Pharmagroßhändler Celesio und Medco bündeln die Kräfte

Europas größter Pharmahändler Celesio baut zusammen mit dem US-Gesundheitskonzern Medco ein neues Geschäftsmodell für den Arzneivertrieb in Deutschland und Europa. Die Apothekenketten beider Konzerne bieten Dienstleistungen für Patienten künftig gemeinsam an.

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Celesio will mit Medco zusammenarbeiten. Quelle: ap

BERLIN/STUTTGART. Die bestehenden Versandapotheken beider Unternehmen - Doc Morris und Europa Apotheek Venlo - sollen künftig als Dienstleister auftreten. Sie sollen das Kostenmanagement für Krankenkassen und die individualisierte Medikamentenversorgung für chronisch Kranke verzahnen. Die Firmen wollen sich für einen Wachstumsmarkt positionieren: Gesundheitssysteme mit kommerzieller Hilfe effizienter machen.

Rechnung mit langem Horizont

Als Einstieg kündigten Celesio-Chef Fritz Oesterle und Medco-Chef David B. Snow an, ihre Aktivitäten im Arzneimittelversand in einem Joint Venture zu bündeln. Die neue Medco Celesio in Amsterdam, werde noch 2010 speziell im deutschen Markt die Arbeit aufnehmen. Große Durchbrüche erwartet sich Oesterle allerdings kurzfristig noch nicht - vielmehr kalkuliere er mit einem Zeithorizont von fünf oder zehn Jahren. Entscheidend sei: "Wer in diesem Markt zuerst unterwegs ist, der gewinnt."

Der Stuttgarter Celesio-Konzern , der weltweit 47 000 Mitarbeiter beschäftigt und über 21 Mrd. Euro Umsatz erzielt , hat mit seiner Versandmarke DocMorris bisher vergeblich auf eine zügige Liberalisierung des stark regulierten deutschen Apothekenwesens gesetzt. Seit klar ist, dass Celesio in Deutschland keine Apothekenketten betreiben kann, sucht der Konzern nach anderen Verdienstmöglichkeiten jenseits des Großhandelsgeschäfts. Nach verschiedenen kapitalintensiven Übernahmen im Ausland haben die Stuttgarter zuletzt auf die kapitalschonendere Strategie von Kooperationen umgeschwenkt. In der vergangenen Woche hatte Celesio bereits bekannt gegeben, mit dem Konkurrenten Phoenix den niederländischen Markt gemeinsam bearbeiten zu wollen.

Die Zusammenarbeit mit Medco Health Care Solutions (23 000 Mitarbeiter, 60 Mrd. Dollar Umsatz), ist nun der zweite konkrete Schritt binnen weniger Tage, mit denen Celesio die von Oesterle bereits angekündigte Erweiterung der Geschäftsstrategie vorantreibt.

Celesio und Medco setzen darauf, dass sich durch eine besser koordinierte Arzneiversorgung für chronisch Kranke, etwa Diabetiker, Milliardenbeträge sparen lassen. Hohe Summen gingen allein dadurch verloren, dass chronisch Kranke ihre Arzneien nicht wie vom Arzt verordnet einnehmen - behandlungsintensive Folgeschäden inklusive. Allein die Gesamtkosten der Diabetes-Behandlung in Deutschland werden auf mehr als 25 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt.

Mittels ausgefeilter Methoden zur Datenanalyse, die vor allem Medco einbringt, will das neue Unternehmen einerseits Krankenkassen helfen, Sparpotenziale bei ihren Patienten zu ermitteln. Andererseits könne es die Lösung liefern: Eine ergänzende individuelle Beratung der Patienten im Zusammenhang mit der regelmäßigen Medikamentenlieferung könne deren "Therapietreue" und damit Wirksamkeit der Therapie deutlich erhöhen, wie Medco in den USA nachgewiesen habe.

Allerdings stößt das geplante "integrierte Servicemodell" hierzulande noch auf viele rechtliche und praktische Hürden. Bisher gebe es im Gesundheitswesen kein Vergütungssystem, über das ein solches Modell der häuslichen Arzneimittelversorgung honoriert werden könnte, räumte Oesterle ein. Doch genau das werde sich wegen des Kostendrucks im Gesundheitswesen über kurz oder lang ändern, rechnet er. "Wir bereiten uns genau auf diese Veränderungen vor."

Synergien im Versandgeschäft

Das Modell setzt zudem voraus, dass sich Krankenkassen für die Zusammenarbeit interessieren - und dass sich zudem der einzelne Patient zur Teilnahme an dem Service bereiterklärt. Unabhängig von dieser längerfristigen strategischen Ansatz habe das Joint-Venture indes auch eine kürzerfristige Komponente. Bereits von der Zusammenlegung ihres Versandhandels versprechen sich die Partner binnen fünf Jahren einen Ergebnisbeitrag "im unteren zweistelligen Millionenbereich", so Oesterle.

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