Pharmaindustrie Ex-Chef greift Generikahersteller Ratiopharm an

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Grafik: Generikahersteller

Der Wettstreit wird vor allem bei den sogenannten Biogenerika entbrennen. Die Nachahmerpräparate biotechnologisch hergestellter Medikamente gelten als die gewinnträchtigen Präparate von morgen. Biogenerika sind teurer und komplexer in der Herstellung, dafür können die Hersteller aber höhere Preise verlangen und entsprechend mehr verdienen. 13 Biogenerika haben es bislang auf den deutschen Markt geschafft, darunter auch zwei Präparate von Ratiopharm – zur Behandlung von Krebs und von Blutarmut. Actavis muss hier bisher passen. Das soll jedoch nicht so bleiben.„Wir verfügen über kein eigenes Biogenerikum“, räumt Albrecht zwar ein. Dafür prüft er jedoch, ob Actavis ein Joint Ven-ture mit dem Schweizer Unternehmen BioPartners eingehen kann, das bereits ein nachgebautes Wachstumshormon erfolgreich durch die Zulassung brachte und noch weitere Biogenerika entwickelt. Jedenfalls steht für Albrecht fest: „Wir wollen neben Teva und Sandoz zu den führenden Anbietern von Biogenerika zählen.“

So will der Ex-Ratiopharm-Chef in Bälde erfolgreiche Krebsmittel und Insuline nachbauen lassen. Zu diesem Zweck hat er das Insulin-Geschäft des polnischen Unternehmens Bioton, der Muttergesellschaft von BioPartners, ins Visier genommen – und kürzlich eine Absichtserklärung für eine Kooperation unterzeichnet. Biotech-Unternehmen, die sich die teure Vermarktung ihrer Medikamente nicht leisten können, bietet er Actavis als Partner an. Parallel dazu durchkämmt Albrecht wie ein Trüffelschwein den Medikamentenmarkt nach günstigen Gelegenheiten – und trifft dabei, natürlich, immer wieder auf Ratiopharm und Teva. So möchte Albrecht das Geschäft mit generischen Verhütungsmitteln ausbauen. Ein Geschäft, in dem Teva bereits erfolgreich die Verhütungspille Yaz von Bayer nachahmt.

Jagd auf Ratiopharm erfordert Ausdauer

Einfach wird es für den ehemaligen Ratiopharm-Chef allerdings nicht werden, im Revier seines früheren Arbeitgebers zu wildern. Sven Dethlefs, der neue Ratiopharm-Chef, will jedenfalls wieder durchstarten und verlorenes Terrain gutmachen. Jahrelang war der Ulmer Generikahersteller durch Machtkämpfe zwischen Sohn Philipp und Vater Adolf Merckle, durch Personalquerelen und schließlich durch den Verkauf, der sich zwölf Monate lang hinzog, paralysiert. Die Marktführerschaft in Deutschland hat Ratiopharm bereits vor Jahren an Hexal verloren – und bislang noch nicht wieder zurückerobert.

Ex-McKinsey-Berater Dethlefs hat mit dem neuen Ratiopharm-Eigentümer Teva einen Konzern über sich, der bei der Konkurrenz für eine aggressive Gangart und Klagefreudigkeit bekannt ist. Auch sein Vorgänger Albrecht bringt den Israelis viel Respekt entgegen: „Die sind schlagkräftig und dezentral gut organisiert.“ Albrecht muss sich deshalb darauf einstellen, dass die Jagd viel Ausdauer erfordert. Denn während Actavis wachsen soll, muss Albrecht dort zugleich für Ordnung sorgen. „In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen wie wild zugekauft“, sagt er. Deshalb müsse er erst mal den entstandenen Wildwuchs beschneiden und Synergien heben. Außerdem heißt es, den Schuldenberg von über vier Milliarden Euro weiter abzutragen. Die Zentrale von Actavis hat Albrecht gerade – statt nach Ulm – in den schweizerischen Kanton Zug verlegt.

Wenn das Gröbste erledigt ist, kann sich Albrecht eine ganz große Aktion vorstellen. „In einigen Jahren schließe ich eine Fusion nicht aus“, sagt er. „Das gilt für alle Generikaunternehmen am Markt, da die Konsolidierung der Branche rasant voranschreitet.“ Um dieses Ziel zu erreichen, könnte sich Albrecht zum Beispiel mit Stada verbinden. Das Unternehmen im hessischen Bad Vilbel ist der letzte unabhängige deutsche Generikahersteller von Bedeutung; die Aktien des Unternehmens sind breit gestreut. Verbindungen zu einem möglichen Finanzier hat Albrecht durch seine Tätigkeit für die Deutsche Bank jedenfalls schon. Mit Stada wäre er dann tatsächlich der große Gegenspieler seines Ex-Arbeitgebers Ratiopharm.

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