Thermomix und Kobold Das Geheimnis von Vorwerk

Vorwerk muss den Spagat zwischen Direktvertrieb und eigenen Läden meistern. Wie dem Anbieter von Kobold-Staubsaugern und Thermomix-Küchenmaschinen das gelingt.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Produktion des Thermomix Quelle: Presse

Vor drei Jahren noch lästerte Vorwerk-Marketingchef Martin Berger bei einer Fachkonferenz über seinen Arbeitgeber: „Diese Firma war 80 Jahre auf einen Vertriebsweg fokussiert: den über Handelsvertreter an der Haustür oder über Party-Systeme. Die ganze Welt außerhalb dieser Vertriebswege ist unter unserem Radarschirm durchgeflogen, wir haben sie einfach ignoriert.“

Klarmachen wollte der Manager, was für ein Kraftakt es war, die Ignoranz zu beenden und den Traditionskonzern in die Moderne zu führen. Denn neben den beiden Direktvertriebswegen hatte sich das Wuppertaler Traditionsunternehmen gerade eigene Online-Shops zugelegt und begann, eine Ladenkette in guten Innenstadtlagen aufzubauen.

Für die Direktvertriebler bedeutete das erstmals interne Konkurrenz. Früher genossen sie die Exklusivität, dass ohne sie niemand an Vorwerk-Produkte kam. Wer den als hochwertig geltenden Kobold-Staubsauger kaufen wollte, musste dafür den legendären Vorwerk-Vertreter ins Haus und an den Teppich lassen.

Auf der Suche nach neuen Absatzwegen die intern mächtige Handelsvertretertruppe zu demotivieren, das konnte für Vorwerk also existenziell werden. Entsprechend kurios sind die Kompromisse, die Vorwerk sich und den Kunden seitdem zumutet, um die Vertreter nicht zu verprellen.

Wird in einem der Shops oder online im Internet ein Produkt verkauft, bekommt der für den Wohnort des Kunden zuständige Vertreter rund 20 Prozent Umsatzanteil überwiesen, obwohl er zu dem Geschäft in der Regel nichts beigetragen hat.

Damit die Zuordnung funktioniert, musste Vorwerk den Repräsentanten feste Regionen zuweisen – aus Sicht der Altvorderen ein weiterer Bruch mit der Tradition. Früher konnten sie sich lukrative Straßen und Städte aussuchen, wo sie wollten. Dass sich die Vertreter bisweilen ins Gehege kamen, war einkalkuliert. Nun wurden ihnen feste Gebiete mit 6000 bis 8000 Haushalten zugewiesen. Und sie sind angehalten, vor Hausbesuchen Termine zu vereinbaren. Manche finden das furchtbar, weil sie zwar im Direktkontakt gut sind, nicht aber am Telefon.

13.000 Frauen verkaufen...

Paradox auch: Die mehr als 1100 Euro teure Küchenmaschine Thermomix kann man in den schicken Vorwerk-Läden besichtigen, aber nicht kaufen. Der Kunde muss sich stattdessen Tage später ein Gerät von der Thermomix-Gebietsrepräsentantin bringen lassen, damit diese von dem Geschäft profitiert. Bei Vorwerk den neuen Kobold VK 150 oder die ebenfalls überarbeitete Thermomix-Maschine online zu ordern ist nicht möglich. Firmenfremde Anbieter im Web versucht das Unternehmen juristisch in Schach zu halten.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%