Thermomix und die Gewährleistung Vorwerk verärgert seine Fans

Aufregung in der Thermomix-Gemeinde. Die Verbraucherzentrale warnt: Wer die Küchenmaschine gebraucht kauft, riskiert die zweijährige Gewährleistung. Rechtlich ist Vorwerk auf der sicheren Seite, gelobt aber Besserung.

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Vorwerk, der Hersteller der Kultküchenmaschine, wird von Verbraucherschützern kritisiert. Quelle: Vorwerk

Wer einen digitalen Thermomix kaufen möchte, der brauchte viel Geduld. Das Kultgerät kam im September 2014 erstmals auf den Markt und löste einen weltweiten Hype aus. Die Wartezeiten betrugen anfangs bis zu 13 Wochen. Verkauft wird der TM5 ausschließlich im Direktvertrieb. Das heißt: Kaufwillige müssen eine Party mit Erlebniskochen besuchen. Nur dort können sie ein Gerät bestellen.

Schneller ging es, wenn man einen gebrauchten TM5 kaufte. Doch für Second-Hand-Käufer ist Vorsicht geboten. Geht mal etwas kaputt am Gerät, so gibt der Wuppertaler Hersteller Vorwerk für den Zweitkäufer keine generelle Gewährleistung. Darauf weist jetzt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hin. Auf der Homepage von Vorwerk heißt es zwar: „Für den Thermomix gilt die gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren, die mit der Auslieferung des Küchenhelfers beginnt.“ Doch das gilt offenbar in der Regel nur für den Erstkäufer.

Thermomix-Fans, die ein Gebrauchtgerät gekauft haben, sollen bei der Kunden-Hotline abgewiesen worden sein, berichtet die Verbraucherzentrale NRW. „Eine Übertragung der Gewährleistung Ihres Thermomix TM5 auf Dritte ist nicht möglich“, lautete demnach die Auskunft des Hersteller. Denn bei Direktvertreiber Vorwerk gebe es eine „personenbezogene Gewährleistung“. Die resultiere aus dem Kaufvertrag und der Unterschrift des Kunden – und sei nicht auf Dritte übertragbar.

Lediglich „in Ausnahmefällen“, wenn es sich etwa „um ein Geschenk für ein Familienmitglied“ handele und darüber hinaus „der Zusammenhang plausibel“ sei, erhalten auch die Beschenkten ihr Recht, berichtet die Verbraucherzentrale. Die Verbraucherschützer jedoch halten es schlicht für unzulässig, wenn Vorwerk sich darauf beruft, dass Gewährleistungsansprüche hier nicht abgetreten werden können.

Vorwerk will Prozesse nun überprüfen

Ganz so eindeutig ist die Rechtslage allerdings nicht. Rechtsanwalt Martin Lubda von der Kanzlei LEGS in Düsseldorf klärt auf: „Verkauft der Käufer das Produkt an einen Dritten weiter, gehen die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche nicht ohne weiteres auf den Dritten über.“ Erforderlich sei vielmehr, dass der Käufer diese an den Dritten abtritt. „Verschiedene Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) von Unternehmen sehen jedoch einen Ausschluss der Abtretung solcher Gewährleistungsrechte vor“, beobachtet der Experte für Gewährleistungsrecht. Hierauf scheine sich Vorwerk berufen zu wollen.

Das Oberlandesgericht Hamm hat im Jahr 2010 im Fall eines Internethändlers entschieden, dass jedenfalls ein pauschales Abtretungsverbot ungültig ist (Az. 4 U 134/10), so Anwalt Lubda. „Ein höchstrichterliches Urteil gibt es dazu aber wohl noch nicht, und deshalb wird die Klausel auch weiterhin verwendet.“

Verbraucher sollten auf ihr Recht pochen

Vorwerk äußert sich auf Anfrage des Handelsblattes so: „Vorwerk Deutschland erfüllt die gesetzlichen Vorgaben zur Gewährleistung und schließt die Übertragbarkeit der Gewährleistung gegenüber Dritten nicht aus. Wenn es in der Vergangenheit in Einzelfällen zu Unklarheiten gekommen ist, bedauern wir dies sehr.“ Und weiter: „Wir nehmen die Hinweise zum Anlass, unsere Prozesse an der Stelle zu überprüfen und für den Kunden weiter zu optimieren.“

Was rät Anwalt Lubda verunsicherten Verbrauchern? Die Abtretung der Gewährleistungsrechte sollte in dem Kaufvertrag über den Weiterverkauf des Geräts an den Dritten enthalten oder in Form einer Email o.ä. vom ursprünglichen Käufer bestätigt werden. Wird das Gerät defekt, sollte der Dritte die an ihn abgetreten Gewährleistungsrechte gegenüber Vorwerk geltend machen. Falls ihm eine entsprechende Bestimmung in einer AGB von dort entgegengehalten werden, sollte er mit deren Unzulässigkeit argumentieren. Auch die Verbraucherzentrale rät, auf seine Gewährleistungsrechte zu bestehen.

Der Thermomix ist mit zuletzt fast 1,5 Milliarden Euro Umsatz und einer Wachstumsrate von rund 50 Prozent mit großem Abstand das Top-Produkt von Vorwerk. Vom neuen Modell TM5 wurden weltweit zwei Millionen Stück verkauft. In deutschen Küchen dürften insgesamt deutlich über zwei Millionen Thermomix-Geräte verschiedenster Baureihen stehen.

Durch den Direktvertrieb weiß Hersteller Vorwerk genau, wer seine Geräte kauft und nutzt. Diese wertvollen Kundeninformationen gehen natürlich verloren, sobald das Gerät weiterverkauft wird. Das sollte jedoch kein Grund sein, bei der Gewährleistung zu knausern. Denn als im September 2014 überraschend auf das digitale Modell umgestellt wurde und Thermomix-Fans scharenweise ihr altes Gerät verkauften, gab es für Zweitkäufer „einmalig eine Sonderregelung“. Damals bekamen sie laut Verbraucherzentrale ohne Murren ihre Gewährleistung.

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