Rauchverbot Wo im Job gequalmt werden darf

Ein bundesweites Rauchverbot mit verbindlichen, möglichst einheitlichen Regeln – was in der Politik seit dem gerade in Bayern erfolgreichen Volksentscheid wieder heiß diskutiert wird, ist für Arbeitnehmer in großen deutschen Unternehmen seit Jahren Normalität: Wer rauchen will, muss raus, entweder auf die Straße oder in die Raucherecke. Dennoch gibt es Unterschiede bei der Ausgestaltung - und der Arbeitszeitregelung.

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Ein Gast zündet sich in einem Quelle: dpa

Im eigenen Einzelbüro? Verboten. In der Kantine? Niemals. Raucherzonen? Gibt es nicht. Passionierte Raucher haben es nicht leicht bei der Commerzbank. Wer hier im Glasturm der Frankfurter Zentrale während der Arbeitszeit qualmen will, muss erstmal ausstempeln. Und dann raus auf die Straße. Oder ab ins Glashaus. Kleine, transparente Zellen, mit Platz für ein paar qualmende Kollegen. Dem Laster frönen, unter den mitleidigen Blicken der nichtrauchenden Kollegen, die neben dran sitzen und einen Kaffe trinken. Entspannung sieht anders aus.

Alltag in Deutschlands Unternehmen: Rauchen ist out. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der WirtschaftsWoche unter den 30 größten Dax-Unternehmen. Seit Jahren gelten hier explizite Vereinbarungen, zu denen meist ein Rauchverbot im gesamten Betriebsgebäude gehört und die Rauchern nur wenig Möglichkeiten lassen, den blauen Dunst zu inhalieren.

Hintergrund ist die sogenannte Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Die schreibt dem Arbeitgeber vor, Nichtraucher gegen Passivrauchen zu schützen.

Raucherpausen sind keine Arbeitszeit

„Das Schutzinteresse der Nichtraucher genießt stets Priorität“, heißt es etwa bei der Lufthansa. die Betriebsvereinbarung „Nichtraucherschutz“ gilt schon seit 20 Jahren. erlaubt das Rauchen seitdem nur mehr in explizit ausgewiesenen Raucherzonen. Die liegen außerhalb der Betriebsgebäude im Freien, bestechen durch kargen Komfort: Überdachung, Sitzgelegenheit. Und, am wichtigsten: Aschenbecher. Mitarbeiter der Deutschen Börse müssen die Rauchpause draußen verbringen – und quetschen sich bei Regen unter einen fünf Quadratmeter großen transparenten Unterstand.

Seit knapp zwei Jahren gilt auch bei der Telekom ein generelles Rauchverbot in allen Räumlichkeiten. Wer qualmen will, muss raus aus seinem Büro. Entweder raus ins Freie oder in baulich abgetrennte Bereiche der Gebäude. Und sollte dabei nicht vergessen, sich beim Zeiterfassungssystem ab- und nach dem letzten Zug wieder anzumelden. Denn „ein gesetzlicher Anspruch auf Raucherpausen besteht für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht“.

Das gilt auch bei Adidas – Rauchpausen werden von der Arbeitszeit abgezogen. In den Gebäuden wird nicht geraucht – „ein ungeschriebenes Gesetz“, heißt es im Unternehmen, das offenbar auch ohne explizite Betriebsvereinbarung funktioniert. In der Kantine allerdings gibt es explizites Rauchverbot. „Als Sportunternehmen“, heißt es, „wollen wir Gesundheitsbewusstsein und Sportlichkeit für unsere Gäste und Mitarbeiter vorleben.“

So sieht sich auch Fresenius. Für das Pharmaunternehmen sind „Nichtraucherschutzmaßnahmen eine Selbstverständlichkeit“, seit 2008 ist Rauchen im Unternehmen grundsätzlich nicht gestattet. Wer dennoch raucht, aber von seinem Laster loskommen möchte, dem bietet das Unternehmen Nichtraucherseminare an.

