Pharmaindustrie Mehr Unterstützung für Contergan-Opfer

Seite 2/3

Der Grünenthal-Konzern auf einen Blick

Womit können die besonders hart betroffenen Opfer denn jetzt von Grünenthal rechnen, mit Lenkhilfen für Autos oder mit der Bezahlung von Haushaltshilfen?

Wir sind dabei, konkrete Projekte zu definieren.

Bei vielen Mitarbeitern genießen Sie auch kein gutes Image. Grünenthal baut in Deutschland etwa jeden zehnten Arbeitsplatz ab. Gibt es weitere Kündigungen?

Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit, das Unternehmen weiter zu verschlanken. Wir streichen zwar in Deutschland Arbeitsplätze in Produktion und Verwaltung, bauen aber in diesem und im nächsten Jahr hierzulande mehr als 150 Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung auf. Am Standort Aachen investiert Grünenthal in den nächsten drei Jahren 100 Millionen Euro in diesen Bereich. Wir setzen auf Innovationen. Im laufenden Geschäftsjahr geben wir 30 Prozent unseres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus – 2010 waren es 23 Prozent. Das ist prozentual mehr als bei den meisten großen Pharmakonzernen.

Bisher sind Sie eher durch den Verkauf etlicher Arbeitsgebiete wie Antibiotika, Verhütungsmittel und Hautpflegemittel aufgefallen. Soll am Ende vielleicht sogar Grünenthal komplett verkauft werden?

Grünenthal wird nicht verkauft – klare Ansage. Die Eigentümerfamilie Wirtz steht hinter dem Unternehmen. Von den genannten Sparten haben wir uns getrennt, weil wir uns nicht verzetteln wollen und weil wir uns auf das Geschäft mit Schmerzmitteln konzentrieren werden, wo wir aufgrund unserer Erfahrung die größten Erfolgschancen sehen.

Grünenthal tritt dabei gegen große, börsennotierte Konzerne an. Geht Ihnen dabei nicht irgendwann die Puste aus?

Ich sehe nur, dass die großen Pharmamultis wie Pfizer – da neue Medikamente häufig ausbleiben – restrukturieren sowie Forschungs- und Entwicklungskosten kappen, um auf ihre Gewinne zu kommen und die Erwartungen der Börse zu erfüllen. Als Familienunternehmen können wir dagegen auch mal kurzfristig auf Gewinne verzichten.

Mit Ihrem operativen Gewinn vor Steuern von etwa 80 Millionen Euro für 2010 kommen Sie gerade mal auf eine Gewinnmarge von neun Prozent vom Umsatz, deutlich weniger als bei vielen Pharmakonzernen. Wie lange werden das Ihre Eigentümer noch mitmachen?

2009 lag unsere Marge bei 13 Prozent. Der Rückgang 2010 erklärt sich dadurch, dass wir in die Einführung unseres Schmerzmittels Palexia und in Forschung und Entwicklung investiert haben. Die Gewinnmarge wird aber nicht weiter sinken. Da wir unser Portfolio verschlankt und Strukturen vereinfacht haben, erzielen wir Effizienzgewinne. In den kommenden Jahren werden wir jeweils Gewinnmargen vor Steuern zwischen 10 und 20 Prozent erzielen. Und wir werden auch unseren Umsatz steigern: 2015 wollen wir 1,5 Milliarden Euro statt 910 Millionen im Jahr 2010 erreichen.

Künftig setzen Sie nur noch auf ein einziges Feld, nämlich Schmerzmittel. Wieso fahren Sie einen solch riskanten Kurs?

Wir verfügen auch noch über ein starkes Südamerika-Geschäft, wo wir etwa 15 Prozent unseres Umsatzes erzielen und neben Schmerzmitteln auch zahlreiche andere Präparate anbieten. Aber in Europa und den USA konzentrieren wir uns auf Schmerzmittel. Und das ist ein breites Feld mit zahlreichen Möglichkeiten. Jeder zehnte Patient in der westlichen Welt leidet unter chronischen Schmerzen. Es gibt jede Menge Schmerzen, etwa Rheuma, Migräne, Tumor- und Nervenschmerzen. Allein der Markt für Morphine und Opiate macht weltweit 70 Milliarden Dollar aus. Wir haben Mittel gegen mittlere und starke Schmerzen sowie speziell gegen neuropathische Schmerzen, also Nervenschmerzen, im Angebot.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%