Studie der Commerzbank Der Mittelstand mag das Risko

Jederzeit verfügbar und bloß kein Risiko – das war lange Zeit die Devise, nach der der Mittelstand seine Überschüsse anlegte. Doch einer Umfrage zufolge wagen die Unternehmer in ihrem Umgang mit Geld nun mehr.

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Der deutsche Mittelstand ist einer Studie nach immer mehr dazu bereit, das Sparschwein zu plündern und Risiken einzugehen.

Frankfurt Der deutsche Mittelstand ist auf der ganzen Welt bekannt für seine Verlässlichkeit. Und lange legte er so auch sein Geld an. Doch das war einmal. Das zumindest ist das Ergebnis einer Studie unter 157 Mittelständlern durch die Commerzbank und die Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) in Bielefeld.

Das Resümee der Untersuchung zum Anlageverhalten mittelständischer Unternehmen: Die Mittelständler von heute legen immer mehr Geld an und nehmen für höhere Zinsen auch längere Laufzeiten oder Kursschwankungen in Kauf.

Jeder zweite Mittelständler hat Geld auf der hohen Kante, das er anlegen will – im Schnitt 5,9 Millionen Euro. Das ist doppelt so viel wie im vergangenen Jahr und ein neuere Rekordwert. Woran das liegt? Volker Wittberg, Institutsleiter der FHM, sieht die Ursache in der hervorragenden Konjunktur, die den Unternehmen hohe Gewinne beschert. Doch wegen der unsicheren Wirtschaftslage in China und den zahlreichen Krisenherden auf der ganzen Welt würden sie keine Investitionen wagen und es lieber anlegen.  

Trotz der aktuell niedrigen Zinsen hoffen die Mittelständler, hohe Renditen einzufahren. Für das Jahr 2015 erwarten die Unternehmer eine Mindestverzinsung von durchschnittlich 2,41 Prozent. Der Marktzins dagegen lag zum Jahresanfang bei unter 0,08 Prozent.

Illusorisch seien solche Erwartungen nicht, sagt Wittberg. Schließlich habe bei den Mittelständlern ein Umdenken stattgefunden. „Die Bereitschaft, mal etwas anderes als ein Tagesgeldkonto zu machen, ist größer geworden. Und dann sind auch die Zinsen höher.“


Langfristige Anlagen im Trend

Der Trend geht dabei – wohl nicht ganz freiwillig - zu langfristigen Anlagen. Während noch im Jahr 2013 mehr als ein Drittel der Mittelständler ihr Geld nicht länger als drei Monate fest anlegen wollte, sind es heute nicht einmal mehr ein Viertel. Fast zwei Drittel legen ihre Überschüsse sogar für mehr als sechs Monate an. Zudem sind 38 Prozent der Befragten bereit,  für höhere Erträge auch Kursschwankungen zu akzeptieren.

Dabei setzen die Unternehmen immer stärker auf Fonds. Mehr als jedes vierte befragte Unternehmen hat aktuell Geld in Geldmarktfonds investiert. Ähnlich beliebt sind auch Rentenfonds und gemischte Fonds. In Aktienfonds ist fast jedes sechste Unternehmen aktiv.

Geht es nach Martin Keller, Bereichsleiter Product Management der Commerzbank, wollen die Mittelständler nicht auf Sicherheit verzichten. Vielmehr verstehen darunter nun etwas anderes. „Die Definition einer sicheren Anlage hat sich geändert“, sagt er. „Früher wurden Konten, Termingeld und Bundesanleihen als sichere Anlagen gesehen. Heute gelten auch Produkte mit Beimischung von Fondsanteilen und Immobilienfonds als sicher.“

Der neue Mut zu langfristigen und risikoreicheren Anlagen kommt aber nicht von ungefähr. Denn an eine baldige Erhöhung des Zinsniveaus glauben die Befragten nicht. Weit mehr als die Hälfte der Mittelständler meinen, dass die Zinsen noch drei Jahre lang niedrig bleiben werden. Rund 30 Prozent gehen davon aus, dass diese Phase sogar noch fünf Jahre anhalten wird. Dass die Zinsen bereits in einem Jahr wieder steigen werden, glauben dagegen nur 6,5 Prozent.

Auch Keller rechnet nicht damit, dass die Zinsen kurzfristig steigen werden. Er empfiehlt den Unternehmen deshalb auch langfristige Anlagen bei Pensionsrückstellungen. Denn Prognosen zufolge werde der Rechnungszins für Pensionsrückstellungen – also der Zins, der zur Berechnung der Beiträge und der Kalkulation der Altersrückstellungen genutzt wird - in den kommenden fünf Jahren um etwa zwei Prozent sinken. „Wenn jemand nicht weiß, was er mit seiner überschüssigen Liquidität machen soll, sollte er diese Baustelle bearbeiten.“

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