Show-Pleite "Ich hätte mich nie auf das Abenteuer einlassen dürfen"

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Pferdeshow Magnifico Quelle: dpa

Was ist in der Zwischenzeit mit den Artisten passiert?

Deren Verträge wurden Ende März gekündigt mit dem Handschlag-Versprechen auf Anschlussverträge im August, da sollten die Wiederaufnahme-Proben beginnen. Die Magnifico-Firma hat mit Wissen von Avram alle Beteiligten – mich inklusive – monatelang vertröstet, aber grundsätzlich immer verlautet, die Frankfurter Premiere sei fix und es wurden ja auch weiterhin Karten verkauft.

Hand aufs Herz, Herr Heller, was sind die wahren Ursachen für die Insolvenz? Das Unternehmen "Magnifico" nennt neben den Produktions- auch die Tourneekosten.

Marcel Avram hat mir und anderen gegenüber mehrmals gesagt, dass das Billigste an dem Unternehmen noch die Bühnenshow selbst sei. Hochproblematisch war der hypertrophe Aufwand hinter den Kulissen, wie z.B. sein sündteurer Wunsch, dass vor dem eigentlichen Probenbeginn ein aufwendiges und teures Video, das repräsentativ für die gesamte Show sein sollte, mit fast allen, teils extra dafür eingeflogenen Mitwirkenden gedreht werden musste. Er hat damit ebenfalls teure Fernsehwerbung gemacht. Weiters die Adaption des gemieteten Zeltes und des völlig ungeeigneten Veranstaltungsortes in München-Riem, der zunächst gar nicht bespielbar war. All dies hat natürlich Unsummen über Unsummen verschlungen. Die Laufkosten pro Spielwoche, machten laut Avram zeitweilig 600.000 Euro aus. Ich glaube, das sind Beträge, die kann man selbst mit der umjubeltsten Show nicht einspielen.

Marcel Avram hat im Januar der "WirtschaftsWoche" gegenüber behauptet, dass die Show, wenn alles gut geht, nach 18 Monaten die Gewinnzone erreicht.

Das ist natürlich aberwitzig angesichts der Kosten, über die Avram, wie ich heute ahne, schon im Jänner hätte Bescheid wissen müssen. Aber vielleicht hat er zu diesem Zeitpunkt seine Ausgaben noch nicht addiert gehabt. Er war ja prinzipiell immer parallel zu Magnifico fünf Tage die Woche in aller Welt unterwegs bei anderen Veranstaltungen seiner Firmen.

Hat er falsch kalkuliert?

Aus heutiger Sicht garantiert. Aber in finanzielle Dinge war ich als künstlerischer Leiter nicht involviert. Auch mein Management, die Firma "Artevent", erhielt nie konkret belegte Ausgabenzahlen. Ehrlich gesagt, dachte ich lange Zeit, dass Avram steinreich ist und sich so ein kühnes Abenteuer einfach leisten will.

Er hat potentiellen Investoren Renditen von über 30 Prozent versprochen.

Das höre ich heute zum ersten Mal. Mir hat er derlei Unsinn natürlich nie erzählt. Wenn das stimmen sollte, würde es ja an die schlimmsten Hedgefonds-Unseriositäten erinnern. Wären mir solche Äußerungen, für die er ja als Basis meinen Ruf verwendet hätte, bekannt gewesen, wäre ich in der Sekunde aus dem Projekt ausgestiegen.

Die Show sollte über vier, fünf Jahre laufen – und nun ist schon nach knapp sechs Monaten Schluss. War es nicht reichlich blauäugig, bei der Kalkulation vorauszusetzen, dass sämtliche Shows ausverkauft sind?

Tourneen, die über längere Zeiten laufen, sind fast nie täglich ausverkauft; zumeist, wenn sie erfolgreich sind, aber am Wochenende. Ein weiser Kaufmann achtet bei einem Zelt, das 2.000 Zuschauer fasst, immer darauf, dass der Breakeven, wenn irgend möglich, bei 60 Prozent Auslastung liegt, dann können alle Beteiligten ruhig schlafen. Wenn man unter der Woche Auslastungen von 100 Prozent hat, dann ist das ein Gottesgeschenk.

Die "Magnifico" GmbH behauptet, es seien zu wenig Zuschauer gekommen.

Wie gesagt, in München waren es 82.000. Allerdings, wenn die Kosten so hoch sind, wie offensichtlich bei Avrams Magnifico-Kalkulation, dann könnten niemals genug Zuschauer kommen, selbst bei einer 150-prozentigen Auslastung nicht.

Das heißt doch, dass der Aufwand zu groß war.

Der insgesamte, wie ich heute weiß, mit Sicherheit. Noch einmal, das Billigste war die Bühnenshow selber. Aber auch da bestand ein meiner Meinung nach überflüssiger Kostenfaktor sicher darin, Pferde mitzunehmen. Ich habe an die Phantasiepferde viel mehr geglaubt als an die lebendigen. Es ist doch Wahnsinn, 35 Pferde mit aufwendiger Logistik mitzuschleppen, die man für den Erfolg eines Unternehmens gar nicht wirklich braucht.

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