Tablet und iPhone statt Puppen und Klötzchen So ringen Spielehersteller mit der Digitalisierung

Puppenkiste: Die traditionellen Hersteller haben zu lange auf ihre alten Verkaufshits wie Barbie gesetzt.

Die Spielebranche muss sich gegen Tablets und Apps behaupten. Die Mächtigsten scheitern daran. Ein Lehrstück über die Tücken der Digitalisierung.

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Frédéric Lehmann sitzt auf einem grasgrünen Sofa, umgeben von bunten Lego-Steinen, und weiß nicht so recht, wie er jetzt über dieses Thema sprechen soll. Der 45-Jährige, der gerne lacht, wenn er von seiner Arbeit als Lego-Deutschland-Chef spricht, muss in der Zentrale in Grasbrunn bei München eine unangenehme Entscheidung umsetzen: Mitarbeiter entlassen. Aufgetragen hat ihm das die Konzernführung im dänischen Billund. Die Lego-Umsätze schrumpfen, die Kosten steigen, weltweit will Lego deshalb 1400 Stellen abbauen, rund acht Prozent der Gesamtbelegschaft.

Wie viele Arbeitsplätze hierzulande betroffen sind, will Lehmann nicht sagen. Es ist ihm unbehaglich, so kurz vor Weihnachten über Entlassungen zu sprechen. Seine Freundlichkeit weicht einem bedrückenderen Ton, er rutscht auf dem Sofa vor und zurück. Lego habe während der Phase des starken Wachstums von einem Mittelständler zu einem Global Player viele Unternehmensstrukturen aufgebaut: „Dadurch sind wir nicht mehr so agil und schnell, wie wir es vor einigen Jahren noch waren.“

Dem Einfallsreichtum der Dänen schienen lange Zeit in der Tat keine Grenzen gesetzt: Neue Steinchen-Motive, die auch Mädchen begeistern, und Star-Wars-Lizenzen katapultierten das Unternehmen geradewegs in den Spielwaren-Himmel. Zwischen 2007 und 2016 hat sich die Mitarbeiterzahl auf knapp 17 000 vervierfacht, der Umsatz auf 5,1 Milliarden Euro sogar fast verfünffacht. Doch seit zwei Jahren laufen die Geschäfte schlechter und schlechter. Der Konzern hat vor lauter Wachstum die Digitalisierung verpatzt. Lehmann weiß: In der Weihnachtszeit, in der die Branche 40 Prozent ihres Jahresumsatzes macht, müssen jetzt ganz andere Blockbuster-Spielzeuge her. „Wir leben in einer Welt, die sehr digital und vielfältig ist. Und wir sehen, dass sich das Spielverhalten der Kinder stark verändert“, sagt Lehmann.

Das hat nicht nur für Lego Konsequenzen: Seit die kleinen Kunden zu Tablet und iPhone greifen statt nach Puppen und Klötzchen, fahndet von Ravensburger in Deutschland bis zu Mattel in Kalifornien eine Branche nach ihrem Weg ins vernetze Kinderzimmer. Bei Spielwaren zeigt sich, wie schwer es Traditionsunternehmen fällt, die richtige Strategie für eine Digitaloffensive zu wählen. Weihnachten 2017 heißt: top oder Flop für Lego und Konkurrenz.

Das Geschäft an sich gedeiht bestens: In Industrieländern geben Eltern für jedes Kind im Schnitt 290 Euro für Spielwaren aus. Allerdings sind davon nur noch 60 Prozent klassisches Spielzeug. Die restlichen 40 Prozent der gekauften Spielwaren sind bereits digitalisiert.

„Smart Toys sind eines der vorherrschenden Themen des Spielwarenmarktes“, sagt Ernst Kick, Vorstand der Spielwarenmesse eG. Nur sind es oft nicht die klassischen Hersteller, die reüssieren, sondern Programmierer von Apps und Tablet-Spielchen – oder ganz neue Angreifer.

Die größten Spielzeughersteller

So wie Wonder Workshop aus dem Silicon Valley. Das Start-up hat mit seinem Roboter Dash, mit dem Kinder das Programmieren auf dem iPhone oder Tablet lernen können, einen Trend für Spielwaren der Generation Digital mit ausgelöst.

Andreas Schäfer, Geschäftsführer der Spielwaren-Fördergemeinschaft idee+spiel, hat für die Bewegung einen Namen: Kids getting older younger. „Kinder spielen nicht mehr so lang mit klassischem Spielzeug, sondern greifen früh zu Smartphone oder Tablet.“

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