Sinkender Marktanteil Kundenschwund bei Volks- und Raiffeisenbanken

Seite 2/2

Sitz der Berliner Volksbank Quelle: dpa

„Der große Wurf ist das nicht“, sagt ein Mitglied, das sich vom zentralen Modell viel versprochen hat. Auch Hessen-Banker Hanker bedauert das Scheitern. Langfristig hätten die Genossen ohnehin nicht die Möglichkeit, sich dem Direktbanking zu verschließen: „Wir müssen die Kunden halten. Wenn andere hohe Zinsen zahlen, müssen wir das auch.“

Die Manager der Berliner Volksbank haben versucht, sich gegen den Wind zu stellen. Während die meisten anderen Banken Filialen schließen, haben sie in den vergangenen zwei Jahren 19 neue eröffnet. Vorstandschef Holger Hatje berichtet stolz von 49.000 Neukunden, die sie dadurch gewonnen hätten.

Angaben über das Nettokundenwachstum verweigern die Berliner. Aus gutem Grund. Internen Unterlagen zufolge, die der WirtschaftsWoche vorliegen, hat die Bank zwischen Januar und November 2007 zwar 39.503 Privatkunden, ohne Vermögende und Verbundkunden, hinzugewonnen. Aber auch mehr als 30.000 verloren. Von der Berliner Volksbank heißt es zu den Zahlen in einer Stellungnahme, dass es sich dabei offensichtlich um eine „Teilmenge des Privatkundengeschäftes“ handele.

Aufgrund der schwachen Neukundenrate fehlt es der Berliner Volksbank an positiven Effekten auf der Ertragsseite. Dem Trend anderer Volksbanken entsprechend, fiel im vergangenen Jahr der Zinsertrag bei den Berlinern um sieben Prozent, genauso wie der Provisionsertrag. Hinzu kommt: Die Cost-Income-Ratio, die anzeigt, wie viel Geld eine Bank aufwenden muss, um einen Euro zu verdienen, stieg 2007 von 76 auf 79. Dabei wollte die Bank diese Zahl bis 2011 auf 66 senken. Daran „halten wir unverändert weiter fest“, heißt in einem Brief des Vorstands an die Mitarbeiter vom 28. Februar, der der WirtschaftsWoche vorliegt. Wie das gelingen soll, wird erst einige Monate später klar.

.

Mitarbeiter der Berliner Volksbank erklären gegenüber der WirtschaftsWoche, dass in einem Brief an die Belegschaft im Mai mit Personalabbau gedroht werde. Für den Fall, dass Ertragsziele nicht erreicht würden, müsste über einschneidende Kosteneinsparungen zum Beispiel über betriebsbedingte Kündigungen oder Auslagerungen nachgedacht werden. „Über Drohungen die Mitarbeiter zu besseren Verkaufszahlen zu treiben“ sei „unmenschlich“, echauffiert sich ein Genossenschaftsbanker.

Von der Berliner Volksbank heißt es hierzu, dass es einen Beschäftigungspakt gebe, der betriebsbedingte Kündigungen bis 2011 ausschließe. Jedoch: Sollte „der dramatische Verfall von Margen und Entgelten für Dienstleistungen im Finanzsektor weiter anhalten“ und „die Marktanteile weiter erbittert umkämpft bleiben“, bestehe „die Notwendigkeit, rechtzeitig und vorausschauend über weitergehende Maßnahmen zur Sicherung von Beschäftigung nachzudenken.“

Gleichzeitig schlägt die Berliner Volksbank einen für Genossen zweifelhaften Weg ein. 2007 hat sie ihr Wertpapiergeschäft um fast 800 Millionen auf mehr als drei Milliarden Euro aufgebläht. Mit Erfolg. Der Ertrag der Bank aus Aktien und Ähnlichem verdoppelte sich im vergangenen Jahr. Mittlerweile verdient sie mehr Geld mit Wertpapieren als mit einer ihrer eigentlichen Kerngeschäfte, den Provisionen. Die Bank habe hier überschüssige Liquidität investiert, heißt es dazu von der Berliner Volksbank.

Die anderen Genossen beobachten das Treiben der Berliner kritisch. Jeder der im Eigenhandel überproportional hohe Gewinne erziele, müsse sich fragen, was er im eigentlichen Bankgeschäft falsch macht, sagt der Chef einer Volksbank. „Das Kerngeschäft der Genossenschaftsbanken ist das Kundengeschäft und nicht das Investmentbanking. Wenn sich das verschiebt, stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung“, sagt ein anderer.

Immerhin: Aus dem Geschäft mit faulen US-Hypothekenkrediten hat sich die Berliner Volksbank nach eigener Aussage herausgehalten

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%