Öko-Nihilismus Wirtschaftlicher Selbstmord aus Angst vor dem Tod

Entscheidungen, deren Kosten ihren Nutzen dauerhaft weit übersteigen, sind schlicht dumm. Denn auf eine ganze Volkswirtschaft übertragen, wären sie gleichbedeutend mit Selbstmord. Da der Billionen verschlingende „Klimaschutz“ im Nichts enden wird, bezeichne ich diese Perversion von Ökologie als „Öko-Nihilismus“ – was nur eine andere Bezeichnung für Dummheit ist. Ein Meinungsbeitrag von Edgar Gärtner.

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Rauch steigt vom Quelle: dpa

Es gibt zwei konträre, mitunter aber auch komplementäre Auffassungen von Ökologie:

Zum einen die von der „Physico-Theologie“ des 17. und 18. Jahrhunderts ausgehende statische, hauswirtschaftliche, wonach die Welt ein geschlossenes, tendenziell vollständig analysierbares System im Gleichgewicht, genannt Naturhaushalt darstellt.

Dieser soll durch die Anwendung wissenschaftlich abgeleiteter Management-Regeln mit wenigstens 90-prozentiger Gewissheit hausväterlich verwaltet werden können.

Dem gegenüber steht die evolutionistische Sicht, wonach die Welt nach allen Seiten (außer nach rückwärts) offen ist. Es gibt darin kein statisches Gleichgewicht, keine prästabilisierte Harmonie. Systeme existieren, so gesehen, nur in unseren Köpfen oder in Dingen bzw. Organisationen, die wir bewusst schaffen. Menschliches Wissen bleibt immer eine Insel in einem Meer von Nichtwissen. Statt 90 Prozent wissen wir oft weniger als ein Prozent von dem, was wir wissen müssten, um natürliche und/oder gesellschaftliche Prozesse zielgerichtet steuern zu können.

Wir müssen aus Versuch und Irrtum lernen. Nur historisch gewachsene und bewährte Institutionen, angefangen mit der Familie und der Gemeinde, bieten uns danach provisorische Gewissheit. Erst im Rahmen solcher Institutionen bekommt ein haushälterisches Herangehen an Probleme der Ressourcen-Allokation Sinn.

Diese unterschiedlichen Herangehensweisen spiegeln sich im Gewicht, das verschiedenen Methoden der kollektiven Entscheidungsfindung beigemessen wird. Oberhalb der „magischen Zahl“ von 150 Personen (Familien oder Clans) gibt es im Grunde nur zwei Wege kollektiver Entscheidungsfindung: den Markt und die Bürokratie.

Der Markt ist historisch älter, denn schon der Homo sapiens sapiens von Cro Magnon betrieb vor Zigtausend Jahren nachweislich Fernhandel mit unbekannten Zeitgenossen und verdankt diesem vermutlich sein Überleben in der unwirtlichen Eiszeit.

Dennoch erscheint uns der Markt noch heute als „künstlich“, weil das über Hunderttausende von Jahren an das Leben in kleinen Horden angepasste menschliche Hirn mit unpersönlichen Formen des Austauschs offenbar schlecht zurechtkommt. Demgegenüber erscheint uns die erst sehr viel später mit dem Leben in größeren Städten aufgekommene Bürokratie eher als „natürlich“, weil diese offenbar an die hierarchische Struktur der Familie bzw. des Clans erinnert.

Bürokratische Versuche, reale oder vermeintliche Probleme zu lösen, erscheinen den meisten Menschen als attraktiver, als sich der Ungewissheit offener Märkte anzuvertrauen, wenn nicht auszuliefern. Außer in Notzeiten, in denen die Marktwirtschaft spontan in Form des Schwarzhandels aufblüht, bedarf die Marktwirtschaft deshalb meistens einer ordnungspolitischen Förderung. Der freie Markt bleibt eine Kulturaufgabe.

Ein Stück weit muss Bürokratie auch in einer freien Marktwirtschaft als notwendiges Übel akzeptiert werden: So in Buchführung und Statistik oder im Banken- und Versicherungswesen. Markt und Bürokratie können sich im Prinzip ganz gut ergänzen, sofern die Bürokratie sich damit begnügt, die Ergebnisse des Wettbewerbs und des damit verbundenen Lernens aus Versuch und Irrtum festzuhalten, um zu vermeiden, dass Fehler wiederholt werden. Gelangt die Bürokratie jedoch in eine führende Rolle, wird sie leicht zur „Anmaßung von Wissen“ (Friedrich August von Hayek). Diese führt nicht nur zu ineffizienter Ressourcen-Allokation, sondern auch zur Versuchung des Nihilismus.

