Professor Chiffre Sparen ist nicht alles

Warum es mehr als einen neuen Stabilitätspakt oder Schuldenbremsen braucht, um neuerliche Schieflagen von  Euro-Ländern in der Zukunft zu verhindern.

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Bert Rürup – Prof. Chiffre. Quelle: handelsblatt.com

Viele der heutigen Euro-Retter unterliegen dem gleichen Irrtum wie die Gründungsväter der Währungsgemeinschaft: dem Glauben, das Einhalten eines Stabilitätspakts mit strikten Verschuldungsgrenzen und Schuldenbremsen würden ausreichen, finanzpolitische Solidität zu gewährleisten.

Fakt ist aber, dass der 2003 von Deutschland aufgeweichte Stabilitätspakt und die Missachtung der Haushaltsregeln durch Griechenland, über die die anderen Euro-Staaten augenzwinkernd hinweg  gesehen haben, nur eine Ursache der fiskalischen Schieflage einiger Mitgliedsländer ist. Dass Irland unter den europäischen Rettungsschirm flüchten musste oder Spanien kritisch von den Finanzmärkten beäugt wird, hat nichts mit einer unsoliden Politik dieser Länder zu tun.

Vor der Krise galten beide Staaten als Musterschüler, die Haushaltsüberschüsse erwirtschafteten. In Spanien war es die sehr hohe private Verschuldung, die nach dem Platzen der Immobilienblase staatliche Stützungsmaßnahmen zugunsten des Bankensystems erforderlich machten. In Irland hat der Zwang, einen Kollaps der für ein so kleines Land viel zu großen Banken  zu verhindern, die Schuldenstandsquote über 100 Prozent getrieben. Kein noch so scharfer Stabilitätspakt hätte dies verhindern können.

Um neuerliche Schieflagen von  Euro-Ländern in der Zukunft zu verhindern, braucht es deshalb mehr als einen neuen Stabilitätspakt oder Schuldenbremsen. Wenn Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien ihre Haushalte konsolidieren müssen und dadurch die Konjunktur in Europa deutlich an Schwung verliert, muss – da auch Frankreich schwächelt -  Deutschland als Europas wirtschaftlich stärkste Nation bereit sein, die europäische Konjunktur zu stützen - im Interesse solider Staatsfinanzen. Und um zu verhindern, dass es durch eine Schieflage systemisch wichtiger Banken zu weiteren Infektionen der Staatsfinanzen kommt, ist es „5 vor 12“. Die Euro-Staaten müssen sich endlich auf eine einheitliche Bankenaufsicht, eine einheitliche Insolvenzordnung für Banken und eine einheitliche Einlagensicherung verständigen.

Bert Rürup, geboren 1943 in Essen, hat fast 30 Jahr lang die Bundesregierung beraten und war unter anderem Chef der Wirtschaftsweisen. Mit Carsten Maschmeyer hat er das Beratungsunternehmen MaschmeyerRürup gegründet.

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