Auch bei der Deutschen Börse werden seit 2008 im Rahmen einer Gesundheitswoche Kurse zur Rauchentwöhnung angeboten – offenbar mit Erfolg: Seit auf den Schutz von Nichtrauchern geachtet wird, sei, so der subjektive Eindruck im Unternehmen, die Zahl der Raucher zurückgegangen.

Bei Kali + Salz gehen die Führungskräfte mit gutem Beispiel voran: Vorstände und CEO sind Nichtraucher.

OB in Kantine oder Büro. Quelle: dpa

Ganz anders Richard Gretler. Der Chef des Zigarettenproduzenten Reemtsma mache zwar gerade eine Rauchpause, heißt es beim Hamburger Hersteller von West-Zigaretten und Drum-Tabak. Von der endgültigen Abkehr vom Glimmstengel könne dabei jedoch keinesfalls die Rede sein, dafür sei Gretler ein viel zu großer Freund der eigenen Erzeugnisse. Und so darf das Unternehmen wohl als eines der letzten Refugien für rauchende Arbeitnehmer gelten: Hier darf noch jeder Mitarbeiter nach Herzenslust qualmen. „Es ist jedem überlassen, ob er raucht oder nicht. Bei uns ist Rauchen grundsätzlich erlaubt“, sagt Pressesprecherin Svea Schröder. Egal ob in Einzel- oder Großraumbüros, es müsse lediglich sicher gestellt werden, dass niemand durch den blauen Dunst belästigt werde. Rund 30 Prozent der 800 Mitarbeiter in der Hamburger Konzernzentrale sind Raucher. Sollte sich ein Kollege durch den Qualm des Nachbarn gestört fühlen, dann gehen die Reemtsma -Raucher eben auf den Gang, vor die Tür oder in die Kaffeeküche. Spezielle Räume oder Nischen gibt es nicht.

Rund zehn Kilometer weiter südlich, gleich am Ufer der Außenalster, qualmt es ebenfalls heftig: Bei den gut 500 Mitarbeitern in der deutschen Hauptverwaltung von British American Tobacco, kurz BAT, dem Hersteller von Lucky Strike, HB, Lord oder Pall Mall. Auch hier gilt: Feuer frei in allen Einzelbüros und bei gegenseitiger Absprache auch im Großraumbüro.

Mit Kündigung gedroht

Bei Meetings immerhin gilt auch im Raucher-Paradies eine Smoking-Policy: Wen die grundsätzliche Raucherlaubnis bei Besprechungen stört, kann das vor Beginn der Sitzung anmelden. Aber auch das ist kein Problem – dann werden eben mehr Rauchpausen eingeplant.

In den USA wäre ein so lockerer Umgang mit dem Rauchen undenkbar. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten werden Raucher seit Jahren von ihren Arbeitgebern unter Druck gesetzt. Der Grund: Die Unternehmen wollen ihre Gesundheitskosten senken. Einige haben Rauchern gar schon mit Kündigung gedroht – selbst wenn diese lediglich außerhalb des Arbeitsplatzes zur Zigarette gegriffen haben.

Nahrungsmittelhersteller Mills etwa verlangt von rauchenden Mitarbeitern einen Zusatzbeitrag für die monatliche Krankenversicherung., Gartenproduktehersteller Scotts drohte Anfang 2004 allen rauchenden Angestellten – etwa ein Drittel der 2000 Mitarbeiter – 2004 mit Entlassung, sollten sie nicht innerhalb von neun Monaten mit dem Rauchen aufhören.

Mittelständler Weyco hat diesen Schritt schon vollzogen: Der Gesundheitsdienstleister etwa hatte das Unternehmen schon 2003 zur rauchfreien Zone erklärt und explizit keine Raucher eingestellt. Als vier Mitarbeiter die Teilnahme an einem Test verweigerten, der Nikotinkonsum nachweisen sollte, wurden sie entlassen.

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