Private Regionalbahnen Scharfe Konkurrenz für die Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn bewältigt zwar immer noch 80 Prozent des Regionalverkehrs, hat aber starke Konkurrenz bekommen. Nach einem Ranking des Vereins Allianz pro Schiene gehören die regionalen Privatbahnen zu den erfolgreichsten und Besten.

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In Bayern gehört die BOB fest zur Landschaft. Ein neuartiges Flügelzugsystem sorgte zwar anfangs für Pannen, beschert den Fahrgästen aber heute umsteigefreie Verbindungen bis nach München. Durchgehender Stundentakt, zu Hauptverkehrszeiten sogar Halbstundentakt, das hat die Fahrgäste überzeugt. „Eine der besten

Die Regiobahn Kaarst – Mettmann, die jeden Tag Pendler nach Düsseldorf bringt, kann stolz sein. Der Verein Allianz pro Schiene bescheinigt ihr, die erfolgreichste Privatbahn Deutschlands zu sein. Denn die modernen schwarz-weiß-roten Dieseltriebwagen mit dem Markennamen „Talent“ haben ihr binnen zehn Jahren 3790 Prozent mehr Fahrgäste beschert.

Rund 20.000 Menschen entscheiden sich jeden Tag für die klimatisierten Züge, die im 20-Minuten-Takt das niederrheinische Flachland mit der Landeshauptstadt und dem Bergischen Land verbinden. „Sicherheit, Pünktlichkeit, Freundlichkeit und Sauberkeit und eine gut organisierte Transportkette sind die Erfolgsfaktoren“, zählt Regiobahn-Geschäftsführer Joachim Korn auf, der gelegentlich selbst den Führerstand in einem der zwölf Triebwagen übernimmt.

Mehrfach vergrößerte Parkplätze und neue Bahnhöfe locken immer mehr Fahrgäste in der staugeplagten Region an. Jetzt könnte die Strecke bis Wuppertal verlängert werden, wenn die Finanzierung gesichert wäre. Doch die hochkomplexen Regelungen des Regionalverkehrs legen erfolgreichen Bahnen immer noch Steine auf die Schiene.

"Schienenverkehr attraktiver gestalten"

Seit 1996 sind die Bundesländer für den regionalen Schienenverkehr zuständig, sie bestellen die Züge nach einer Ausschreibung und erhalten dafür vom Bund Regionalisierungsmittel. Die wurden vom Bundesfinanzminister in den vergangenen Jahren auf 6,67 Milliarden Euro gekürzt, obwohl die Verkehrsleistung im Regionalverkehr von 1995 bis 2008 um 33 Prozent gestiegen ist.

Die seit 2009 geltende Dynamisierung um jährlich 1,5 Prozent ist den Schienenverkehrs-Befürwortern der Allianz pro Schiene nicht genug. „Wir möchten eine Erhöhung auf 2,5 Prozent“, forderte Allianz-Geschäftsführer Dirk Flege von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee bei der Präsentation 15 erfolgreicher Bahnen in Berlin, die nach den größten Fahrgastzuwächsen, pro Bundesland und gut verteilt in städtischen und ländlichen Gebieten ausgewählt wurden.

Tiefensee aber wollte sich nur auf „mindestens 1,5 Prozent“ festlegen lassen. „Wir müssen den regionalen Schienenverkehr gegenüber dem Individualverkehr noch attraktiver gestalten“, dozierte der wahlkämpfende Minister vor 160 Vertretern von regionalen Privatbahnen und der Schienenfahrzeugindustrie.

Störanfällige Triebwagen

Die Deutsche Bahn bewältigt zwar immer noch 80 Prozent des Regionalverkehrs, hat aber starke Konkurrenz bekommen: Manchmal sind es Zwerge wie die Prignitzer Eisenbahn, die 1996 von zwei Eisenbahnern gegründet wurde. Die ehemaligen Reichsbahn-Lokführer Thomas Becken und Mathias Tenisson hatten zunächst mit alten DB-Schienenbussen die Strecke Neustadt/Dosse – Kyritz am Leben erhalten und mit Pflanzenöl als Treibstoff auf sich aufmerksam gemacht.

