Personalsuche Headhunter rangeln um Mandate

Der Wettbewerb unter Personalberatern bleibt auch 2010 knallhart - nun verschärft auch noch die Krise das Geschäft: Weggefallene Stellen und Kurzarbeit sind die Folgen. Dazu kommt die Konkurrenz durchs Netz. Die Situation halten nicht alle Unternehmen aus - der derzeitige Preisdruck lässt so manchen die guten Sitten vergessen.

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Personalberater suchen und vermitteln passendes Personal an Arbeitgeber. Derzeit leidet die Branche unter hohem Wettbewerb. Quelle: handelsblatt.com

DÜSSELDORF. Headhunter gelten gemeinhin als äußerst verschwiegene Zunft mit geschliffenen Manieren. Seit der Krise ist vieles anders. Christian Zeiss, Geschäftsführer der Personalberatung Heads, macht seinem Ärger über einige Branchenkollegen Luft: Ein M-Dax-Konzern hatte ihn beauftragt, einen neuen Finanzvorstand zu suchen. Schon eine Woche später hatte sein Auftraggeber sieben Vorschläge auf dem Tisch: unverlangt eingesandt von anderen renommierten Personalberatern.

"Ein klarer Bruch mit dem ungeschriebenen Ehrenkodex unseres Metiers", empört sich Zeiss. Seriöse Headhunter werden erst nach einem Auftrag tätig. Mal abgesehen von den grauen Eminenzen, die sich immer schon per "Kaltakquise" in den Top-Etagen verdingt haben. "Vielen Headhuntern scheint es so schlecht zu gehen, dass ihnen für ein Mandat jedes Mittel recht ist", glaubt Zeiss.

Die Branche der Personalberater blickt auf ein miserables Jahr zurück. Der Honorarumsatz erreichte 1,1 Mrd. Euro. Er brach um dramatische 26,2 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2008 ein - so stark wie in keiner Krise zuvor. Das ergab eine aktuelle Branchenumfrage der Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU).

Wo Suchaufträge wegbrechen, wächst der Druck auf die Honorare. "Der ist groß", sagt Peter Herrendorf, Deutschlandchef von Odgers Berndtson. "Und längst nicht jeder Berater ist standhaft", beklagt er die Verrohung der Sitten.

Im mittleren Management fallen ganze Führungsebenen weg

Traditionell verlangen Headhunter ein Drittel des ersten Jahreseinkommens pro Suche. An diese goldene Regel hält sich längst nicht mehr jeder. Ein Personalberater, der lieber inkognito bleiben will, verlor kürzlich ein großes Mandat für fast 20 Neubesetzungen. "Ein Wettbewerber hat uns dreist ausgebootet. Er gab 70 Prozent Rabatt aufs übliche Honorar. "Der verdient keinen Cent und macht die Preise kaputt."

Das ist kein Einzelfall. Für Zeiss ist verständlich, wenn Firmen sparen wollen. "Es gibt aber wohl kaum Teureres als falsche Besetzungen", warnt er. Trotz Krise konnte Heads das Geschäft bei 22,8 Mio. Euro stabil halten - Dank starker Nachfrage nach Finanzchefs. Auch alte Beraterhasen, die nur Top-Positionen vermitteln, verdienten gut.

Die meisten anderen Headhunter aber durchlebten ein schwieriges Jahr. Odgers Berndtson hatte wie etliche Konkurrenten Kurzarbeit eingeführt - ein absolutes Novum in der Branche. "Wir sind von unseren Mitarbeitern überzeugt und wollten uns nicht von Ihnen trennen. Daher arbeiteten wir einige Monate 20 Prozent kurz", erzählt Herrendorf. So konnten viele Beratungen größere Entlassungen vermeiden.

Korn/Ferry, die weltgrößte Personalberatung, hatte hierzulande ebenfalls über Kurzarbeit nachgedacht. Das Deutschlandgeschäft erlitt temporär Einbußen bis zu 20 Prozent. Auch Heidrick & Struggles, ebenfalls in den USA börsennotiert, erlebte ein schwieriges Jahr. Der globale Umsatz fiel um 36 Prozent auf 415 Mio. Dollar. Übers Deutschlandgeschäft schweigt die Beratung. Auch Branchenprimus Egon Zehnder spielte hierzulande mit 52,6 Mio. Euro ein Fünftel weniger Honorar ein.

Fakt ist: Das Personalkarussell kam in den krisengelähmten Branchen zu Jahresanfang 2009 fast zum Stillstand. Christoph Kleinen, Partner von Korn/Ferry: "In der Krise wollte kaum ein Manager das Risiko eingehen, die Stelle zu wechseln." Posten blieben vakant, wurden intern besetzt oder gestrichen. Viele Konzerne rationalisierten ganze Hierarchieebenen weg. Thyssen-Krupp etwa verschmolz fünf Bereiche zu zweien.

Kleinen: "Im mittleren Management sind viele Stellen unwiederbringlich weggefallen." Für Zeiss ein Trend, der durch die Krise nur beschleunigt wird. "Viele Managerposten waren doppelt besetzt, weil vor einigen Jahren Matrixorganisationen en vogue waren." Hatten Unternehmen etwa in jedem osteuropäischen Land einen Länderchef, ist heute nur noch ein "Regionalmanager Osteuropa" zu besetzen.

Manager werden zunehmend länderübergreifend gesucht. Zeiss: "Vor drei Jahren hat Heads sieben Prozent der Stellen im Ausland besetzt. Jetzt laufen 40 Prozent unserer Suchen außerhalb des deutschsprachigen Raums."

Berater ohne tragfähiges Netz im Ausland werden es schwer haben. Hinzu kommt: Auftraggeber ziehen das Tempo gewaltig an. Zeiss: "Hatten wir früher sechs Monate für eine Suche, dauert sie heute im Schnitt elfeinhalb Wochen." Nach Kandidaten mit einem Jahreseinkommen bis etwa 150 000 Euro suchen immer mehr Unternehmen ohnehin verstärkt selbst - angefangen von Adidas oder Audi. Facebook, Xing & Co. sei Dank.

Das Personalkarussell kommt wieder in Fahrt

So werden immer mehr Personalberater vom Markt gedrängt. "Viele Boutiquen und Einzelkämpfer mussten aufgeben", sagt Herrendorf. Smith & Jessen meldete im März 2009 Insolvenz an, MZ Consulting im Juni. Beide hatten sich auf die kriselnde Finanzbranche spezialisiert.

In den vergangenen Monaten können die Personalberater wieder aufatmen. Die Geschäfte ziehen allerorten an. Die Branche rechnet laut BDU 2010 mit einem Umsatzplus von zehn Prozent - gemessen am starken Einbruch ein eher bescheidenes Wachstum. Die Klientenbudgets bleiben mager und der Wettbewerb wird sich noch verschärfen, prophezeien die vom BDU befragten Headhunter unisono. An die raueren Sitten werden sich die Personalberater wohl gewöhnen müssen.

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