Ulrich Bettermann Zampano des Sauerlandes

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Die Leiden des Ulrich Bettermanns

Eigentlich hätte der Mittsechziger seit vielen Jahren allen Grund, sich ungetrübt über so viel Macht und Erfolg zu freuen. Sein Unternehmen produziert heute mit 3.000 Mitarbeitern in Deutschland, der Schweiz, Ungarn, Italien, Brasilien und Südafrika und hat 3.000 Mitarbeiter. Kaum ein Kraftwerk, eine Tiefgarage oder ein Airport kommt ohne seine Kabelkanäle oder Unterputzdosen aus.
Doch Zeit seines Lebens beißt Bettermann die Gewissheit, eigentlich nichts zu besitzen, womit er so richtig groß Staat machen könnte. Was sind schon seine Blechwaren gegen die berühmten Lasermaschinen zur Blechbearbeitung des württembergischen Vorzeigemittelständlers Berthold Leibingers?

Der gelernte Bankkaufmann, der mit Mühe die mittlere Reife geschafft und nie studiert hat, weiß, dass ihm die Bildung und das intellektuelle Kaliber fehlen, um es jemals so weit zu bringen wie Mittelstandikone Leibinger oder der schwäbische Motorsägenfabrikant Hans Peter Stihl, der einst zum Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages aufgestiegen war. Bettermann leidet darunter und versucht, damit fertig zu werden, indem er - wie der Süchtige nach der Droge - unablässig nach Ersatzbestätigung sucht.
Stolz lädt er Besucher in seine feine "Casa bianca" direkt am Vierwaldstätter See ein, erzählte Gästen von seiner 1.200 Quadratmeter großen Villa über Budapest oder zeigte stolz seinen schwarzen Ferrari Testarossa, den er in seine Garage in Menden stellte.

Prominente Freunde

Wo immer er kann, drängt Bettermann zu Prominenten aus Wirtschaft und Politik. Er nimmt an dem jährlichen Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos teil. Er schwärmt von der Freundschaft mit Ex-Bundesaußenminister Genscher und dem ehemaligen ungarischen Ministerpräsidenten Gyula Horn. Er freut sich über das "Du" mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schroeder, berichtet vom Zusammentreffen mit dem Dalai Lama und rühmte sich des kurzen Drahts zum einstigen Siemens-Chef Heinrich v. Pierer.

Und wenn sich die Gelegenheit bot, legte er dem "berühmten Weltbürger" Kissinger sanft den Arm um die Schulter. Wer Bettermann besucht, sieht ihn auf den immer gleichen Fotos: Bettermann mit Genscher auf der Couch, Bettermann mit Kohl auf der Hannover Messe, Bettermann mit dem früheren bayrischen Ministerpräsident Franz Josef Strauss im Cockpit.

Für Bettermann seien das „bewegende Momente", sagt ein langjähriger Freund. Da spürt der Sauerländer, "dass auch die große Politik nur von einfachen Menschen gemacht wird". Da philosophiert er: "Alle Qualitäten des menschlichen Lebens spiegeln sich in den blankgetreteten Stufen, die zu politischer Anerkennung führen." Da politisiert er: "Die Inbetriebnahme der neuen Palettenwechselanlage, die ich im Rahmen eines Mendener Forums mit den Herren Kissinger und Genscher mittels eines symbolischen Knopfdrucks vornahm, sollte auf den Wert der politischen Initialzündung für die mittelständische Wirtschaft hinweisen." Und da weint er sogar: "Als ich mit Genscher, Kissinger und Gorbatschow in Halle zusammensitzen durfte, liefen mir links und rechts die Tränen herunter."

In seiner Rührung vereint Bettermann den harten Herrscher und den weichen Freund und Familienvater. Fliegt er zu seinen Lieben in die Schweiz, bringt er in der Tragetüte schon mal  Gurken und Kopfsalat aus dem heimischen Garten mit. Als "einen der bewegendsten Momente" empfand er die Geburt der zwei seiner vier Kinder, die er selbst abnabeln durfte.

"Monatelang am Boden" fühlte er sich, als sein drittältester Sohn nach einer Leistenoperation mit gelähmten Gliedmassen aufwachte. Er mag vor allem deutsche Schlager und Unterhaltungsmusik. Seine Gäste am Vierwaldstätter See fährt er manchmal im Motorboot hinaus zum einfachen und gemütlichen Restaurant "Schwyburg", weil es "der Luzerner Schickeria dorthin viel zu weit ist".

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