Seltene Erden Die neue Rohstoff-Opec

Die Industrieunternehmen sorgen sich vor einem Monopol Chinas bei einem besonderen Rohstoff, den "seltenen Erden". Ohne die Metalle wie Neodym oder Lanthan geht bei High-Tech-Produkten wie iPhone oder Hybridauto gar nichts.

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Egal ob Blackberry oder Quelle: REUTERS

135 Kilometer nördlich von Alice Springs in Australiens Northern Territory gibt es nicht viel zu sehen außer zu viel Sonne, Staub, vertrocknende Spinifex-Büsche und Fliegen. Freiwillig fahren in Nolans bloß Geologen und Ingenieure von Stuart Highway ab. Sie treiben hier Bohrgerät in die Erde, um in der knallorange leuchtenden Landschaft Gesteinsproben zu nehmen. Für Bergbauexperten ist die menschenleere Gegend neuerdings spannend, denn im Boden stecken so genannte "seltene Erden" in hohen Konzentrationen.

Ohne diese 17 Metalle geht in den High-Tech-Industrien der Weltwirtschaft gar nichts: Kein MP3–Player, kein Blackberry, keine Windkraftanlage. Deswegen sind die Rohstoffe, die kaum ein Verbraucher kennt auch so begehrt bei den Einkaufsmanagern deutscher Unternehmen, bei Osram zum Beispiel. Der Glühlampen-Hersteller macht heute über 60 Prozent seiner 4,6 Milliarden Euro Umsatz mit Energie effizienten Produkten, zum Beispiel mit innovativen Halogen-Metalldampflampen. Um moderne Beleuchtungstechnik herzustellen, braucht die Siemens-Tochter Seltene Erden wie Dysprosium, Holmium und Thulium.

Industrie auf seltene Erden dringend angewiesen

Auch die Auto- und Automobilzulieferindustrie ist auf diese Materialien angewiesen, ohne sie kann weder Daimler noch BMW wie geplant in die Produktion von Elektro- oder Hybridautos einsteigen, in deren Akkus stecken nämlich bis zu 15 Kilogramm Lanthan plus ein Kilogramm Neodym, und je sparsamer die Hybridtechnik, desto mehr wird von den raren Rohstoffen benötigt. Ein Engpass würde auch Bosch und andere Hersteller von Elektrogeräten treffen, denn in vielen modernen Helfern des Alltags sitzen kleine Motoren, die winzige Magneten aus Praseodym oder Neodym enthalten. Ohne seltene Erden sind auch Produzenten von Microelectronic wie Siemens Fujitsu ebenso gekniffen wie Schott und Zeiss als Produzenten von hochwertigem Industrieglas. Die chemische Industrie im Land braucht Cer für diverse Katalysatortechniken. „Die Produktion steht still, wenn der Nachschub ausbleibt“, fasst Armin Reller, Experte für Seltene Erden am Physiklehrstuhl der Universität Augsburg, die Bedeutung dieser Metalle für große Teile der deutschen Industrie zusammen.

China besitzt Monopol an seltenen Erden

Bislang kommt besagter Nachschub fast ausschließlich aus China, das heute mehr als 95 Prozent des Weltmarkts an seltenen Erden bedient und dieses Quasi-Monopol weiter ausbaut. In den vergangenen drei Jahren kürzten die Behörden in Peking regelmäßig die Exportquoten, außerdem verlangen sie eine Exportsteuer von 25 Prozent. Doch was westliche Unternehmen und Regierungen jetzt wirklich alarmiert, ist die Ankündigung der Volksrepublik, die Ausfuhr noch stärker zu limitieren. Wang Caifeng, ein leitender Funktionär im chinesischen Ministry of Industry and Information Technology, sagte jüngst auf einer Konferenz in Peking, dass die staatseigenen Minen kaum genug der Seltenen Erden Dysprosium und Terbium für den wachsenden chinesischen Eigenbedarf produzieren.

China wird zur neuen Rohstoff-Opec

Gefährlich konsolidiert: Angebotskonzentration bei Metallrohstoffen

China möchte schließlich selber führend werden in den neuen grünen Technologien. Marktbeobachter glauben daher, dass die die Binnennachfrage der Chinesen in 2013 genau so hoch sein wird wie ihr Produktionsvolumen – das wäre das Ende der Exporte. Dass Wang im selben Atemzug dementierte, dass China Ausfuhrstopps für bestimmte rare Metalle plane, machte Kritiker nur noch misstrauischer.

"Deng Xiaoping sagte schon 1992, dass China die neue Opec für Seltene Erden wird – und genau dies ist jetzt Realität", sagt Jack Lifton, ein unabhängiger Experte für strategisch relevante Rohstoffe aus Detroit. Nach seiner Einschätzung arbeitet China massiv daran, seinen High-Tech Industrien mit Hilfe der eigenen Vorkommen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen "den der Rest der Welt kaum wird schlagen können."

Diese Strategie ist nur logisch, denn die Welt wird immer hungriger nach Bodenschätzen. Allein dieses Jahr verbraucht die Welt rund 115.000 Tonnen Seltene Erden. Und die Angst vor dem Klimawandel und der damit steigende Einsatz von grünen Technologien treibt die Begehrlichkeiten hoch. Die auf Rohstoffe spezialisierte Marktforschung Roskill in London rechnet für 2012 mit 185 000 Tonnen.

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