möglich. „Und selbst danach ist kein Ende in Sicht: Die Luftfahrt macht jeden Winkel der Welt zugänglich, so warten auch die Märkte in Asien, Amerika und Afrika auf uns.“

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