Thermomix wird teurer „Das Preisschild ist ein Statussymbol“

Vorwerk macht seine Kult-Küchenmaschine Thermomix teurer. Handelsexpertin Nina Scharwenka erklärt, wie weit Hersteller bei Preiserhöhungen gehen dürfen – und warum durch Knappheit ein Produkt nur noch begehrter wird.

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Die Küchenmaschine von Vorwerk ist nur über den Direktvertrieb zu erhalten. Derzeit beträgt die Wartezeit neun Wochen. Quelle: Rudolf Wichert für Handelsblatt

Frau Schwarwenka, der Thermomix ist Kult, trotz seines stolzen Preises. Ab dem 4. April kostet der digitale Thermomix TM5 nun 1199 Euro statt 1109 Euro – das sind immerhin acht Prozent mehr. Werden die Kunden das so einfach schlucken?
Eine Preiserhöhung ist immer eine heikle Sache. Wichtig ist, dass keine sensible Preisschwelle überschritten wird. Eine solche könnte zum Beispiel bei 1200 Euro liegen. Dann hätte dieser Preis vermutlich psychologogisch eine etwas andere Wirkung. Solange keine wichtige Preisschwelle überschritten wird, wird die Nachfrage wahrscheinlich nicht merklich sinken.

Fallen 90 Euro Preiserhöhung bei so einem Hochpreisprodukt überhaupt ins Gewicht?
Hersteller von hochwertigen Markenprodukten haben in der Regel schon größeren Spielraum, ihre Preise zu erhöhen. Aber auch sie dürfen natürlich nicht überziehen. Die Preise müssen schon im Markt konkurrieren können.

Der Thermomix ist kürzlich bei der Stiftung Warentest nur Vierter geworden. Zwei der Wettbewerber, die besser abschneiden, liegen mit 970 Euro und 775 Euro preislich deutlich unter dem Thermomix. Trotzdem kommt Vorwerk kaum mit der Produktion nach. Wie erklären Sie sich das?
Eine starke Marke und die Qualität, die diese Marke verspricht, sind eben wichtige Kaufargumente – selbst wenn ein Produkt im Vergleich zur günstigeren Konkurrenz nicht unbedingt besser ist. Aber für das Original sind die Verbraucher bereit, mehr zu zahlen.

Beim iPhone ist ja Ähnliches zu beobachten. Wettbewerber sind günstiger und oft mindestens genauso gut. Trotzdem zahlen Verbraucher freiwillig mehr, nur weil ein Apfel drauf ist. Das ist doch irrational?
Wenn ein Produkt Kult ist – so wie das iPhone oder der Thermomix – dann zahlen Menschen gerne für die Exklusivität. Sie schmücken sich mit der Marke. Zumal jeder auf den ersten Blick erkennen kann, wieviel jemand dafür auf den Tisch gelegt hat.

Das Markenprodukt trägt quasi ein unsichtbares Preisschild…
Und das Preisschild ist ein Statussymbol.


„Rabatte können Exklusivität der Marke schädigen“

Wie wichtig ist Verknappung für Luxusgütern? Beim Thermomix liegt die Wartezeit immer noch neun Wochen, obwohl die Bänder im 24-Stunden-Betrieb laufen. Bei bestimmten Modellen der Marke Land Rover warten die Kunden freiwillig sechs bis neun Monate.
Verknappung macht Luxusprodukte noch attraktiver. Das sieht man schon bei den Schlangen vor den Apple Stores, wenn ein neues iPhone auf den Markt kommt. Im Internet werden solche begehrten Dinge dann mit starken Preisaufschlägen weiterverkauft – wie die zum Teil sehr hohen Kartenpreise für Fußball-WM-Spiele oder die Bayreuther Festspiele zeigen.

Sollten Luxusgüterhersteller eine Preiserhöhung generell vorab ankündigen, wie Vorwerk das getan hat, oder lieber still und leise durchführen? Zu welcher Strategie raten Sie?
Da gibt es kein Falsch oder Richtig. Aber Tatsache ist: Die meisten Anbieter kündigen Preiserhöhungen nicht vorab beim Endkunden an.

Ein zu hoher Preis kann schnell nach hinten losgehen. Können Sie Beispiele nennen?
Es gibt einige Produkt-Flops, die von vorneherein viel zu teuer positioniert waren. Beispielsweise das innovative City-Gefährt Segway. Den Einführungspreis von über 9000 Euro empfanden die Konsumenten als überteuert, und der Marktabsatz erreichte bei Weitem nicht das Ursprungsziel der Hersteller: Geplant waren 40.000 Stück pro Jahr, verkauft wurden gerade mal 24.000 in fünf Jahren.

Gilt die Geiz-ist-Geil-Mentalität der Deutschen auch für Luxusprodukte?
Schnäppchenjäger gibt es überall, aber Luxushersteller sollten aufpassen: Hohe und regelmäßige Rabattaktionen können die Exklusivität der Marke schädigen. Denn die Käufer gewöhnen sich schnell an Preisabschläge.

Frau Scharwenka, vielen Dank für das Gespräch.

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