Private Krankenversicherungen Kunden bezahlen für Systemfehler bei Krankenversicherungen

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Krankenversicherungen Quelle: IGES-Studie, Bundesministerium der Gesundheit, Ombudsmann der PKV

Die Branche sucht das Problem zu entschärfen, indem sie sich auf die erhofften neuen Kunden stürzt, die nun dank der christliberalen Koalition einfacher der GKV den Rücken kehren können. Dabei geht es um 31,1 Milliarden Euro Beitragseinnahmen, um die rund 46 Unternehmen buhlen (siehe Grafik), am erfolgreichsten die Debeka mit ihren 2, 1 Millionen Vollversicherten.

Doch die Schlacht droht zur Angstblüte der PKV zu werden. Die Konfrontation läuft zwischen Groß und Klein, zwischen Erfolgreich und Erfolglos. Hier die Central-Versicherung, die 2009 mit 47.800 vollversicherten Neukunden der Branchengewinner war, gefolgt von Debeka (41.500 ) und HanseMerkur (22.500). Dort die Allianz, die per saldo 15.200 Kunden verlor, oder die DKV, die 8600 Versicherte verabschieden musste. Der frühere Ombudsmann der PKV, Arno Surminski, warnt: „Viele Unternehmen sind nicht mehr in der Lage , die natürlichen Bestandsverluste durch Neuabschlüsse auszugleichen. Die Schere zwischen stagnierenden und wachsenden Unternehmen wird immer größer.“

Die Konsolidierung, also das Ende der Selbstständigkeit mancher Versicherungen, kommt. Viele der 46 Anbieter liegen weit unterhalb der 75.000 Versicherten, die Experten für die kritische Masse halten, von der an sich das Geschäftsmodell der PKV überhaupt rechnet.

Immer teurer

Krankenversicherungen Quelle: IGES-Studie, Bundesministerium der Gesundheit, Ombudsmann der PKV

Damit Einnahmen, Ausgaben und Alterungsrückstellungen im Lot bleiben, drehen viele Unternehmen immer hektischer an der Beitragsschraube. „Die Anpassungen sind in diesem Jahr überproportional hoch und von Tarif zu Tarif extrem unterschiedlich“, sagt Martin Zsohar, Geschäftsführer des Analysehauses Morgen&Morgen aus Hofheim im Taunus. Im Schnitt lag sie 2010 bei 4,9 Prozent der untersuchten Tarife. Die sind zwar repräsentativ, aber nicht vollständig – mit mehr als 14.000 verschiedenen Tarifen sind die Angebote kaum zu durchschauen. Und das ist von der Branche auch so gewollt.

Die Erhöhungen jedenfalls manifestieren einen Trend: Von 2000 bis 2010 stiegen die billigsten Frauentarife im Schnitt um 0,7 Prozent jährlich, die teuersten um 7,4 Prozent; die Männer pendeln zwischen 1,3 und 11,6 Prozent. Zugleich haben in den Ratings der Hofheimer Experten nur 20 Prozent der Anbieter eine sehr gute oder ausgezeichnete Bewertung erhalten.

Eine aktuelle Studie des unabhängigen Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) kommt zu dem Ergebnis: „Die PKV wird ihren Ansprüchen nicht gerecht, einen besseren Schutz als die GKV gegen Beitragssteigerungen zu bieten. Es ist somit fraglich, ob die etablierten Strategien zur Bewältigung der zukünftigen versicherungstechnischen Risiken, insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel, ausreichen.“

So sind laut IGES zwischen 1997 und 2008 die Ausgaben je PKV-Kunden um 49 Prozent, die der GKV-Versicherten aber nur um 31 Prozent gestiegen (siehe Grafik). 2009 gab die GKV rund 160 Milliarden Euro für medizinische Leistungen für ihre 70 Millionen Versicherten aus, die PKV rund 21 Milliarden Euro für 8,8 Millionen Kunden. Doch die PKV hat ein Problem: Wer mehr zahlt, will mehr fürs Geld. „Die PKV kommuniziert nicht, worin leistungsbezogene Vorteile der PKV-Versicherten gegenüber der GKV liegen, die die relativen Mehrausgaben begründen“, heißt es in der IGES-Studie. Das erodiert für viele die Daseinsberechtigung der PKV.

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