Pharmaindustrie Mehr Unterstützung für Contergan-Opfer

Der Chef des Pharmakonzerns Grünenthal, Harald Stock, über neue Hilfen für Contergan-Opfer, den Abbau von Arbeitsplätzen und das umstrittene Schmerzmittel Palexia.

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Harald Stock Quelle: Foto: Frank Beer für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Stock, Grünenthal steht wegen des Schlafmittels Contergan vor rund 50 Jahren für den größten Arzeimittelskandal Deutschlands. Mit wie vielen Opfern haben Sie schon gesprochen?

Stock: Ich habe seit meinem Amtsantritt Anfang 2009 mit etwa einem Dutzend Betroffenen gesprochen. Beirat, Gesellschafter und Geschäftsleitung von Grünenthal sind sich einig, dass wir den Dialog, den mein Vorgänger Sebastian Wirtz begonnen hat, weiterführen und die Betroffenen unterstützen.

Etwa 10.000 Babys sind weltweit zwischen 1957 und 1961 mit Missbildungen an Armen und Beinen zur Welt gekommen. Wäre jetzt nicht Zeit für eine Entschuldigung?

Uns tut das unendlich leid – für die Betroffenen wie auch für deren Familien und besonders für die Mütter. Das haben wir auch bereits mehrfach öffentlich zum Ausdruck gebracht. Ich habe bei meinen vielen Gesprächen mit Contergan-Geschädigten erfahren, dass die Betroffenen nichts davon haben, wenn ich, Harald Stock, mich entschuldige. Ich sehe also darin keine große Forderung der Geschädigten. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, deren Lebenssituation zu verbessern. Vielen Opfern, die heute um die 50 Jahre alt sind, läuft die Zeit davon: Sie leiden heute unter starken Schmerzen, da sie, bedingt durch die Fehlbildungen an Armen und Beinen, andere Gelenke übermäßig belastet haben.

Keine Entschuldigung, aber dafür mehr Geld?

Grünenthal hat vor zwei Jahren 50 Millionen Euro an die Contergan-Stiftung überwiesen. Die Stiftung leistet Zahlungen an die Betroffenen...

...und für Grünenthal ist der Contergan-Skandal damit endgültig beendet?

Nein. Contergan bleibt immer ein Teil unserer Firmengeschichte. Wir haben entschieden, künftig die Härtefälle unter den Betroffenen unkompliziert zu unterstützen, wenn diese akuten Bedarf haben, für den die Sozialkassen nicht zahlen. Contergan-Geschädigte, besonders die Vierfachgeschädigten an Armen und Beinen, die akute Unterstützung an Sachleistungen benötigen, können sich an uns wenden. Über die Vergabe entscheidet dann ein Team, dem auch ich angehöre. Wir sind startklar, das Geld für Projekte und Härtefälle liegt bereit. Über eine konkrete Summe ist dabei noch nicht entschieden.

Entscheiden dabei auch Contergan-Opfer mit?

Ich würde sehr begrüßen, wenn auch Contergan-Betroffene unserem internen Team mit Rat zur Seite stünden.

Warum lief ein Gespräch zwischen Ihnen und dem Bundesverband der Geschädigten kürzlich dann so angespannt, wie der Verband öffentlich klagte?

Der Dialog war längere Zeit unterbrochen, wir mussten uns erst wieder aneinander gewöhnen. Wir wollten vor etwa zwei Jahren vom Bundesverband wissen, wie viele Contergan-Betroffene welche Hilfe benötigen, die nicht von den bisherigen Zahlungen abgedeckt sind. Darüber ist lange kein Gespräch zustande gekommen – der Bundesverband wollte, dass wir mit einzelnen Opfern reden. Erst vor einiger Zeit ist der Verband wieder auf uns zugekommen.

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