Motorsägen Das Kettensägenmassaker

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Die 99-Euro-Schnäppchen stammen durchweg aus China

Auf Nachfrage der WirtschaftsWoche erklärte Obi inzwischen, man besitze für das angebotene Modell "ein gültiges Zertifikat".

Praktiker kündigte dagegen Konsequenzen aus dem Test der Freiburger Marktaufsicht an. Die Baumarktkette will etwa die kritisierte Säge der Eigenmarke "Budget" aus dem Verkehr ziehen.

Bei den Motorsägen in den Baumärkten kommen weitere Kritikpunkte hinzu.

Ein Teil der Billigheimer erfüllt nicht die aktuellen Euro-II-Abgasnormen. Bei einigen fehlt die Abgastypgenehmigungsnummer völlig, andere liegen mit ihrem Schadstoffausstoß erheblich über den modernen Grenzwerten.

Das ist für diejenigen Hersteller wie Dolmar, Husqvarna und Stihl misslich, die mit Millionenaufwand neue Motorenreihen entwickeln, um die scharfen Abgasgrenzwerte einzuhalten.

Die 99-Euro-Schnäppchen stammen durchweg aus China. Dort bieten diverse Hersteller, viele aus dem Großraum rund um Shanghai, Motorsägen an, die zumindest äußerlich europäischen und japanischen Markengeräten ähneln.

Doch sind die Billigheimer oft nicht auf westlichem Standard, wie die Tests beweisen.

Das Material ist minderwertig, die Technik ebenfalls.

Kunststoffgriffe sind nicht aus hochwertigen Materialien wie etwa Durethan von Lanxess hergestellt, sondern aus einfachen Plastikgranulaten flott produziert. Mit der Folge, dass solche Griffe bei Reiß- und Stoßtests schneller zu Bruch gehen.

Dies gilt erst recht bei kalten Temperaturen wie jetzt im Winter. In die hiesigen Baumärkte gelangen die China-Sägen über mittelständische Importeure. Jeder Händler kann Chargen mit zehntausenden Geräten zu Stückpreisen von bereits 30 bis 40 US-Dollar über www.alibaba.com bestellen. Zu den Importeuren zählt auch die Firma Einhell aus Landau, die beim Test der Freiburger Marktaufsicht mit unrühmlichem Ergebnis vertreten ist.

Andere China-Importeure befinden sich in EU-Nachbarländern, was die Sache für Kontrolleure nicht einfacher macht. Denn wenn ein Gerät erst einmal in der EU in den Verkehr gebracht worden ist und ein Zulassungszertifikat – möglicherweise vom chinesischen Ableger eines britischen Zertifizierungsunternehmens – vorhanden ist, kann sie überall im Binnenmarkt vertrieben werden. Viele Probleme der Billigsägen sind unter Experten längst bekannt.

Doch für das Grauen aus dem Baumarkt fühlt sich offenkundig niemand richtig zuständig.

Das geht aus Briefwechseln zwischen Bundesumweltministerium, Bundeswirtschaftsministerium, Länderbehörden und Kraftfahrtbundesamt hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegen.

Das NRW-Umweltministerium räumt zudem ein, dass „aufgrund knapper Personalressourcen gezielte konzentrierte Überwachungsaktionen nicht möglich sind“. Das entbindet die Baumärkte jedoch nicht von ihren Pflichten, sagt Georg Abel, Bundesgeschäftsführer der Verbraucher Initiative: „Als wichtigster Ansprechpartner für den Verbraucher hat der Handel nicht nur die Pflicht, sondern kraft seiner Marktmacht auch die Möglichkeit, auf seine Lieferanten einzuwirken.“

Das sieht auch die Marktaufsicht so. Nach Erfahrungen des Regierungspräsidiums Darmstadt gibt es bei den meist aus China stammenden Motorsägen große Qualitätsschwankungen. Schon deshalb sollten die Importeure und Baumärkte im Interesse ihrer Kunden, so Ernst Kleberger vom Darmstädter Regierungspräsidium, bei jeder Containerlieferung eine Stichprobe entnehmen und überprüfen.

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