Neue Boni Zahltag für die Investmentbanker

Die neuen Vergütungssysteme sollen Exzesse verhindern, doch für 2010 werden die Boni-Banker wieder reichlich beschert. In der Investmentbanker-Hochburg London wächst die Wut. Und nicht nur dort. Mindern die neuen Regeln tatsächlich die Risiken?

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Josef Ackermann Quelle: REUTERS

Wenn sonst niemand hilft, muss Josef Ackermann den Auftritt von Prinzessin Anne retten. Als Schirmherrin der Organisation „Save the Children“ war die Schwester von Prinz Charles vor wenigen Tagen Gast beim gesellschaftlichen Höhepunkt im Terminkalender der Londoner Finanzelite – dem Galadinner der Fachzeitschrift „International Financing Review“ im Luxushotel Grosvenor House. Rund 1000 Investmentbanker versammelten sich zur Vergabe von Auszeichnungen für Höchstleistungen an den Finanzmärkten. Und der Chef der Deutschen Bank ließ es sich nicht nehmen, den Hauptpreis für die „Bank des Jahres“ selbst in Empfang zu nehmen.

Gut zwei Jahre nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers feierte sich die wieder erstarkte Branche selbst und sammelte nebenbei Spendengeld für Prinzessin Annes wohltätige Organisation. Mit knapp 800.000 Pfund war das Ergebnis jedoch erst einmal enttäuschend – bis Ackermann für die Deutsche Bank 500.000 Pfund lockermachte. Die generöse Geste verband er mit einem Appell an die versammelten Branchengrößen: „Es geht nicht nur um kommerziellen Erfolg, sondern auch darum, dass wir ein tiefes Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft entwickeln, in der wir arbeiten.“

Genau das vermisst die Öffentlichkeit nach der gerade überstandenen globalen Finanzkrise. Gerade in London nimmt die Kritik an den Boni-Bankern wieder deutlich zu. Während die Staaten auf ihre – auch wegen der Bankenkrise – immens gewachsene Verschuldung mit harten Sparprogrammen reagieren, sind die mageren Jahre in den Investmentbanken vorbei.

Dabei sind sich Experten längst einig, dass fehlgeleitete Vergütungssysteme eine wesentliche Ursache der Krise waren. „Die asymmetrische Verteilung von Chancen und Risiken hat zu einer exzessiven Risikobereitschaft geführt“, sagt Christoph Kaserer, Bankenprofessor an der Technischen Universität München. Die Banker kassierten bei Erfolgen hohe Boni und hatten bei Verlusten nichts zu befürchten.

Langfristige Perspektive

Lloyd Blankfein Quelle: dpa

Der fatale Mechanismus ist den Regulierern nicht entgangen. Die variablen Zahlungen sollen sich deshalb künftig stärker an langfristigen Zielen und am Unternehmenserfolg orientieren, auch der Anteil an Bargeld soll sinken. Eine entsprechende Richtlinie hat die europäische Bankenaufsicht Ende 2010 beschlossen. „Ein großer Teil der Regeln ist in internationalen Banken bereits umgesetzt“, sagt Carsten Roth von der Vergütungsberatung McLagan in London. Für regionale Institute ist dagegen vieles Neuland.

„Der Grundgedanke einer stärkeren Bindung an den langfristigen Erfolg ist auf jeden Fall richtig“, sagt Hans-Hermann Aldenhoff, Partner für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Simmons & Simmons in Düsseldorf. Bankenprofessor Kaserer verweist darauf, dass eine stärkere Orientierung der variablen Vergütung an der Entwicklung des Aktienkurses zu einer höheren Eigenkapitalquote des Instituts und damit zu mehr Stabilität führt.

Zumindest im vergangenen Jahr sind die Handelsrisiken der Banken tatsächlich deutlich gesunken. So ging der wichtigste Risikowert, der sogenannte „Value at Risk“, der den Maximalverlust eines Instituts bei nicht völlig unvorhersehbarem Geschäftsverlauf misst, bei der Deutschen Bank in den ersten neun Monaten 2010 um 40 Prozent im Vergleich zu 2009 zurück. Die Bank hat ihre Strategie geändert und ist weniger Risikopositionen eingegangen. Die Schwankungen an den Kapitalmärkten waren jedoch auch insgesamt deutlich geringer.

Ob die neuen Bonusregeln tatsächlich ausreichen, um künftige Krisen zu vermeiden, ist in der Branche umstritten. „Durch die Regeln verändert sich für uns im Grunde nicht viel“, sagt ein für Vergütung zuständiger Manager einer europäischen Großbank. Ein skeptischer Banker weist zudem darauf hin, dass ausgerechnet Lehman Brothers als Beispiel für eine Bank mit langfristig orientierter Vergütung galt.

Unsicherheit gibt es in den Banken derzeit vor allem deshalb, weil die kryptisch „CRD III“ genannte Richtlinie bei einigen Formulierungen reichlich Platz für Interpretationen lässt. Nur in wenigen Punkten ist sie so klar wie beim Verbot der früher durchaus üblichen mehrjährigen Garantieboni. Solche Prämien sind nur noch im ersten Jahr der Beschäftigung erlaubt, um Angestellte von der Konkurrenz abzuwerben. Davon wird weiter kräftig Gebrauch gemacht: So hat die Deutsche Bank 2009 laut ihrem Vergütungsbericht an 196 erfahrene Banker anderer Institute insgesamt 178 Millionen Euro gezahlt, damit diese bei ihr anheuerten.

In den Vorschriften fehlt dagegen eine klare Vorgabe für das Verhältnis von Fixgehalt zu variabler Vergütung. Die Aufseher fordern schwammig, dass es „angemessen“ sein soll. Das sei der Fall, wenn „keine signifikante Abhängigkeit von der variablen Vergütung besteht, diese aber andererseits einen wirksamen Verhaltensansatz leisten kann“, heißt es dazu wenig erhellend bei der deutschen Finanzaufsicht BaFin.

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