Fahrzeuge stauen sich am Quelle: dpa

Nihilismus bedeutet nach Albert Camus nicht, an nichts zu glauben, sondern nicht an das, was ist.

Nach Friedrich Nietzsche, der den Begriff prägte, handelt es sich beim Nihilismus um ein zweideutiges und daher hoch gefährliches Durchgangsstadium zwischen dem Abfall von Gott und dem Glauben an den Übermenschen. Habe ich Nietzsche richtig verstanden, dann ist Nihilismus lediglich eine vornehme Umschreibung von Dummheit.

Diese hat wenig mit dem IQ zu tun, dafür aber umso mehr mit krankhafter Religiosität, mit dem Glauben, es gebe etwas Wichtigeres als das wirkliche Leben in Freiheit und Würde. Oft setzen Nihilisten alles daran, etwas wirklich oder scheinbar Gutes zu erreichen, achten dabei aber nicht auf dessen Preis. Dieser kann unverhältnismäßig hoch sein. Das ist eindeutig der Fall, wenn des vermeintlich Guten wegen nicht nur Freiheit und Menschenwürde, sondern u. U. sogar Millionen von Menschenleben geopfert werden, was im 20.Jahrhundert leider wiederholt vorkam. Nihilismus wurde und wird noch heute auch zur physischen „Negation des Lebens“ (Nietzsche).

Die aktuell gefährlichste Form von Nihilismus bzw. gutmenschlicher Dummheit sehe ich im „Klimaschutz“, weil dieser alles auf eine Karte setzt. Um das Ziel einer 20-prozentigen Reduktion des „Treibhausgases“ Kohlenstoffdioxid (CO2) bis zum Jahre 2020 zu erreichen und damit eine „Vorreiterrolle“ im Kampf gegen den als bedrohlich dargestellten Klimawandel spielen zu können, müssen nach den von der deutschen Bundesregierung im August 2007 im Schloss Meseberg getroffenen Beschlüssen schätzungsweise 500 Milliarden Euro investiert werden.

Gedankenlos nimmt die "Klimapolitik" Hunger- und Erfrierungsopfer in Kauf

Die EU-Kommission hat das Meseberger Programm im Januar 2008 für die ganze EU verbindlich gemacht. Dessen Gesamtkosten, so es denn umgesetzt wird, gehen also in die Billionen. Diesen Rieseninvestitionen stünde mit Sicherheit kein messbarer Einfluss auf die Durchschnittstemperatur der Erde gegenüber. Denn Deutschlands Beitrag zu den globalen CO2-Emissionen wird, nach „offiziellen“ Projektionen, im Jahre 2020 nur noch 1,6 und im Jahre 2030 gerade noch 1,2 Prozent ausmachen, während China allein über ein Viertel beisteuern würde.

Zwar führt die „Klimaschutzpolitik“ der Bundesregierung,  die Förderung unbezahlbarer „erneuerbarer“ Energiequellen bei gleichzeitigem Verzicht auf den Weiterbetrieb abgeschriebener und daher konkurrenzlos kostengünstiger Kernkraftwerke zweifelsohne auch zu einem Aufschwung mittelständischer Industrie- und Handwerksbetriebe. Aber diese Blüte und die mit ihr verbundene Schaffung Hunderttausender von (hoch subventionierten) Arbeitsplätzen werden erkauft durch enorm steigende Energiepreise. Das könnte sich als fatal erweisen, sollten jene Astronomen Recht behalten, die vor einer „Kleinen Eiszeit“ infolge nachlassender Sonnenaktivität warnen.

Gedankenlos nimmt so die „Klimapolitik“ mit der (gewollten) Verteuerung von Energieträgern und Nahrungsmitteln Hunger- und Erfrierungsopfer in Kauf, um vorgeblich ein statistisches Konstrukt, die bodennahe Durchschnittstemperatur über den Landmassen der Erde, zu schützen.

