Unternehmensnachfolge "Fairness bedeutet nicht, alle gleich zu behandeln"

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"Auch der Steuerberater kann einen hilfreichen Beitrag leisten"

Gibt es Probleme, an denen auch ein Mediator nicht rührt? 
Ich rühre schon gerne an Konflikten, die ich meine, erkannt zu haben. Eine Einschränkung möchte ich machen: Wenn es nicht von dem Beteiligten zur Sprache gebracht wird, frage ich nie nach dem Zustand einer Ehe. Bei einer Scheidungsquote in Deutschland von annähernd 50 Prozent traue ich mich das einfach nicht. Ich will schließlich nicht einen womöglich wackeligen und stillschweigenden Kompromiss zwischen den Eheleuten gefährden und dadurch erst ein neues Thema aufmachen.

Welche Ausprägungen kann eine für alle Beteiligten faire Regelung haben?
Das hängt von der Zusammensetzung der Familie ab. In Patchwork-Familien etwa treffen Kinder aus mehreren Ehen aufeinander. Geistig behinderte Kinder spielen eine größere Rolle als allgemein angenommen. Deren wirtschaftliche Absicherung, Versorgung und Betreuung muss geregelt werden und das am besten geeignete Familienmitglied mit der Umsetzung betraut werden.

Notlagen, Todesfälle und wirtschaftliche Entwicklungen können zum Verkauf der Firma führen. Worauf Unternehmer und ihre Familien achten müssen.

Regelmäßig gehen die Menschen davon aus, dass alle Kinder gleich behandelt werden müssen. Ich weiß nicht, woher diese Einschätzung stammt. Wenn ich einen Sohn habe, der erfolgreich ein Start-up zu einem hohen Wert aufgebaut hat, dann brauche ich ihn – jedenfalls so meine Auffassung – am Nachlass nicht in der gleichen Weise zu beteiligen wie seine Schwester, die vielleicht als Lehrerin sehr viel weniger verdient. 

Wann wird es besonders schwierig?
Wenn es um ein komplexes Vermögen geht. Ein Unternehmen, diverse In- und Auslandsimmobilien, fragwürdige Fondsbeteiligungen, Oldtimersammlungen, Ferienhäuser und ein mehr oder weniger großes Wertpapiervermögen lassen sich nicht immer leicht aufteilen. Bewertungsunsicherheiten spielen eine Rolle, will man nicht unendliches Geld für Sachverständigengutachten ausgeben. Viele Bewertungen erfolgen also auf  Vertrauensbasis mit durchaus erkannter und akzeptierter Fehlerquote. Am Ende ist wichtig, dass jeder mit dem, was er erhalten soll, zufrieden ist.

Ist es sinnvoll, auch Familienfremde zur Mediation hinzu zu bitten?
Ich gestalte den Kreis der Beteiligten in einem Mediationsverfahren gerne groß. Dazu können auch Familienfremde gehören, beispielsweise ein Fremdgeschäftsführer, wenn sich ein Vermögen im Unternehmen befindet. Aber auch der Steuerberater kann einen hilfreichen Beitrag leisten, weil er die Vermögensstruktur und dessen Entwicklung über viele Jahre betreut hat und besser kennt als die Familie. Wichtig für die Beteiligten ist es, zuverlässige Informationen zu erhalten, die die Vermögenseigentümer häufig gar nicht liefern können. Natürlich fällt es nicht jedem leicht, auch Außenstehende in eine doch recht sensible Diskussion einzubinden. Das durchzusetzen, ist wiederum Aufgabe des Mediators.

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