Verlagswesen Vandenhoeck & Ruprecht wird 275

Einer der ältesten deutschen Verlage in Familienhand feiert in diesen Tagen seinen Geburtstag. Das Zepter der Geschäftsführung gaben die Ruprechts aber erst vor fünf Jahren erstmals aus der Hand.

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Heute druckt V&R keine Bücher mehr. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

GÖTTINGEN. Der Niederländer Abraham Vandenhoeck handelte als junger Mann zu Beginn des 18. Jahrhunderts in London mit Büchern. Dabei war er offenbar so erfolgreich, dass sogar Georg August, König von England und Kurfürst von Hannover, auf ihn aufmerksam wurde. Als der Monarch den Plan fasste, in Göttingen eine Universität zu gründen, soll er jedenfalls den Kurator Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen angewiesen haben, den Holländer an die Leine zu holen. Denn die künftige Georgia Augusta Universität brauchte einen Druckerverleger und Buchhändler.

So kam Vandenhoeck zwei Jahre vor der offiziellen Gründung der Universität nach Göttingen. Am 13. Februar 1735 erhielt er von Georg Augusts Regierung das Privileg, die Hochschule exklusiv mit Büchern zu beliefern und alle ihre Drucksachen zu drucken. Dieses Privileg genießen Vandenhoecks Nachfolger heute zwar nicht mehr. Den Verlag gibt es aber immer noch.

Vandenhoeck & Ruprecht (V&R) feiert in diesen Tagen das 275-jährige Bestehen. Damit sei V&R "ganz sicher einer der ältesten Verlage in Deutschland", sagte eine Sprecherin des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, in dem knapp 6 000 Verlage vereint sind.

Die Zeit der Vandenhoecks in dem Unternehmen endete allerdings vergleichsweise früh. Als Anna Vandenhoeck, die Witwe des Verlagsgründers Abraham, 1787 kinderlos starb, setzte sie ihren Geschäftsführer Carl Ruprecht als Alleinerben ein. Damit begann die Zeit der Ruprechts, die bis heute andauert. Sie sind inzwischen in siebter Generation für das Unternehmen verantwortlich und sitzen im mit elf Familienmitgliedern besetzten Gesellschafterkreis. Erst 2005 erhielt der Verlag erstmalig eine externe Geschäftsführung.

Der Verlag beschäftigt nach Angaben von Sprecherin Regina Lange 55 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von rund acht Mio. Euro.

Das Profil des Verlages wurde über die Jahrhunderte durch die enge Verbindung zur Universität geprägt. Dies ist bis heute so geblieben, auch wenn sich das Themenspektrum inzwischen erweitert hat. V&R zählt derzeit vier etwa gleich umsatzstarke "Programmsäulen": Theologie und Religion, Geisteswissenschaften, Frühe Bildung/Schule/Studium und Psychologie.

Zu den bekannteren Produkten des Verlages gehören das Standardwerk "Der Große Ploetz" des renommierten Historikers Gerhard Paul, die "Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn" und "Männer" des Hirnforschers und Erfolgsautors Gerald Hüther oder der seit mehr als 175 Jahren lieferbare und immer wieder neu überarbeitete "kritisch- exegetische Kommentar über das Neue Testament". Verkaufsschlager ist mit mehr als 1,2 Millionen Exemplaren das Latein-Unterrichtswerk "Ianua".

Anders als in seiner Anfangszeit druckt V&R heute keine Bücher mehr. Trotz des königlichen Privilegs von 1735 trennten sich bereits Gründerwitwe Anna und ihr Prokurist Carl Ruprecht 1751 von der Druckerei. Der Grund: Sie wollten nicht länger, nur um die Setzer auszulasten, immer wieder Bücher in den Verlag nehmen, die sie eigentlich lieber abgelehnt hätten.

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