„Klimaschutz“ durch die Drosselung von CO2-Emissionen mithilfe des Einsatzes „erneuerbarer“ bzw. kohlenstoffarmer Energieträger und des Handels mit streng rationierten CO2-Emissionsrechten ist die bürokratische Antwort auf den ständigen, auch ohne menschliches Zutun ablaufenden Klimawandel. Statt auf der unvoreingenommenen Überprüfung von Hypothesen mithilfe von Experimenten und Messungen beruht die bürokratische Herangehensweise auf der Herstellung eines scheinbaren Konsenses über CO2-Emissionen als Hauptursache des Klimawandels mithilfe numerischer Computersimulationen im „Weltklimarat“ IPCC.

In welchem Maße es auf der Erde in den nächsten 100 Jahren wärmer oder kühler wird, können uns numerische Modelle der atmosphärischen Zirkulation, wie die US-Atmosphärenforscher Gerald Roe und Marcia Baker (in „Science“ vol. 318, p. 582) durch Tests aller gängigen „Klimamodelle“ demonstriert haben, aber gar nicht sagen. Die vernünftige Antwort auf diese Herausforderung liefert uns der gesunde Menschenverstand. Dieser legt uns nahe, Probleme immer ein Stück weit auf uns zukommen zu lassen, als uns um ungelegte Eier zu sorgen. Wir müssen versuchen, uns dem unvorhersehbaren und unaufhaltsamen Wandel möglichst intelligent anzupassen.

Die Chancen, dem pseudoreligiösen Wahn des Klimaschutzes ein Ende zu bereiten, stehen derzeit nicht gut

Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind Wettbewerb und Glaubensfreiheit.

Mehr Wettbewerb führt erfahrungsgemäß zur Steigerung des gesellschaftlichen Wohlstands. Dieser wiederum erleichtert die Anpassung an unvorhersehbare Entwicklungen wie Erdbeben oder Klimaverschiebungen. Denn nicht zufällig unterscheiden sich die Opferzahlen bei schweren Erdbeben in armen und reichen Ländern um einige Größenordnungen. Schreitet die „Klimapolitik“ jedoch auf dem eingeschlagenen Weg fort, droht uns m. E. eine allgemeine Verarmung und damit ein Sinken der Anpassungsfähigkeit, wenn nicht Selbstmord auf Raten. 

Dennoch stehen die Chancen, dem pseudoreligiösen Wahn des „Klimaschutzes“ ein Ende zu bereiten, derzeit nicht besonders gut. Dafür sorgt ein staatsmonopolistisches Kartell von Profiteuren maßgeschneiderter Gesetze im Namen des „Klimaschutzes“: der Öko-Industrie-Komplex. Zu diesem bekannten sich jüngst in einer auf Initiative des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) zustande gekommenen Erklärung zum bevorstehenden G8-Gipfel die Chefs von 91 internationalen Industrie-, Bank- und Versicherungskonzernen.

Darin machen sie sich stark für eine „kohlenstoffarme“ Wirtschaft durch eine Halbierung der weltweiten CO2-Emissionen bis zum Jahre 2050. Dabei gelte es, internationale „top-down“-Verpflichtungen mit „bottom-up“-Initiativen mithilfe von „Marktmechanismen“ zu einer „intensiven Public-Private-Cooperation“ zu verbinden. Was die ergrünten CEOs unter „Marktmechanismen“ verstehen, hat aber mit offener Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards wenig zu tun. Es handelt sich vielmehr um die geschlossene und statische Welt der Bürokratie. Deshalb wäre es nur logisch, diese Konzerne umgehend zu verstaatlichen.

Für die Verbreitung der Dummheit bedarf es keiner Verschwörung, denn Dummheit ist von sich aus hoch ansteckend. Das hat die Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann in ihrem Klassiker „Die Schweigespirale“ gezeigt.

Was als Offensive des Bürokratismus begann, droht deshalb zu einer gegenüber der Realität abgedichteten „totalitären Fiktion“ zu werden. Es ist zwecklos, die Erfinder und Profiteure dieser Fiktion widerlegen zu wollen.

Das hat die Philosophin Hannah Arendt am Beispiel der (noch immer fortlebenden) Fiktion einer jüdischen Weltverschwörung demonstriert. Hitler konnte nicht widerlegt, sondern nur militärisch besiegt werden, bemerkte Arendt trocken.

Auf die heutige Situation übertragen, heißt das für mich: Wir müssen versuchen, den Öko-Industrie-Komplex und seine nihilistischen Propheten mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.

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