Jetzt gehört die Bahn zum internationalen Verkehrskonzern Arriva, der in neue Triebwagen investierte, die auch im Ruhrgebiet, von Dortmund nach Enschede und nördlich und östlich von Berlin automüde Fahrgäste anziehen. Neue Fahrzeuge, guter Service, eingängig vertaktete Fahrpläne, Imagewerbung und ein tiefes Verständnis für lokale Verkehrsbedürfnisse gehören zu den Vätern des Erfolgs.

Und Menschen wie Heino Seeger: „Die Eisenbahn muss ein Gesicht haben“, sagt der Geschäftsführer der Bayerischen Oberlandbahn (BOB). Die Bahn war 1998 mit futuristischen, aber sehr störanfälligen Triebwagen auf der ehemaligen Tegernseebahn ab München gestartet und erkämpfte sich trotzdem in zehn Jahren ein Fahrgastplus von 233 Prozent „Regionales Marketing ist das A&O“, sagt der aus der Eifel stammende Geschäftsführer.

Die Strecke Osnabrück - Vechta - Bremen war früher ein klassischer Fall dafür, wie man Fahrgäste vergrault. Immer weniger Verbindungen, am Wochenende Betriebsruhe. Bürgerinitiativen kämpften gegen den Niedergang, heute fährt die Nordwestbahn Stundentakt und gehört zu den Zugpferden der Branche. Betreiber: NordWestBahn GmbH, Fahrgäste 1998 bis 2008: plus 560 Prozent Quelle: NordWestBahn GmbH

Eine Privatbahn müsse sich inszenieren, um Erfolg zu haben. Wohltätigkeitsveranstaltungen, Feste in Verbindung mit der Bahn und Rabatte, etwa für Wintersportler, halten die Bahn im Gespräch.

Manchmal helfen auch verstopfte Straßen und Park&Ride-Plätze wie bei der Taunusbahn, die von Frankfurt/Main in den Hochtaunuskreis fährt. 11.000 Fahrgäste benutzen täglich die modernen Triebwagen. 1989 waren es nur 1500, wobei 1000 Reisende pro Tag als die unterste Grenze für einen sinnvollen Schienenverkehr gilt.  

Hartnäckige Rentner und ein Student haben die ehemalige DB-Strecke Vechta – Lohne vor dem Verfall gerettet. Seit 1998 fährt die Nordwestbahn der Veolia Verkehrs GmbH im Takt und verbindet inzwischen Osnabrück und Bremen. 6900 Menschen fahren täglich mit, und wer sich nicht traut, bekommt auf Wunsch sogar eine individuelle Einweisung von der Bahn.

Bahn hat schöne Töchter

Nicht nur die Privatbahnen gehören zu den Besten, die der Allianz pro Schiene auffielen. Auch die Deutsche Bahn hat schöne Töchter. Die S-Bahn Rhein-Neckar holte binnen sechs Jahren 48 Prozent mehr Reisende auf die Schiene.

Auch die Usedomer Bäderbahn, die 1994 als DB-Tochter ein marodes Streckennetz übernahm, hat den Verkehr seitdem fast verzehnfacht, und auch der brandenburgische Prignitz-Express legte in diesem Jahrtausend kräftig zu. Die Gäubahn im Nordschwarzwald wird von der DB Regio AG zusammen mit der überaus erfolgreichen Albtal-Verkehrs-Gesellschaft betrieben, die in Deutschland den Betrieb von Straßenbahnzügen auf DB-Gleisen populär gemacht hat, um den Fahrgästen das Umsteigen zu ersparen.

Dank engagierter Bürgerinitiativen betreibt die DB Regio auch die Strecke Nürnberg Nordost – Gräfenberg wieder mit Erfolg. Die Fahrgastzahl hat sich seit 2000 fast verdreifacht.

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