Regeln in der Krise Holding als Brandmauer gegen Insolvenz

Seite 2/2

Grafik: Holdingkonstruktion gegen Insolvenzrisiken

Im Detail ist Fingerspitzengefühl notwendig – vor allem, wenn die Belegschaft auf die neuen Betriebsgesellschaften verteilt wird. Denn häufig nutzen die Unternehmen Ausgliederungen dazu, neue Arbeitsverträge abzuschließen oder aus Rahmentarifverträgen auszusteigen, um die Lohnkosten zu senken. „Wenn soziale Besitzstände gefährdet sind, gibt es meist Ärger“, sagt Tödtmann., „Ein Ausweg besteht darin, dass die Altbelegschaft ihre Arbeitsverträge mitnimmt und Neuverträge nur für neue Arbeitnehmer gelten.“ Auch die Banken pochen bei Umfirmierungen darauf, dass offene Kredite nicht schlechter besichert sind als vorher.

Eine weitere Hürde: „Die letzte Bilanz darf nicht älter sein als acht Monate“, sagt der Stuttgarter Anwalt Mark Oliver Scholz, der die Umwandlung des Sindelfinger Klima- und Kältetechnikherstellers Bitzer begleitet hat. Seit Mitte 2008 besteht die Gruppe mit ihren weltweit 2700 Mitarbeitern aus einer Holding mit 32 operativ tätigen Tochtergesellschaften und Produktionsstätten in zehn Ländern. Die Umstrukturierung dauerte rund ein Jahr. Die Eintragung ins Handelsregister braucht teilweise – etwa in Frankfurt mit seinem elektronischen Registergericht – nur wenige Tage, kann je nach Standort aber auch mehrere Monate dauern. „Solange eine GmbH noch in Gründung ist, haftet der Geschäftsführer“, warnt Tödtmann.

Holdingmodell mit Steuervorteilen

Wer das umgehen will, es eilig hat oder sich nicht mit den Gründungsprozeduren abgeben will, kann auch bei einem der Spezialdienstleister wie Foratis, der Blitzstart Holding in München oder der VRB Vorratsgesellschaften in Berlin eine fix und fertig gegründete Gesellschaft kaufen. Dann müssen nur Firmenname und Geschäftsführer ausgetauscht werden. Eine AG mit einem Grundkapital von 50 000 Euro kostet etwa 55 000 Euro – 5000 Euro davon bekommt der Dienstleister, der Rest entfällt auf die Übernahme des eingezahlten Kapitals –, eine GmbH 27 500 Euro. Im Angebot sind auch europäische Firmenmäntel wie eine englische Limited, eine spanische S. L. oder eine AG nach Liechtensteiner Recht.

„Trotz aller Vorteile denken vor allem mittelständische Unternehmer kaum über das Thema Rechtsform nach, es sei denn, ihr Steuerberater empfiehlt eine Umwandlung“, wundert sich Tödtmann. Mehraufwand gibt es zwar bei der Bilanzerstellung, dafür sichert eine Umwandlung die Substanz des Unternehmens. „Für den Friseur von nebenan“ sei die Holding nicht notwendig, Tödtmann empfiehlt aber, spätestens ab einer Größe von 500 Mitarbeitern ein solches Modell zu prüfen.

Das Holdingmodell hat große Steuervorteile gegenüber dem Einzelunternehmen“, sagt Christian Hellmuth, Geschäftsführer der Berliner Avis Steuerberatungsgesellschaft. Soll etwa eine Betriebsgesellschaft verkauft werden, muss die Holding den Veräußerungsgewinn nur mit fünf Prozent versteuern – verkauft ein Einzelunternehmen einen Bereich, wird die individuelle Spitzenbelastung von bis zu 55 Prozent berechnet. „Das schafft ein Riesenliquiditätspotenzial und entsprechenden Spielraum für Investitionen.“

Für Tricksereien ist die Holdingstruktur nicht geeignet: „Wer einen Gewinnabführungsvertrag zwischen Holding und Betriebsgesellschaften abschließt, schießt ein Eigentor“, warnt Anwalt Scholz, „notwendig ist ein ordentlicher Ausschüttungsbeschluss der Gesellschafter. Bei Abführungsverträgen bleibt die Holding in der Haftung.“ Auch überhöhte Mietvereinbarungen zwischen Vermögens- und Betriebsgesellschaft sind riskant: „Dann steht sofort das Finanzamt wegen verdeckter Gewinnausschüttung auf der Matte.“

Pleite in der Krise Warum die Insolvenz kein Todesurteil ist

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%