Weltmarktführer-Kongress Wo die Besten der Besten zu Hause sind

In Schwäbisch Hall treffen sich derzeit die Besten der Besten zum Gipfeltreffen der Weltmarktführer und erklären ihre Erfolgsgeheimnisse, Strategien und Herausforderungen.

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Roland Tichy, Chefredakteur WirtschaftsWoche, Prof. Harald Unkelbach, Präsident der IHK Franken-Heilbronn, Stefan Schöllhammer, Chef von Klafs, Martin Putsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Recaro Holding, Prof. Bernd Venohr, Weltmarktführerexperte und Dr. Walter Döring, Wirtschaftsminister a.D. Baden-Württemberg (v.l.n.r.). Quelle: Thorsten Schmidtkord

Es ist inzwischen fast so etwas wie das Davos der deutschen Weltmarktführer: Einmal im Jahr treffen sie sich für einige Tage im kleinen malerischen Örtchen Schwäbisch Hall, das meist nur durch den roten Fuchs aus der Werbung für die Bausparkasse bekannt ist. Die 37.000- Einwohner-Stadt rund 70 Kilometer nordöstlich von Stuttgart mit ihren kleinen Fachwerkhäuschen kann stolz auf ihre niedrige Arbeitslosenquote sein, die in der Region mit 3,7 Prozent nahe an der Vollbeschäftigung liegt. Der Grund: In Schwäbisch Hall haben sich ungewöhnlich viele Weltmarktführer angesiedelt – meist mittelständische Unternehmen, die es mit ihren Produkten an die Weltspitze geschafft haben. Der Schraubenhersteller Würth etwa hat seinen Sitz unweit von Schwäbisch Hall, die Firma Recaro stellt Flugzeugsitze für die Fluglinien der Welt her  und die Edelsaunen der Firma Klafs stammen ebenfalls aus Schwäbisch Hall.

Doch wie wird man eigentlich Weltmarktführer? Warum gibt es so viele Weltmarktführer in Schwäbisch Hall? Wie locken die Unternehmen Arbeitnehmer? Wie sieht es mit einer Frauenquote aus und wie würde sich die Rente mit 63 auswirken?

Roland Tichy mit IHK-Präsident Unkelbach. Foto: Nele Hansen

Diese Themen erläuterten die Chefs der lokalen Weltmarktführer gemeinsam mit dem Präsidenten der IHK Franken-Heilbronn, Harald Unkelbach, dem ehemaligen Baden-Württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring und dem Weltmarktführer-Experten Bernd Venohr der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin auf der WirtschaftsWoche-Veranstaltung. WirtschaftsWoche-Chefredakteur Roland Tichy moderierte die Vorabendveranstaltung zum Weltmarktführer-Gipfel.

Beim Sauna-Hersteller Klafs konnte sich 1991 wahrscheinlich niemand vorstellen, die Qualitäten eines Weltmarktführers einmal wieder vorzustellen. Das Unternehmen war insolvent. Doch der heutige Inhaber Stefan Schöllhammer kaufte die Saunen-Bauer und machte aus Klafs den Qualitätsführer auf dem Markt. „Wir haben Design in die Sauna gebracht und den Lifestyle- und Gesundheitsgedanken wieder stärker in den Vordergrund gerückt“, sagt Schöllhammer. „Früher hatte Sauna immer ein etwas verstaubtes Image.“

Erfolgskriterien

Klafs-Chef Stefan Schöllhammer und Martin Putsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Recaro Holding. Foto: Nele Hansen

Für Martin Putsch, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Recaro Holding, die Flugzeugsitze für die großen Flugzeugbauer herstellt, ist die Spezialisierung auf ein Produkt das Erfolgskriterium. „Andere sind größer, aber wir sind die besten, in dem was wir machen. Wir machen nur den Sitz im Flugzeug.“

Klafs und Recaro sind nicht die einzigen erfolgreichen Mittelständler in der Region. 96,2 Prozent der Betriebe sind mittelständisch geprägt, werden von Familien geleitet oder gehören Familien. Doch die hohe Dichte von Mittelständlern gibt es in vielen Regionen Deutschlands. „Wir haben eine hohe Konzentration von Clustern, viele Ausgründungen werden von den Besitzern unterstützt. Das fördert den Wettbewerb und damit die Innovationsstärke der lokalen Unternehmen“, sagt IHK-Präsident Unkelbach.

Für den Weltmarktführer-Experten Venohr trägt auch die Arbeitsmoral der Schwäbisch-Haller zum Erfolg bei: „Hinzu kommt der Menschenschlag in der Region, die landwirtschaftlich geprägt ist. Die Menschen gehen erst nach Hause, wenn das ganze Korn reingeholt ist. Und die Konkurrenz vor der Haustür fördert natürlich den Ehrgeiz.“

Doch auch wenn es viele attraktive Arbeitgeber in der Region gibt – viele Absolventen zieht es eher in die Metropolen München, Frankfurt, Berlin, Hamburg oder Stuttgart. „Wir müssen interessanter werden“, sagt IHK-Präsident Unkelbach. Und Recaro-Geschäftsführer Putsch schlägt vor: „Warum treten nicht die zehn besten Firmen einer Region zusammen auf einer Absolventenmesse auf?“

Die Rente mit 63 sehen die Unternehmer auf der Suche nach Fachkräften daher auch eher als Gefahr. „Wir sind dann stark betroffen, wir müssten viele Löcher stopfen. Wir sind auf die Erfahrung vieler erfahrener Mitarbeiter angewiesen“, erläutert Klafs-Chef Schöllhammer. Und bei der Frauenquote?

„Meine Frau überredet mich immer, die Frauenquote im Blick zu haben, aber wir stoßen natürlich an unsere Grenzen, weil wir stark handwerklich geprägt sind. Zwei Führungspositionen in Tochtergesellschaften haben wir aber mit Frauen besetzt“, sagt Schöllhammer.

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