Wirtschaftskriminalität im Mittelstand Der ständige Kampf gegen Korruption

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Vorbeugemaßnahmen

Textilfabrik Bangladesch Quelle: Probal Rashid für WirtschaftsWoche

Allerdings bräuchten Mittelständler „kein volles und kostenintensives Compliance-Programm“ wie Konzerne, meint Berater Altvater, sondern könnten sich auf spezielle und effektive Vorbeugemaßnahmen beschränken. Behilflich könnten dabei Rechtsanwälte sein, die auf diesem Gebiet tätig sind. „Bei aller Vorsicht muss man auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten“, sagt Altvater.

Drei Elemente gehören nach seiner Meinung aber auf jeden Fall zum Vorbeugeprogramm jedes Unternehmens: ein sogenanntes Red-Flags-System, welches besonders gefährdete Bereiche wie die Einkaufsabteilung identifiziert und kennzeichnet, ein Ombudsmann, der bei Verdacht die Aufklärungsarbeit begleitet, und eine Whistleblower-Hotline, auf der Mitarbeiter die Möglichkeit haben, anonym Fälle verdeckter Wirtschaftskriminalität im Unternehmen zu melden.

Dabei sei Fingerspitzengefühl nötig, „damit der Betrieb nicht blockiert wird“, warnt Altvater. „Besser sind Regeln, die das tägliche Geschäft unterstützen.“ So sollte schon vor Vertragsabschluss mit einem neuen Geschäftspartner überprüft werden, ob dieser in Kartellverfahren verwickelt war oder mit anderen negativen Schlagzeilen in der Presse stand. Mit einer simplen Google-Recherche sei es jedoch nicht getan. Vor allem bei neuen Geschäftspartnern im Ausland empfehle sich ein professionelles Screening, das von speziellen Dienstleistern angeboten werde. Diese würden auf einer breiteren Basis etwa in weltweiten Handelsregistern oder in anderen internationalen Datenbanken recherchieren.

Und wenn trotzdem etwas passiert? „Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, sollte ein externer Fachmann, der forensisch und psychologisch geschult ist, eingesetzt werden“, rät Expertin Schilling. „Wer auf eigene Faust versucht, unlauteres Handeln aufzuklären, richtet oft noch mehr Schaden an.“

Um den Schaden zu begrenzen, helfe es, wenn betroffene Unternehmen mit den Ermittlungsbehörden kooperieren. Wie vor Kurzem bei mehreren mittelständischen deutschen Brauereien, die im Verdacht stehen, Preise abgesprochen zu haben: Eines der beschuldigten Unternehmen hilft dem Bundeskartellamt jetzt bei der Aufklärung und kann darum die Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen.

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