Zahlungsverkehr Mittelständler haben von Sepa noch keinen Plan

Die bevorstehende Umstellung der Bankkonten auf IBAN und BIC erinnert an die Einführung des Euros: Die Zeit läuft davon, Unternehmen fürchten böse Überraschungen.

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Würth Quelle: Laif/Keystone Schweiz

Claus Wild zählt zu den Skeptikern. Seit 2007 hat er als Projektleiter beim Befestigungsmaterialhändler Würth im baden-württembergischen Künzelsau viel Zeit und Geld investiert. Und das alles nur, um die IT und Arbeitsabläufe auf das künftige europäische Zahlungssystem Sepa umzustellen. „Unterm Strich für nichts und wieder nichts“, schimpft Wild.

Zwar könnte Würth nun theoretisch sämtliche Zahlungen in ganz Europa über ein einziges Konto abwickeln statt wie derzeit über mehrere Dutzend. Und Wild findet es auch politisch „nur konsequent, einen einheitlichen europäischen Standard auch im bargeldlosen Zahlungsverkehr einzuführen“. Doch der ganz große Nutzen für die Firmen erschließt sich ihm nicht so recht. „95 Prozent der Unternehmen haben genau wie wir im Mutterunternehmen von Würth ihre Kunden und Lieferanten im Inland sitzen. Ihnen bringt die Sepa-Umstellung nichts weiter als Mehrkosten, aber keinerlei wirklichen Mehrwert.“

Viele sehen keinen Nutzen

Sepa steht für Single Euro Payments Area, zu Deutsch: einheitlicher Euro-Zahlungsraum. Die Umstellung des bisherigen bargeldlosen Zahlungsverkehrs auf Sepa, die bis zum 1. Februar 2014 erfolgen muss, ist neben der Einführung des Euro 2002 wohl das größte finanztechnische Projekt Europas. Ziel ist die Vereinheitlichung der Banküberweisungen im Euro-Raum. Jeder Kontoinhaber erhält statt der deutschen achtstelligen Kontonummer eine internationale IBAN (International Bank Account Number) mit 22 Stellen, jedes Bankhaus eine einheitliche internationale Bankleitzahl BIC. Wenn das Gesetz in zehn Monaten in Kraft tritt, werden alle bisherigen nationalen Überweisungs- und Lastschriftverfahren für das In- und Ausland abgeschaltet.

Doch so aufwendig die Umstellung ist, so wenig erschließt sich für viele der Nutzen. Von den 18 Milliarden Überweisungen und Lastschriften, die in Deutschland pro Jahr anfallen, sind nicht mal vier Prozent grenzüberschreitend. Bei einer Umfrage des Forschungsinstituts ibi der Universität Regensburg unter rund 1000 Unternehmen, Behörden und Vereinen antwortete rund die Hälfte, sich keine finanziellen Vorteile von Sepa zu versprechen. Elf Prozent der Befragten schätzten die Ersparnisse, die sich durch Sepa in den nächsten fünf Jahren für sie ergeben, auf unter 1000 Euro. Lediglich ein Prozent rechnet mit einer Ersparnis von mehr als einer Million Euro etwa durch ein besseres Cash-Management und niedrigere Bankgebühren.

Was deutsche Unternehmen über das künftige Überweisungssystem Sepa wissen

Dem Gros der Unternehmen geht es bei der Umstellung letztlich nur darum, 2014 nicht im Datensalat zu enden und dadurch zahlungsunfähig zu werden. Obendrein zögern Unternehmen, die bisher vergleichsweise locker mit Lastschriften und Einzugsermächtigungen arbeiten konnten, weil sie Schäden fürs Geschäft fürchten.

Für viele Unternehmen ist Sepa noch gar kein Thema. Laut der ibi-Umfrage fühlen sich derzeit nur sieben Prozent der Betriebe ausreichend vorbereitet. 35 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen haben laut der Postbank noch gar nicht mit der Umstellung begonnen, 25 Prozent noch keinen konkreten Plan. Die allermeisten wollen mit dem Mammutprojekt erst nach den Sommerferien starten. „Eigentlich hatten die Unternehmen ausreichend Zeit. Wer wollte, kann die Sepa-Überweisung bereits seit vier Jahren nutzen“, sagt Dirk Elsner von der Unternehmensberatung Innovecs aus Zeven in Niedersachsen. „Da sich die meisten Unternehmen von dem einheitlichen europäischen Zahlungsstandard jedoch keinen Euro mehr an Geschäft versprechen, sondern die Umstellung nur eine lästige Pflicht ist, haben viele Firmenchefs die Projekte auf die lange Bank geschoben. Bis heute laufen nur 7 von 100 Überweisungen über Sepa.“

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