Private Equity Firmenjäger blasen zum Angriff auf den Mittelstand

Firmenjäger erwarten einen neuen Übernahme-Boom. Dabei wandern immer öfter Unternehmen von einem Finanzinvestor zum nächsten.

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Takko-Logo Quelle: dpa/dpaweb

Bei Takko zu kaufen ist noch schlimmer, als bei KiK zu klauen.“ Der Spruch zeigt, wie schlecht das Image von Textildiscountern bei vielen Deutschen ist. Doch das schreckt Finanzinvestoren nicht ab. Erst im Dezember zahlte das weltweit aktive Private-Equity-Unternehmen Apax Partners mehr als 1,2 Milliarden Euro für die Modemarktkette Takko mit Sitz im westfälischen Telgte. Es war die größte Übernahme eines deutschen Unternehmens durch einen Beteiligungsfonds 2010. Der Verkäufer, die US-Gesellschaft Advent International, hatte Takko 2007 von der in London ansässigen Permira übernommen. Beide Vorbesitzer waren also auch Finanzinvestoren.

Solche Unternehmensverkäufe von einem Firmenjäger an den nächsten – im Branchenjargon Secondary und Tertiary Buyout – gibt es immer häufiger. Lutschen die renditehungrigen Fonds jetzt nur noch die Reste aus schon ausgepressten Orangen? Das ist eine der Fragen, mit denen sich die Elite der Finanzinvestoren kommende Woche in Berlin beschäftigen wird.

Das Branchentreffen Super Return in der Hauptstadt soll nach Jahren der leisen Töne endlich wieder seinem Namen Ehre machen: maximale Rendite. Die Stimmung ist so gut wie lange nicht. „2011 werden Finanzinvestoren wieder mit circa 15 Prozent an den in Deutschland erfolgenden Unternehmensübernahmen beteiligt sein“, schätzt Alexander Gehrt, Leiter des deutschen Übernahmegeschäfts bei der Schweizer UBS. Das wäre zwar noch deutlich unter dem Niveau der Boomjahre von bis zu 25 Prozent, zeige aber die wieder wachsende Bedeutung von Private Equity.

Keine Mondpreise mehr

Schon 2010 wurden wieder deutlich mehr deutsche Unternehmen von Firmenjägern gekauft als 2009. Mondpreise wie vor der Krise werden aber keine mehr gezahlt. Obwohl die Zahl der Deals stieg, blieb der Wert der Übernahmen mit gut drei Milliarden Euro unter dem Vorjahr. Finanzinvestoren jagen also wieder, zielen vor dem Abschuss aber genauer – und verhandeln härter. Beute machen sie dabei immer häufiger im Portfolio von Konkurrenten. So entfiel im ersten Halbjahr 2010 mehr als die Hälfte des Werts europäischer Private-Equity-Deals auf das Konto von Secondary-Übernahmen.

Nicht nur die Takko-Modemärkte wechselten innerhalb weniger Jahre mehrfach von einem Finanzinvestor zum anderen. Der Verpackungshersteller Kalle aus Wiesbaden, Spezialist für Wurstpellen, wurde in den Neunzigerjahren von CVC Capital Partners aus dem Hoechst-Konzern herausgekauft, um 2004 von Montagu Private Equity übernommen zu werden. Der erste Investor ermöglichte dem Unternehmen die Selbstständigkeit, während der zweite die internationale Expansion finanzierte. Gemeinsam mit Silverfleet, dem dritten Investor aus dem Private-Equity-Lager, verfolgt Kalle-Chef Walter Niederstätter nun das Ziel, „den Unternehmenswert durch weitere Akquisitionen, die Erschließung neuer Märkte und die Einführung neuer Produkte zu steigern“. Kalle macht jährlich mehr als 200 Millionen Euro Umsatz und kaufte im Januar den US-Konkurrenten Jif-Pak.

Ähnliche Muster sind quer durch die Szene zu beobachten. „Oft ist es ein Wechsel des Investors, der Portfoliounternehmen den Eintritt in eine neue Wachstumsphase ermöglicht“, sagt Jeremy Golding, Chef des Dachfonds Golding Capital Partners. Häufig sehe sich der alte Eigentümer aber auch zum Ausstieg aus einem gut laufenden Investment gezwungen, weil ihre Kapitalgeber meist nach fünf bis sieben Jahren Geld sehen wollen.

Nicht immer geht der fliegende Heuschrecken-Wechsel gut. So profitierte Katz, der Weltmarktführer für Bierdeckel, zwar noch von den Investitionen des ersten Private-Equity-Eigentümers 3i, der die Badener vom Holzkonzern Pfleiderer übernahm. Doch mit dem deutschen Finanzinvestor Equivest, der 2005 einstieg, hatte Katz kein Glück. Die Strategie des neuen Besitzers, die Produktpalette unter anderem auf Pizzaschachteln auszuweiten, fruchtete nicht. Katz musste von einem Insolvenzverwalter saniert werden und flüchtete Ende 2009 unter die Fittiche des Papierkonzerns Koehler Paper Group aus dem badischen Oberkirch.

Takko will es besser machen und mit dem neuen Eigentümer Apax kräftig wachsen. Seit Permira die Kette 2007 übernahm, ist die Zahl der Filialen um rund die Hälfte auf 1500 gestiegen. Die Umsätze kletterten jährlich um 13 Prozent auf zuletzt mehr als 900 Millionen Euro – und das sollen sie weiter tun. „Vor allem in Osteuropa wollen wir neue Takko-Filialen eröffnen“, kündigt Apax-Partner Christian Näther an. Zudem wolle die Kette das Internet als neuen Vertriebskanal testen. Bisher betreibe der Modediscounter noch keinen Handel über das Web, könne aber jetzt die Apax-Expertise auf diesem Gebiet nutzen, sagt Näther.

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