Ryanair-Chef Michael O'Leary im Interview "Ich war bescheuert"

Ryanair-Chef Michael O’Leary über die Verluste der Billigfluglinie, seine Liebe zu Umweltaktivisten – und wie es ohne ihn an der Spitze weitergehen soll.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Michael O'Leary, Chef der irischen Billigfluglinie Ryanair, dpa

WirtschaftsWoche: Herr O’Leary, kann man es noch riskieren, bei Ryanair ein Ticket für das Frühjahr kaufen?

O'Leary: Wie können Sie so etwas fragen?

Sie haben vor Kurzem gesagt, Sie würden bei Air Berlin kein Ticket buchen, weil Ihr Konkurrent finanziell so schwach sei. Im abgelaufenen Quartal hat Ryanair mit 90 Millionen Euro wohl mehr Verlust gemacht als Air Berlin.

Ihr Vergleich mit... Halt, ich muss die Klappe halten. Die haben mir nach dieser Äußerung, auf die Sie anspielen, praktisch gerichtlich untersagt, irgendetwas über sie zu sagen, egal, wie es ihnen geht.

Offenbar besser als Ryanair.

Blödsinn. Unser Quartalsverlust stammt aus Einmaleffekten wie der Wertberichtigung auf unseren Anteil an der irischen Fluggesellschaft Aer Lingus. Wir wachsen und verdienen operativ Geld, wogegen... (legt sich die Hand auf den Mund). Nein, ich sage nichts, sonst klagen die wieder.

Wenn es Ihnen so gut geht, warum erwarten Sie 60 Millionen Euro Verlust in diesem Jahr?

Ich habe gesagt, wir machen vielleicht Verlust, nämlich wenn die Flugpreise fallen und Öl teuer bleibt. Aber selbst dann haben wir 2,2 Milliarden Euro Barvermögen und werden den Gewinn vor Steuern bis 2012 auf gut 900 Millionen Euro steigern.

Trotzdem sind Sie im vergangenen Quartal ganz schön eingebrochen. Auch ohne Einmaleffekte stürzte der Gewinn von 155 Millionen vor einem Jahr auf lächerliche 20 Millionen ab. Wie erklären Sie sich das?

Wir haben uns nicht gegen den steigenden Ölpreis abgesichert.

War das Strategie oder...?

Ich war bescheuert. Wir hatten den Spritbedarf bis ins Frühjahr abgesichert und gehofft, Öl wird billiger. Doch es wurde teurer. Jetzt wissen wir es besser. Passiert uns nicht wieder.

Durch den Fehler hat Ryanair aber einen Nachteil gegenüber Konkurrenten, die sich gegen steigende Kerosinpreise abgesichert haben.

Wir können das wegstecken. Im nächsten Jahr laufen die Sicherungsgeschäfte aus, und alle zahlen wieder das Gleiche. Dann sind wir wieder die Stärksten. Wir werden unsere Preise um bis zu fünf Prozent pro Jahr senken und bis 2012 die Passagierzahl, Flotte und Gewinne verdoppeln. Darum verhandeln wir zurzeit über den Kauf neuer Flugzeuge.

Ist das bei den gegenwärtigen Problemen der Flugbranche Ihre nächste Dummheit?

Welche Probleme?

Das Öl bleibt teuer, und die Umweltauflagen machen ein Wachstum fast unmöglich.

Ihr Journalisten seid immer so negativ. Wir werden unsere Preise senken, und dann werden wir wachsen, voilà.

Fluglinien sollen aber vom Jahr 2012 an Emissionsrechte erwerben müssen, was die Kosten erhöhen und das Wachstum begrenzen wird...

(tut so, als ob er schnarcht)

Ist das etwa kein Problem, wenn es so kommt?

Ja, kommt es denn? Und wie kommt es? Noch gibt es keinen Beschluss. Und wenn es den gibt, weiß keiner, wie der wirkt.

Die Lufthansa hat eine Belastung von 200 Millionen pro Jahr für sich berechnet.

Diese Lufthansa. Respekt. Wir haben auch versucht zu rechnen. Es war eine Formel mit zig Variablen. Doch von denen stand nicht mal die Hälfte fest. Darum kamen wir zu keinem Ergebnis. Ich glaube, was immer die Leute sagen oder die Lufthansa errechnet hat: Es kommt anders.

Wie denn?

Die ganze Umweltdiskussion war ein Luxus, den wir uns bei einer starken Wirtschaft leisten konnten.

Sie glauben nicht an die globale Erwärmung.

Nein. Ich habe mich damit gründlich befasst und keinen Beleg gefunden. Es wird Zeit, dass eine Rezession und die steigende Arbeitslosigkeit das ganze Gedöns wegspülen und sich diese bescheuerten Umweltaktivisten einen Job suchen müssen.

Warum hassen Sie diese Leute so?

Ich hasse die doch nicht. Ich liebe sie – als Kunden. Umweltaktivisten sind ein großer Teil unserer Vielflieger. Heute zur Demo gegen den G8-Gipfel, morgen zum Rockfestival, und alles mit uns.

Fürchten Sie nicht, bald wieder sagen zu müssen, „ich war bescheuert“, wenn Sie das Umweltproblem so abtun?

Die Bürger werden erkennen, wie es ist. Wer an die Erderwärmung glaubt und dass die vom Kohlendioxid abhängt, der muss andere Dinge tun. Die Fliegerei sorgt für zwei Prozent dieses CO2-Ausstoßes, die Schifffahrt für fünf. Aber keiner besteuert Fähren oder aber Computer, obwohl die durch ihren Energieverbrauch für dreimal so viel CO2 sorgen wie Fluglinien. Nein, in jedem Fernsehbeitrag zum Klima startet ein Flugzeug. Wahrscheinlich produzieren die 600 Kühe auf meiner Farm mehr CO2 als unsere Flotte.

Inhalt
  • "Ich war bescheuert"
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%