Outdoor Investoren suchen das Abenteuer Outdoor

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Das Firmenlogo des Quelle: Marcus Brandt/dpa

Zuzuschreiben hat die Branche die Unruhe vor allem ihrem eigenen Erfolg. Kaum eine andere – außer vielleicht die IT- und Computerindustrie – kann auf eine ähnliche Wachstumsstory zurückblicken. Die meisten großen Marken waren vor nicht mal 25 Jahren noch Zwerge. Jack Wolfskin machte 1988 einen Umsatz von fünf Millionen Euro – für 2011 peilt der Konzern 350 Millionen an. Mammut, Teil des Zürcher Mischkonzerns Conzzetta Holding, setzte 1998 rund 20 Millionen Euro um – heute verkaufen die Eidgenossen Seile, Bergschuhe und Rucksäcke im Wert von mehr als 180 Millionen Euro. Und Marktführer und Umsatz-Milliardär North Face, hervorgegangen aus einem kleinen kalifornischen Kletterspezialisten, landete im Jahr 2000 für gerade mal 25 Millionen Dollar unter dem Dach des Jeans- und Dessous-Multis VF.

Profitieren konnten alle von einem gesellschaftlichen Trend: zurück zur Natur. "Der Loha klettert, wandert, raftet – und sei es in Gedanken", sagt Thomas Lipke, neben Andreas Bartmann Geschäftsführer von Globetrotter. Als Lohas bezeichnen Gesellschaftsforscher die Anhänger eines gesunden, nachhaltigen Lebensstils: Menschen mit höherem Einkommen, die beim Kauf einer statusträchtigen Outdoor-Jacke schon mal 400 Euro auf den Tisch legen – auch wenn die neue Joppe in vielen Fällen nur selten den Stadtrand und so gut wie nie das Hochgebirge sieht.

Gefühlte Authentizität

Die Bankenkrise beförderte den Trend: So mancher von Arbeitslosigkeit bedrohte Manager und Angestellte spürte das Verlangen, sich neu zu orientieren und eine spontane Sehnsucht nach bleibenden Werten. Während die Aktien der Geldhäuser auf Talfahrt gingen, blühte das Geschäft mit Wanderjacken. Den Rest übernahmen Trendsportarten wie Parcours (Hindernislauf durch die Stadt), Bouldern (Klettern in Absprunghöhe) oder Slacklining (Herumturnen auf fingerbreiten, zwischen Bäumen oder Felsen gespannten Seilen). Sie halfen, das etwas angestaubte Image der Branche aufzupolieren – weg von der Kniebundhose und roten Wollstrümpfen.

Natürlich würden für die neuen Hobbys auch Jeans und Turnschuhe reichen – trägt aber kaum einer. Wer aktiv ist, will Ausrüstung. In den Pionierjahren der Branche war das vor allem ein Job für Spezialisten und Tüftler wie Patagonia-Gründer Yvon Chouinard, der seine eigenen Kletterhaken schmiedete. Oder die in München als Sattlerei und Lederwarenfabrik gegründete Firma Salewa. Auch Schuhmacher Meindl gehört in diese Riege – die mehr als 300 Jahre alte Manufaktur aus dem bayrischen Kirchanschöring ist der wohl letzte unabhängige deutsche Bergschuhhersteller.

Im Kern lebt die Szene vor allem von der gefühlten Authentizität. Und die hat ihren Preis. Und sie riecht manchmal auch streng. "Den Schweißgestank kriegen wir nie mehr raus aus den Klamotten", grinst Rolf Reinschmidt, "dabei haben wir die schon mehrfach gewaschen."

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