Rechtsberatung Anwälte: Die heimlichen Herrscher in deutschen Unternehmen

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Die größten Wirtschaftssozietäten in Deutschland Quelle: WirtschaftsWoche-Grafik

Beim schwäbischen Motorsägen-Hersteller Stihl scheint HB – wie sein kanzleiinternes Kürzel lautet – inzwischen fast zur Familie zu gehören. Als Unternehmenschef Hans Peter Stihl und seine Schwester Eva Mayr-Stihl im Herbst 2009 von der Konrad-Adenauer-Stiftung für ihre Verdienste um die soziale Marktwirtschaft geehrt wurden, durfte Hoffmann-Becking beim anschließenden Abendessen die Tischrede halten. Die Geehrten waren sichtlich angetan.

Ähnlich gut vernetzt wie Hoffmann-Becking an Rhein und Ruhr ist Norbert Rieger in München. Der 47-Jährige ist Partner bei Milbank, Tweed, Hadley & McCloy, einer traditionsreichen Wall-Street-Kanzlei. Die deutsche Depen-dance sitzt an der Münchner Maximilianstraße mit ihren Gucci- und Cartier-Läden.

Rieger hat gemeinsam mit Kollegen das Deutschland-Geschäft aufgebaut. Der Jurist mit der hohen Stirn berät unter anderem MAN und ProSiebenSat.1, den Autovermieter Erich Sixt und Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß. Die Unternehmen sitzen alle in München.

Der Milbank-Partner ist in der Region verwurzelt. Natürlich hält er auch zum FC Bayern. Mehrmals im Jahr sitzt er im Stadion. Seinem Verein ist er auch geschäftlich verbunden: So hat Rieger geholfen, die Finanzierung der Allianz-Arena zu sichern, und den Einstieg von Audi beim FC Bayern mit eingefädelt. Der Automobilbauer erwarb 9,5 Prozent der Anteile an dem Fußballverein und zahlte dafür geschätzte 80 Millionen Euro.

3000 Stunden Im Jahr

„Rainmaker“ heißen Anwälte wie Rieger, Hoffmann-Becking und Thoma in der Branche: Sie sorgen dafür, dass es Geld in die Kassen ihrer Mandanten regnet – und in die ihrer Kanzleien. Die Stundensätze von Top-Anwälten liegen schon mal im vierstelligen Bereich.

Dafür leisten sie auch eine Menge. Hoffmann-Becking hat sein Arbeitspensum einmal auf 3000 Stunden im Jahr geschätzt – das entspricht etwa einem durchschnittlichen Vierzehn-Stunden-Tag. Ans Aufhören scheint er genauso wenig zu denken wie sein Kollege Thoma. Beide haben Familie. Für Hobbys bleibt da wenig Zeit: Hoffmann-Becking entspannt am liebsten bei Bach-Klängen. Das Interesse von Thoma gilt der Kunst, der Philosophie und dem Gartenbau.

Manchmal scheint der ganze Einsatz aber vergebens. Nicht jeder teure Rat erweist sich später als gut. „Manchmal habe ich mit meiner Einschätzung bei Personalentscheidungen auch danebengelegen“, bekennt selbst Hoffmann-Becking.

„Dass das nicht funktioniert hat, schmerzt mich schon, das ist unbefriedigend“, sagt sein Kollege Thoma rückblickend über die gescheiterte Daimler-Chrysler -Fusion.

Als Konzernarchitekt darf sich Thoma trotzdem fühlen: Anfang 1997 beriet er den damaligen Krupp-Chef Cromme bei der versuchten feindlichen Übernahme von Thyssen, die im selben Jahr in eine friedliche Fusion mündete. Bei der Fusion von Veba und Viag zum Energiekonzern E.On mischte der Anwalt ebenfalls mit.

Thoma führt die Kanzlei Shearman & Sterling gemeinsam mit Harald Selzner, seinem Kanzleipartner in Düsseldorf. Selzner beriet die Bundesregierung 2009 bei der letztlich gescheiterten Opel-Übernahme. Die Enttäuschung darüber, dass der Verkauf an Magna nicht geklappt hat, ist dem Co-Chef noch anzumerken.

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